Kanzler stoppt Bau der Anti-Terror-Mauer

Die seit Tagen umstrittene Mauer auf dem Ballhausplatz wird nicht weitergebaut. Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) hat den Stopp des Baus verfügt, der seit Tagen sowohl politisch wie auch medial für Aufregung gesorgt hat.

Fünf Mauerblöcke vor dem Kanzleramt, acht Meter lang, 80 Zentimeter hoch und einen Meter breit, dazwischen Durchgänge und insgesamt 17 Poller sollten am Ballhausplatz Terroranschläge gegen Bundeskanzler und Bundespräsident verhindern. Obwohl Gräben schon ausgehoben und Fundamente gegossen worden sind, gleichzeitig aber auch die Kritik von verschiedensten Seiten ständig mehr und mehr wurde, ließ Kern Kanzleramtsminister Thomas Drozda (SPÖ) den Bau stoppen.

Bauarbeiten auf dem Wiener Ballhausplatz

ORF.at/Carina Kainz

Fundamente für die Anti-Terror-Mauer auf dem Ballhausplatz

Kanzleramt sieht Innenministerium gefordert

Die zuständigen Stellen des Innenministerium sollen nun für das Regierungsviertel und andere „neuralgische Punkte in der Stadt“ alternative Sicherheitskonzepte ohne Mauern vorlegen, hieß es aus dem Kanzleramt. Laut Innenministerium reichen die Pläne für neue Schutzmaßnahmen im Regierungsviertel bereits ins Jahr 2014 zurück. Die entsprechende Baustelle platzte nun allerdings mitten in den Wahlkampf.

Die roten und schwarzen Regierungsstellen schoben sich in der Diskussion gegenseitig den Schwarzen Peter zu, so zeigt man sich etwa im Kanzleramt einigermaßen sauer darüber, dass es auf politischer Ebene seitens des Innenministers keine Information über den Mauerbau gegeben habe.

Tagelang Kritik an „Maßnahme für Privilegierte“

Nur wenige Stunden vor dem Baustopp hatten sich Volksanwalt Peter Fichtenbauer (FPÖ) und Gerhard Ruiss von der IG Autorinnen Autoren gegen die „Maßnahme für Privilegierte“ ausgesprochen. „Bei der Sicherheit und der Terrorabwehr sollte es in erster Linie um die Bürgerinnen und Bürger gehen“, so Fichtenbauer. „Die Schutzmauer hat unweigerlich den Geruch einer Maßnahme für Privilegierte“, meinte er. Denn die meisten Terroranschläge würden sich - „wie die jüngsten Anschläge gezeigt haben“ - gegen große Menschenansammlungen in Städten richten.

Baustelle vor Bundeskanzleramt

APA/Georg Hochmuth

Eine Mauer soll Bundeskanzleramt und Hofburg vor Terrorattacken schützen

„Zu schützen wären in Wien daher die großen Einkaufsstraßen wie der Graben, die Mariahilfer Straße oder die Kärntner Straße“, so Fichtenbauer. Auch seien durch die baulichen Maßnahmen zwar das Kanzleramt und die Hofburg geschützt, nicht jedoch der provisorische Bau des Parlaments am Heldenplatz.

IG Autoren für sofortigen Baustopp

Kritik kam auch von der IG Autorinnen Autoren: „Wir fordern die sofortige Einstellung der Bauarbeiten. Sollten auch auf anderen Plätzen in der Wiener Innenstadt und an anderen Orten in Wien solche Mauerbauten geplant sein, so gehören diese Planungen ebenfalls sofort eingestellt“, so Ruiss. Die Mauer sei „politischer Aktivismus“, der Mauerbau würde nicht vor terroristischen Angriffen schützen, sondern diese allenfalls „auf andere für solche Angriffe nicht minder interessante“ Ziele umleiten.

Widerstand von vielen Seiten

Zuvor hatten sich bereits der Rektor der Universität für angewandte Kunst Wien, Gerald Bast, der Wiener Architekt und Experte für Denkmalpflege, Manfred Wehdorn, sowie der Sicherheitsexperte Reinhard Kreissl skeptisch zum Mauerbau geäußert - mehr dazu in Anti-Terror-Mauer: Rektor fordert Baustopp. Auch Altbundespräsident Heinz Fischer zeigte sich im „Wien heute“-Interview von den Umbauplänen auf dem Ballhausplatz nicht überzeugt - mehr dazu in Fischer hat sich Schutzmauer „nicht gewünscht“.

Sobotka wirft Kanzler „Posse“ vor

Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) reagierte darauf einigermaßen irritiert: „Eine saubere Lösung hätte man auch früher schon haben können“, meinte er. Man stelle dem Kanzler „gerne nochmals“ das ursprüngliche Sicherheitskonzept des Innenministeriums zum Regierungsviertel zur Verfügung, der eine Kombination aus Verkehrsberuhigung und Pollern vorgesehen habe.

„Es waren das Bundeskanzleramt und die Stadt Wien, die eine Mauer haben wollten“, betonte Sobotka. Auch der endgültige Auftrag zum Bau der Mauer sei aus dem Bundeskanzleramt gekommen. „Der Frage, wie viel Steuergeld bisher sprichwörtlich im Boden versenkt wurde, müssen sich die Stadt Wien und das Bundeskanzleramt stellen“, merkte Sobotka süffisant an.

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