Haus der Geschichte: Wahlurne als erstes Objekt

Das Haus der Geschichte Österrreich (HGÖ) in Wien hat nun offiziell sein erstes Sammelobjekt begrüßt: Eine Wahlurne aus der Gemeinde Großhofen in Niederösterreich. Eröffnet wird das Haus in etwas mehr als einem Jahr.

Die Entscheidung für die Wahlurne als erstes Objekt sei eine bewusste gewesen, erklärte Haus-der-Geschichte-Chefin Monika Sommer. „Kulturhistorisch ist natürlich immer die Frage interessant: Was ist das Objekt Nummer eins? Da Demokratieentwicklung, ihre Brüche und Transformationen ein wichtiges inhaltliches Thema des HGÖ sein werden, wollten wir die Nummer eins mit diesem Thema besetzen“, so Sommer im Interview mit der APA.

Höchster Wahlbeteiligung in Großhofen

Auch Gemeinde Großhofen wurde nicht zufällig ausgewählt: „Da wir sehr stark die Gegenwart im Blick haben, haben wir uns für die Gemeinde mit der höchsten Wahlbeteiligung bei der letzten Nationalratswahl entschieden.“ Der Bürgermeister sei sofort begeistert gewesen und habe dem HGÖ die Urne geschenkt.

Bei der vergangenen Nationalratswahl 2013 erzielte Großhofen eine Wahlbeteiligung von über 90 Prozent. „Es geht darum: Welche Menschen nehmen ihren individuellen Handlungsspielraum, den man in der Demokratie hat, am umfassendsten wahr?“, argumentierte Sommer. Auch den Zeitpunkt für die Abholung des Objekts jetzt, so kurz vor der Nationalratswahl, ist bewusst gewählt: „So kurz vor der Wahl ist es quasi unser Appell: Jeder, der ein Wahlrecht hat, sollte das auch in Anspruch nehmen.“

Wahlurne erinnert an „Moderatorenkoffer“

Zudem könne man aufgrund der Kleinheit des 100-Einwohner-Ortes auch Fragen zur Struktur von österreichischen Gemeinden beleuchten, etwa was Gemeindezusammenlegungen mit der Identität einer Gemeinde machen würden. 65 Wahlberechtigte gibt es laut Sommer in Großhofen, 13 davon sitzen im Gemeinderat.

Optisch erinnert die Wahlurne „an einen Moderatorenkoffer für Coaching-Teams“, findet die HGÖ-Chefin. Sie sieht also ganz anders aus als die grauen Boxen, die etwa in Wien zum Einsatz kommen. Das verweise darauf, dass die Wahlurne etwas ist, das nicht standardisiert ist - „sondern eine Box, auf die man sich in Großhofen vor 25 Jahren verständigt hat.“ Das HGÖ plant, auch andere Wahlurnen und deren Geschichten zu präsentieren.

Erste Ausstellung im November 2018

Eröffnet wird das HGÖ in der Neuen Burg mit einer Ausstellung zum 100. Jahrestag der Republiksgründung - starten soll diese am 12. November 2018. Als erstes sichtbares Zeichen der neuen Institution soll bereits im März 2018 eine künstlerische Intervention auf dem „Hitler-Balkon“ auf dem Heldenplatz errichtet werden. Damit soll an den sogenannten „Anschluss“ Österreichs erinnert werden.

Grundsätzlich gebe es bislang kein Bundesmuseum, das den gesetzlichen Auftrag hat, eine Sammlung zur Zeitgeschichte aufzubauen. „In diese Lücke stoßen wir vor und leisten Pionierarbeit.“ Neben dem Schwerpunkt Demokratisierung will man sich im Haus der Geschichte auch dem Themenbereich Sport widmen. „Bisher gibt es keine zentrale Anlaufstelle, wo der österreichische Sport materiell dokumentiert wird“, so Sommer. Ein weiterer Schwerpunkt sei die Auseinandersetzung mit Österreich in der zeitgenössischen Kunst. „Es gibt sehr viel Kunstschaffen, das Geschichtspolitik reflektiert.“ Hier wolle man gezielt sammeln.

Wunsch nach Neubau

Für die Zukunft wünscht sich Sommer von der nächsten Regierung „ein klares Bekenntnis zur Weiterentwicklung des HGÖ“. In einem Neubau würde sich das manifestieren. Derzeit habe man eine Fläche von rund 1.800 Quadratmetern zur Verfügung - „viel zu wenig“, so die HGÖ-Chefin.

Zudem hätten Gebäude und Standorte hohe symbolische Kraft: „Unsere Demokratie findet in Räumlichkeiten statt, die sich dem imperialen Erbe verdanken.“ Anlässlich ihr hundertsten Geburtstages könnte sich die Republik für ihr Haus der Geschichte Österreich „einen zentralen Ort schenken und damit auch ihren Stolz auf die Geschichte zeigen“, findet Sommer.

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