ÖVP über Stenzel-Wechsel schockiert

Der Wechsel von Ursula Stenzel zur FPÖ habe Manfred Juraczka, Landesparteiobmann der ÖVP Wien, „schockiert“. Unverständnis gab es bei der SPÖ, die Grünen nahmen es „zur Kenntnis“, und NEOS sieht darin Anzeichen für Blau-Schwarz.

„In der Politik rechnet man mit vielem, aber dass Ursula Stenzel ins Lager von H.-C. Strache wechselt, schockiert mich“, so Juraczka. Er könne „wahrlich nicht nachvollziehen, wie man als Christdemokratin, Bürgerliche und glühende Europäerin für die FPÖ kandidiert, nur um den eigenen Machterhalt zu sichern. Ursula Stenzel hat mich menschlich enttäuscht“, sagte Juraczka in einer knappen Reaktion.

Stenzel habe laut Juraczka ein Angebot bekommen, als Doppelspitze zu kandidieren, nachdem sich die ÖVP-Bezirkspartei in der Inneren Stadt klar für Markus Figl als Spitzenkandidaten ausgesprochen hatte. So hätte der Wähler entscheiden können. Dieses Angebot habe Stenzel nicht angenommen.

„Ich bin davon überzeugt, dass die Wählerinnen und Wähler im ersten Bezirk ebenso schockiert sind wie ich und diesen Schritt weder nachvollziehen können noch goutieren werden. Unser Kandidat heißt Markus Figl, und er wird in dieser Konstellation mehr denn je erfolgreich sein und am 11. Oktober die Wahl für die ÖVP gewinnen“, so Juraczka abschließend.

Figl sieht Bewohner verraten

Der anstelle von Stenzel von der ÖVP nominierte Figl wertet den Wechsel von Stenzel wörtlich als „Verrat“: „Ursula Stenzel hat mit ihrer Entscheidung die Bewohnerinnen und Bewohner der Inneren Stadt verraten und ihre Glaubwürdigkeit damit ein für allemal verloren.“ Mit Stenzel habe es seit mehreren Jahren Stillstand und Unbeweglichkeit gegeben. Machterhalt um jeden Preis, keine ernsthaften Impulse für den Bezirk, eine Vogel-Strauß-Mentalität, um sich vor der Welt zu verstecken - „insofern passt sie zu Strache“, sagte Figl.

Häupl: „Schwer nachvollziehbar“

Für Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ) ist der Wechsel von Stenzel zur FPÖ „extrem schwer nachvollziehbar“. „Es ist ihre Entscheidung. Ich glaube, sie hat sich selbst nichts Gutes getan. Sie ist erfahren genug - um nicht alt zu sagen, das wäre unhöflich - um zu wissen, was sie tut“, sagte Häupl. Er verwies auch darauf, dass Stenzel zehn Jahre für die ÖVP im Europaparlament tätig gewesen sei und die europapolitischen Positionen der Volkspartei vertreten habe. Es sei ihm ein Rätsel, wie das mit den europapolitischen Positionen der FPÖ kompatibel sei.

„Um ihren Machthunger zu stillen, ist Stenzel offenbar jedes Mittel recht“, sagte die stellvertretende Bezirksvorsteherin in der Inneren Stadt, Daniela Ecker-Stepp (SPÖ). Sie gab zudem die Empfehlung ab, SPÖ zu wählen, um eine blaue Innenstadt zu verhindern. „Ich bin mir jedoch sicher, dass die BewohnerInnen der Inneren Stadt weder Hetze noch Fremdenhass wollen. Die Innere Stadt ist das Zentrum einer Weltstadt, und ihre BewohnerInnen sind interessiert und weltoffen. Wir lassen uns nicht verstenzeln“, so Ecker-Stepp.

Die SPÖ habe klare Konzepte und sehe ihren Auftrag darin, den Bezirk fit für die Zukunft zu machen. Eines der Zukunftsthemen für den Bezirk ist der „Schwedenplatz neu“, der zu einer großzügigen Flaniermeile werden soll - mehr dazu in Ausschreibung für „Schwedenplatz neu“ startet.

Grüne: „Nehmen das zur Kenntnis“

„Eines der letzten bekannten Gesichter der Wiener ÖVP biegt nach ganz rechts ab und stellt sich damit völlig ins Abseits. Wir nehmen das zur Kenntnis und sind überzeugt, dass auch die Wählerinnen und Wähler in der Inneren Stadt das tun werden“, kommentierte der grüne Klubchef David Ellensohn den Wechsel.

Die Grünen sehen jetzt eine einmalige Chance für den ersten Bezirk: „Wir wollen unsere konsequente Arbeit für Interessen der Bewohnerinnen und Bewohner der Inneren Stadt fortsetzen und intensivieren. Wir werden bis zum Wahltag an jede einzelne Wohnungstür in der Innenstadt klopfen, um alle vom grünen Weg zu überzeugen“, so der Klubobmann der Grünen für die Innere Stadt, Alexander Hirschenhauser.

NEOS: „Vorbotin von Blau-Schwarz“

Von einer „Vorbotin für Juraczkas Traum von einer blau-schwarzen Regierung auf Landesebene“ spricht NEOS-Landessprecherin Beate Meinl-Reisinger. Die Symbolik von Listenplatz drei auf Gemeinderatsebene und Platz eins im Bezirk sprächen Bände. Das zeige wieder einmal: „Die FPÖ steht für die Fortschreibung des alten Systems - und das mit den verbrauchtesten Proponenten.“

Wien brauche aber neue Ideen und neue Köpfe in der Politik, nicht nur Sesselrücken innerhalb der alten Parteien", so Meinl-Reisinger weiter. Die personelle Annäherung von FPÖ und ÖVP zeige zudem, dass die ÖVP „damit zum unbedeutenden Beiwagerl der FPÖ geworden“ sei.

Stenzel auf FPÖ-Liste

Noch ist sie für die ÖVP Bezirksvorsteherin der Inneren Stadt. Bei der Wien-Wahl im Oktober wird Ursula Stenzel aber als unabhängige Kandidatin auf der FPÖ-Liste antreten, um die „rot-grüne Dominanz zu brechen“ - mehr dazu in Wien-Wahl: Stenzel auf FPÖ-Liste.

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