Aspangbahnhof: Mahnmal für NS-Opfer geplant

Auf dem Areal des ehemaligen Wiener Aspangbahnhofs wird ein Denkmal für die Opfer von NS-Deportationen errichtet. 47.000 Menschen, fast ausschließlich Juden, wurden von hier aus in Konzentrationslager oder Ghettos transportiert.

Das Mahnmal soll bis zum Sommer 2017 auf dem Areal in Wien-Landstraße errichtet werden. Am Montag wählte eine Jury unter Vorsitz von Architektin Marie Therese Harnoncourt dafür einen Entwurf von Prinzgau/Podgorschek zum Siegerprojekt. Dieser sieht ein in Summe rund 30 Meter langes Mahnmal vor, das recht direkt auf die grauenhaften Ereignisse an diesem Ort hinweist.

Siegerentwurf Mahnmal

APA/Herbert Pfarrhofer

Der Siegerentwurf für das Mahnmal

Symbolische Schienen aus Beton

Geplant sind am Boden verlaufende symbolische Schienenstränge aus Beton, die spitz zulaufen und in einem rund 1,2 Meter hohen und sieben Meter langen dunklen Betonblock enden. Dieser kann auch als Grab gelesen werden. Die Einreichung stelle auf sehr direkte Weise die Reise ins Ungewisse bzw. in den Tod dar, begründete Harnoncourt gegenüber der APA die Wahl der Jury.

An den Seiten der Betonstränge werden auch die Zahl der Deportierten (47.035) und jene der Überlebenden (1.073) angebracht sein. Der jüdischen Tradition entsprechend können zum Gedenken der Toten kleine Steine auf die Gedenkstätte gelegt werden. Das Mahnmal wird hinter dem Platz der Opfer der Deportation realisiert. Es verläuft parallel zur Aspangstraße und bezieht den schon existierenden Gedenkstein mit ein.

Baubeginn nach Wintermonaten

Der Entwurf setze sich auf künstlerische Weise mit dem Grauen, das an diesem Ort stattgefunden habe, auseinander, betonte Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny (SPÖ) gegenüber der APA: „Es ist eine leise, subtile und umso eindringlichere Skulptur, deren Bedeutung sich auf den ersten Blick erschließt“, lobte der Ressortchef das Siegermodell, das sich im Zuge eines geladenen Wettbewerbs gegen zwei weitere Entwürfe durchgesetzt hat. Fünf Einladungen zur Teilnahme waren ausgesprochen worden.

Gedenkstein auf Areal des ehemaligen Aspangbahnhofs

Ralf Kaupenjohann/CC BY-SA 3.0

Derzeit befindet sich auf dem Areal bereits ein Gedenkstein

Der Jury gehörten auch Vertreter der Stadt, Künstler, Landschaftsplaner und die Zeitzeugin Milli Segal an. Eingesetzt wurde sie von Kunst im öffentlichen Raum (KÖR), eine Tochterfirma der Stadt Wien. Die Stadt stellt für das Gesamtprojekt 330.000 Euro zur Verfügung. Nach Klärung der Details soll nach den Wintermonaten mit der Errichtung begonnen werden.

Mahnmal bereits 2006 geplant

Ursprünglich hätte bereits vor mehreren Jahren ein Mahnmal errichtet werden sollen. Bereits 2006 gab es einen Wettbewerb, als Siegerprojekt wurde damals ein 35 Meter langer, fünf Meter tiefer und 1,9 Meter breiter Graben gewählt. An der Innenseite des Grabens sollten die Namen der Deportierten auf einer Stahlwand eingraviert sein - mehr dazu in Langer Graben als Holocaust-Mahnmal (Archiv).

Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou, die Künstler PRINZpod und Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny mit Siegerentwurf

APA/Herbert Pfarrhofer

Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou (Grüne), die Künstler PRINZpod und Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny (SPÖ) präsentieren den Entwurf

2010 übernahm die KÖR das Projekt von der Stadt Wien. Nach Bodenprüfungen in Aspang habe man entschieden, das geplante Projekt nicht umzusetzen, weil dieses technisch nicht möglich gewesen wäre und auch den Kostenrahmen gesprengt hätte, hieß es am Dienstag gegenüber wien.ORF.at.

Bahnhof mit dunkler Geschichte

Fast 100 Jahre lang hat der Aspangbahnhof in Wien-Landstraße überdauert, bevor er 1977 endgültig abgerissen wurde. Im Bereich des Bahnhofs befand sich zuvor der Wiener Neustädter Kanal, der für die Schifffahrt allerdings zunehmend unwirtschaftlich wurde. 1879 wurde die Wasserstraße trockengelegt und stattdessen der Bahnhof errichtet. 1881 wurde er eröffnet und diente zu Zeiten der Monarchie als Ausgangspunkt für Züge Richtung Süden - eben bis zum namensgebenden Aspang im Wechselgebiet.

Mit der NS-Machtübernahme spielte die Verkehrsstation dann eine wichtige Rolle in der nationalsozialistischen Vernichtungspolitik. Ab 1939 wurde hier die Deportation von Juden abgewickelt. Bis 1942 gingen hier zahlreiche Züge ab, die die Menschen zuerst in die Auffanglager von Rest-Polen, später nach Theresienstadt, und von diesen weiter u. a. in die Vernichtungslager Auschwitz, Treblinka oder Maly Trostinez transportierten. Dort fand die große Mehrheit der Opfer den Tod. Angehörige der Volksgruppe der Roma wurden ebenfalls vom Aspangbahnhof in das Lager Litzmannstadt (Lodz) deportiert. Ab 1943 erfolgten die Deportationen vom Nordbahnhof.

Zum Stadtentwicklungsgebiet erklärt

Nach dem Zweiten Weltkrieg war der Aspangbahnhof unter britischer Kontrolle. Danach verfiel die Strecke mangels Renovierungen zusehends. Mit der Eröffnung der S-Bahn-Haltestelle Rennweg in unmittelbarer Nähe verlor der Aspangbahnhof jede Funktion und wurde für den Personenverkehr gesperrt. Anfang der 2000er Jahre wurde das Gebiet unter dem Namen Eurogate zum Stadtentwicklungsgebiet für Wohnungen, Büros und Grünflächen erklärt.