Schlagabtausch um islamische Kindergärten

Stadträtin Sonja Wehsely (SPÖ) und Integrationsminister Sebastian Kurz (ÖVP) treffen sich am Donnerstag, um die „Vor-Studie“ zu islamischen Kindergärten in Wien zu besprechen. Schon im Vorfeld gibt es Unstimmigkeiten.

Die für Kindergartenkontrollen zuständige Stadträtin Wehsely forderte am Mittwoch einmal mehr von Integrationsminister Kurz die Übermittlung der angeblich problematischen islamischen Kindergärten - mehr dazu in Islamische Kindergärten: Wien will Informationen (wien.ORF.at; 6.12.2015)

Wehsely hofft, dass Kurz mit Informationen im Zuge des für Donnerstagnachmittag anberaumten Treffens aufwartet. Denn sollte Gefahr in Verzug sein, müsse die MA 11 schnell einschreiten können. Bei der Zusammenkunft im Integrationsministerium werden auch Bildungsstadträtin Sandra Frauenberger (SPÖ) und Zwischenbericht-Autor Ednan Aslan vom Institut für islamische Studien der Uni Wien teilnehmen - mehr dazu in Ministertreffen zu islamischen Kindergärten (wien.ORF.at; 7.12.2015).

Kindergarten

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Zahlen über konfessionelle Kindergärten gibt es in Wien laut MA 11 nicht

Kurz fordert Gesetzesänderung

„Ich hoffe, dass es bei dem Termin darum geht, gemeinsam die Situation zu verbessern und nicht um politisches Kleingeld“, meinte Wehsely. Sie sei aber „nicht sehr hoffnungsfroh“, verwies sie nicht zuletzt auf Kurz’ mediales Vorpreschen. Dabei hatte der Minister den Wiener Stadträtinnen ausgerichtet, was er beim Treffen aufs Tapet bringen möchte - nämlich unter anderem eine Änderung des Wiener Kindergartengesetzes bzw. stärkere Kontrollen.

Kurz: „Es gibt massive Fehlentwicklungen in Wien. Wir haben die Situation, dass hier tausende Kinder in islamische Kindergärten gehen. Das Ziel vieler Eltern ist laut unserer Studie, diese Kinder von den Einflüssen der Mehrheitsgesellschaft abzuschotten.“ Das führe dazu, dass sich in der Bundeshauptstadt Parallelgesellschaften verstärken würden.

Aufregung um islamische Kindergärten

Laut einer Studie steht in einigen islamischen Kindergärten in Wien nicht Integration und Deutsch lernen an oberster Stelle, sondern eine sehr stark religiös geprägt Erziehung, die laut Studienautor an Koranschulen erinnert.

Kurz: „Stadt hat Problem geleugnet“

Der für Integration zuständige Minister übt scharfe Kritik an den Wiener Verantwortlichen: „Die Stadt hat bis zuletzt das Problem geleugnet.“ Dabei verwies er auf ein Interview der für Kindergärten zuständigen Stadträtin Frauenberger Ende November, wo sie gesagt habe, dass es keine islamischen Kindergärten in Wien gebe.

Daher hat Kurz für den Termin „drei konkrete Ziele“ auf der Agenda: So wolle er den Stadträtinnen klarmachen, „dass es islamische Kindergärten in Wien gibt - zumindest 150 an der Zahl - und dass es eine Fehleinschätzung ist, wenn man glaubt, dass es keine gibt“. Der Hintergrund: Laut Wiener Kindergartengesetz wird die religiöse Ausrichtung einer Kinderbetreuungseinrichtung nicht erhoben. „Nur wenn man die Religion nicht erhebt, dann im Umkehrschluss zu sagen, es gibt keine islamischen Kindergärten, das ist natürlich ein massiver, schwerwiegender Denkfehler“ - mehr dazu in Wien erhebt Religion bei Kindergärten nicht (wien.ORF.at; 7.12.2015).

