Wiener Oscar-Jurorin: „Ich habe Favoriten“

Jessica Hausner ist heuer zum ersten Mal in der Oscar-Academy und darf mitbestimmen, wer einen Oscar gewinnt. Sie hat „persönliche Favoriten“, darf aber vertraglich nichts sagen. Sie will eine „ungewöhnliche Entscheidung“.

Die Wiener Autorin, Produzentin und Regisseurin ist mit Filmen wie „Lourdes“ oder „Amour fou“ bekannt geworden. Während der vergangenen Monate hat sie sich nicht nur auf die Dreharbeiten für ihren neuen Film, die im Sommer beginnen, konzentriert, sondern auch für die Oscars abgestimmt.

„Ich bekomme DVDs innerhalb von zwei, drei Monaten. Es wird nicht kontrolliert was ich angeschaut habe. Ich schaue das an, was mich interessiert und in den Kategorien stimme ich dann ab“, sagte Hausner gegenüber „Wien heute“. Notizen mache sie nicht, auch gebe es keine vorgegebenen Beurteilungskriterien. „Wenn ich mir einen Film anschaue, habe ich sowieso innerlich meinen Fragekatalog“.

Autorin, Produzentin und Regisseurin Jessica Hausner ist heuer zum ersten Mal in der Oscar-Academy und darf mitbestimmen, wer einen Oscar gewinnt.

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Hausner: „Wenn ich Film anschaue, habe ich innerlich meinen Fragekatalog“

Einladungsmail zunächst gelöscht

Der Weg in die Academy of Motion Picture Arts and Sciences führt über eine Oscar-Nominierung, über Empfehlungen oder besondere Verdienste um den Film. Man kann sich keine Mitgliedschaft erkaufen, man wird berufen. Die Akademie hat derzeit knapp 7.000 Mitglieder. Neben Hausner wurde im Vorjahr auch die österreichische Schnittmeisterin Monika Willi in die Akademie aufgenommen.

Bei Hausner war im Sommer plötzlich ein Mail in ihrem Posteingang, das sie zum Academy-Mitglied ernannte. Das Mail landete direkt im Papierkorb. Erst als ihr ihre Schwester sowie andere Leute gratulierten, begann sie zu realisieren, dass das Mail doch kein Spam war - mehr dazu in oe3.ORF.at.

DVDs von den Oscar nominierten Filmen

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DVDs von den Oscar nominierten Filmen

Drei Kriterien für Hausner wichtig

Die Oscar-Juroren müssen ihre Stimmzettel mit der Post oder online einreichen. Nach alter Tradition zählt die Prüfgesellschaft PricewaterhouseCoopers die Stimmen von Hand an einem geheimen Ort aus. "Ich kann mich einloggen und kann in jeder Kategorie mein Kreuzerl machen. Da muss ich nirgendwo hin gehen“, erzählt Hausner.

Bei der Beurteilung achtet sie auf drei Kriterien. „Für mich ist Originalität wichtig. Dann ist Aktualität ein wichtiges Kriterium. Also, dass der Film etwas mit uns heutzutage zu tun hat, vielleicht sogar ein gesellschaftspolitisches Thema hat. Was mir auch noch wichtig ist, ist, dass eine bestimmte Absicht gelungen umgesetzt ist. Die Professionalität eines Films.“

Wienerin entscheidet bei " Oscars" mit

In den vergangenen Wochen hat sich Hausner rund 150 Filme auf DVD angesehen und online abgestimmt.

„Mehrheitsentscheidungen können flau ausfallen“

Laut Hausner stehen bei den nominierten Filmen „politische Themen im Vordergrund“. Auch seien einige Coming-of-Age-Filme dabei, in denen Teenager oder junge Erwachsene ihre ersten Erfahrungen machen. Sie hat „persönliche Favoriten“, aber die dürfe sie nicht sagen. „Ich muss bei allen Abstimmungsvorgängen unterschreiben, dass ich nicht der Presse mitteile, wie ich gewählt habe“.

Die Oscar-Nacht im ORF

ORF.at begleitet die um 2.00 Uhr beginnende Oscar-Gala mit einem multimedialen Liveticker. Auf ORFeins startet um 1.30 Uhr die Live-Übertragung vom Roten Teppich des Dolby Theatre in Los Angeles. Schon zuvor, ab 0.45 Uhr, stimmt die ORF-Filmredaktion auf die Nacht ein.

Der Frauenanteil unter den Stimmberechtigten in der Oscar-Academy ist zuletzt auf 28 Prozent angestiegen, verglichen mit 25 Prozent im Jahr 2015. Der Anteil nicht-weißer Mitglieder ging von acht auf 13 Prozent hoch. „Wenn außer mir noch mehr jüngere Frauen und andere aufgenommen werden, natürlich ändert sich dann die Mehrheitsgewichtung. Und damit auch die Entscheidungen, die gefällt werden“, so Hausner.

Sie wird sich die TV-Übertragung der Oscar-Gala in der Nacht auf Montag nicht anschauen, erst die Zusammenfassung am nächsten Tag. Hausner hofft jedenfalls, „dass eine ungewöhnliche Entscheidung gefällt wird, weil Mehrheitsentscheidungen können auch ganz schön flau ausfallen“.

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