Rot-Grüne Koalition besiegelt

SPÖ und Grüne haben am Samstag den Koalitionspakt abgesegnet. Christian Oxonitsch wird SPÖ-Klubchef, Senol Akkilic erhält kein rotes Mandat, Stadtschulratspräsidentin Susanne Brandsteidl wird abgelöst.

Wie der Parteichef, Bürgermeister Michael Häupl, nach der Sitzung der roten Gremien verkündete, wurde die Vereinbarung mit großer Mehrheit angenommen - lediglich acht Personen hätten in dem mehr als 150 Mitglieder umfassenden Wiener Ausschuss dagegen gestimmt.

Oxonitsch wird Klubchef

Personell ist die alte Stadtregierung ident mit der neuen - mit Ausnahme von Bildungsstadtrat Christian Oxonitsch, der wieder roter Klubchef wird. Ansonsten gibt es einige Umschichtungen in den Ressorts. Konkret werden Oxonitschs Agenden über mehrere andere Geschäftsgruppen verteilt. Bildung wandert zu Sandra Frauenberger (SPÖ), die weiterhin ihre Stammthemen Integration und Personal verantwortet. Gesundheits- und Sozialstadträtin Sonja Wehsely (SPÖ) übernimmt darüber hinaus die Jugend - also konkret die MA 11 (Jugendamt) und die Kinder- und Jugendanwaltschaft.

Der Sport wiederum wandert zu Kultur- und Wissenschaftsstadtrat Andreas Mailath-Pokorny (SPÖ). Wer indes den millionenschweren Presse- und Informationsdienst der Stadt erbt, der unter anderem für die Eigenwerbung der Stadt zuständig ist, ist laut Häupl noch offen. Fest steht: Der Werbeetat der Stadt soll um ein Drittel gekürzt werden, wie der Bürgermeister wissen ließ.

Rot-Grün II

APA / Georg Hochmuth

Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ) und Maria Vassilakou (Grüne) segneten den Koalitionspakt am Samstagnachmittag ab

Brauner verliert Wiener Stadtwerke

Finanz- und Wirtschaftsstadträtin Renate Brauner (SPÖ) wacht auch weiterhin über das Wiener Budget und kümmert sich zusätzlich um die Gewerbegesetze (MA 63), die vormals bei Frauenberger ressortierten. Sie verliert allerdings nicht nur ihren Vizebürgermeistertitel, sondern auch die Wiener Stadtwerke.

Dieses städtische Unternehmenskonglomerat, in dem nicht zuletzt die Wiener Linien und die Wien Energie geparkt sind, wandert zu Ulli Sima, deren Umweltressort nun mit dem Zusatz „technische Dienstleistungen“ aufgefettet wird. „Wir wollten ein Ressort für Daseinsvorsorge schaffen“, erklärte Häupl. Marktamt und Lebensmittelsicherheit - zuvor Frauenberger - wandern zu Sima.

Verkehr, Wohnen, Bildung, Flüchtlinge: Die Pläne der Stadtregierung - mehr dazu in Der Koalitionspakt im Detail.

„Schattenseiten“ im Fokus

Nichts ändert sich bei Wohnbaustadtrat Michael Ludwig (SPÖ). Und auch die einzige grüne Ressortchefin, Maria Vassilakou, behält ihre Agenden Verkehr, Stadtplanung, Energie und Bürgerbeteiligung - mit dem Zusatz Petitionen. Zudem darf sie sich weiter über den Titel Vizebürgermeisterin freuen.

Vor der Präsentation der Stadtratsriege hatten Häupl und Vassilakou kameragerecht das Koalitionsübereinkommen unterschrieben und den Pakt per Handschlag endgültig besiegelt. „Ich bin sicher, das werden fünf gute Jahr für Wien“, so Häupl. Mit dem 138-seitigen Regierungsprogramm versuche man den Herausforderungen der wachsenden Stadt - „eine Challenge“ - bestmöglich zu begegnen. Man müsse sich auch mit den „Schattenseiten unserer Stadt“ auseinandersetzen und „Ängste nehmen und Hoffnung geben“.

Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ) und Maria Vassilakou (Grüne)

APA / Georg Hochmuth

Akkilic nicht im Gemeinderat

Jürgen Czernohorszky, der Geschäftsführer der Kinderfreunde Österreich, löst die amtierende Stadtschulratspräsidentin Susanne Brandsteidl ab - mehr dazu in Czernohorszky neuer Stadtschulratspräsident.