Gefahr von Parallelgesellschaften

Weiters will er die beiden Ressortchefinnen davon überzeugen, „dass nicht nur islamistische Einzelfälle ein Problem sind, sondern dass das ganze System ein Problem ist“. Dabei befürchtete er: „Wenn tausende Kinder in Wien in islamische Kindergärten gehen und dort in einem rein muslimischen Umfeld aufwachsen, dann schadet das der Integration und schafft Parallelgesellschaften.“

Kurz fordert eine Änderung des Wiener Kindergartengesetzes, um „einen Systemwechsel herbeizuführen und diese Fehlentwicklung in Wien zu stoppen“, wie er betonte. Aus seiner Sicht gibt es nämlich zwei Gründe, warum es eine Vielzahl an islamischen Kindergärten in Wien gibt: Einerseits gebe es zu wenig öffentliches Angebot, daher setze die Stadt auf Private, unter anderem auf islamische Vereine, die die Kindergärten betreiben und die auch finanziell gefördert würden. Es habe eine Lücke gegeben, die von muslimischen Vereinen genutzt worden sei, so Kurz.

Zusätzlich will Kurz den Ausbau der Kontrollen. „Wenn es kaum Kontrollen gibt und die vor allem nur angekündigt stattfinden, dann ist es natürlich auch schwierig festzustellen, ob hier die Qualität nicht passt“, warnte er.

Studie zu islamischen Kindergärten

In einer Studie wird Kritik daran geübt, was den Kindern in einigen der rund 150 islamischen Kindergärten in Wien vermittelt wird.

Wehsely über Vorgehen „überrascht“

Wehsely betonte, dass sie bereits vor der Kurz’schen Forderung angekündigt hatte, sowohl Gesetz als auch eine Aufstockung der Kontrolleure überprüfen lassen zu wollen. Verwundert zeigte sich die Ressortchefin auch über eine kurzfristige Absage Aslans hinsichtlich eines mit ihr für Mittwoch vereinbarten Termins, um die Vor-Studie zu besprechen.

Seitens der Wiener FPÖ gab es am Mittwoch Kritik an Kurz. „Unsere Warnungen haben sich bewahrheitet“, sagte Vizebürgermeister Johann Gudenus. „Wir treten für die sofortige Schließung dieser Einrichtungen ein“, betonte er. Der „Kurswechsel“ der ÖVP sei zwar erfreulich, komme aber zu spät, kritisierte Gudenus. „Minister Kurz wacht jetzt langsam auf und spielt den starken Mann.“ Seit Kurz’ Ernennung zum Integrationsstaatssekretär habe die ÖVP jedoch fast allen Förderungen an islamische Kindergärten zugestimmt.

Religionsleitfaden für Betreuungseinrichtungen

Die Wiener SPÖ kündigte in der Debatte um islamische Kindergärten einen Religionsleitfaden für alle konfessionellen Betreuungseinrichtungen angekündigt. Diese neuen Regeln sollen laut einem Bericht des „Standard“ (Donnerstag-Ausgabe) Kindergartenbetreiber, Experten sowie das Netzwerk gegen Radikalisierung bei der Wiener Kinder- und Jugendanwaltschaft erarbeiten.

Bei Vergehen soll es keine Förderung der Stadt Wien geben. Im Umgang mit Religion gebe es „manches, das mit dem Wiener Bildungsplan bisher noch nicht ausreichend erarbeitet wurde“, sagte Integrationsstadträtin Sandra Frauenberger (SPÖ) zum „Standard“. Als Beispiel führte sie an, ob den Kindern das Bild eines strafenden oder barmherzigen Gottes vermittelt werde. Derartige Fragen würden sich in allen Religionen stellen.

„Wird im Kindergarten pädagogisch wertvoll mit religiösen Inhalten gearbeitet, spricht nichts dagegen. Anders ist es, wenn der Glauben eingesetzt wird, um Kindern Angsterregendes oder Gewaltbejahendes beizubringen“, so die Stadträtin. Sollten Kindergartenbetreiber die Vorgaben nicht befolgen, so werde es auch keine Grundlage für eine Förderung der Stadt Wien geben.

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