Definitiv nicht im Gemeinderat dabei ist Senol Akkilic, der mit seinem Wechsel von den Grünen zur SPÖ wenige Monate vor der Wahl die Änderung des Wahlrechts quasi im Alleingang verhindert hat. Der Neo-Genosse war auf Platz 31 der Landesliste gereiht - offenbar zu weit hinten, wie sich nun gezeigt hat. Bei der Aufteilung der Grund- und Restmandate ging er leer aus. Akkilic sei nicht im Gemeinderat, weil er nicht gewählt worden sei, lautete dazu der knappe Kommentar des Bürgermeisters.

Fünf Neuzugänge im SPÖ-Klub

Dafür gibt es fünf andere Neuzugänge im SPÖ-Klub. Marina Hanke, die 25-jährige Vorsitzender der Sozialistischen Jugend Wien, wird genauso ins Stadtparlament einziehen wie Jörg Neumayer und Marcus Gremel von der Jungen Generation sowie die bisherige Neubauer Bezirksrätin Nina Abrahamczik. Auch Gerhard Schmid, der Bundesgeschäftsführer der SPÖ, ist künftig Teil der roten Rathausmannschaft.

Koalitionspakt mit „deutlich grüner Handschrift“

Auch die Basis der Wiener Grünen gab dem Regierungsübereinkommen mit der SPÖ ihren Segen. In einer Landesversammlung stimmten 93,23 Prozent der Delegierten für das Arbeitspapier. Das Ergebnis lag diesmal etwas unter dem von 2010. Damals votierten 98,54 Prozent für den ersten rot-grünen Pakt. Unter den am Samstag 340 gültig abgegebenen Stimmen waren 317 Ja- und folglich 23 Nein-Stimmen.

Es trage eine „deutlich grüne Handschrift“, versicherte Vassilakou. „Jeder Titelgewinn ist leichter als eine Titelverteidigung. Aber wir haben unseren Titel als Regierungspartei verteidigt“, wenn auch „mit etlichen tiefen Ringen unter den Augen“, spielte sie auf lange Verhandlungsnächte an.

„Der Lobautunnel ist de facto abgesagt“

Vassilakou erwähnte in ihrer Rede auch Eckpunkte des rot-grünen Arbeitsübereinkommens. Sie erwähnte unter anderem die Beibehaltung der 365-Euro-Jahreskarte, ein Öffi-Paket inklusive Schnellbahnverdichtungen und Straßenbahnausbau, die Wahlrechtsreform, die „auf Punkt auf Beistrich ausverhandelt“ worden sei - gesprochen wurde von einer Halbierung des mehrheitsfördernden Faktors - sowie eine Lösung in Sachen Donauquerung. „Der Lobautunnel ist de facto abgesagt“, meinte sie. Häupl sieht das im „Wien heute“-Doppelinterview anders - mehr dazu in Interview: Zwist um Lobautunnel.

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Häupl und Vassilakou im Interview

ORF Wien-Chefredakteur Paul Tesarek traf Häupl und Vassilakou nach der Absegung des Koalitionspaktes zum „Wien heute“-Interview.

Kovacs folgt auf Prack als Landessprecher

Die Grünen montierten in ihrer Landesversammlung ihren bisherigen Landessprecher und maßgeblichen Koalitionsverhandler Georg Prack ab. Er unterlag seinem Herausforderer Joachim Kovacs knapp. Dieser konnte 56,90 Prozent der Stimmen für sich lukrieren. Kovacs ist seit fünf Jahren Klubobmann der Grünen in Ottakring und laut Landespartei seit zwei Jahren Mitglied des Landesvorstandes der Wiener Grünen. Beruflich leitet der 31-jährige Neo-Landessprecher eine Tennis-Akademie.

Seine Beweggründe für das Antreten hatte er erst kürzlich in einem Posting dargelegt: „Ich mache es, weil ich denke, etwas bewegen zu können. Wir haben die letzten zwei Wahlen in Wien verloren und es ist daher Zeit für Veränderung. Die Wiener Grünen müssen sich intern breiter aufstellen und sich neuen Gruppen öffnen. Diese Öffnung möchte ich als Landessprecher einleiten.“ Die Grünen müssten endlich wieder eine „mutige, linke Alternative“ sein. Auch eine neue Bundesrätin wird von den Wiener Grünen entsandt: Ewa Dziedzic (35) folgt auf Marco Schreuder. Die gebürtige Polin ist Sprecherin der Grünen Frauen Wien und war davor Referentin im Grünen Parlamentsklub.

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