NS-Liederbuch: Gutachter am Zug

Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen antisemitischer Texte in einem Liederbuch, das von der Burschenschaft Bruna Sudetia stammen soll. Nun ist ein Gutachter am Zug, gegen ihn war zunächst Beschwerde eingelegt worden.

Ermittelt wird wegen nationalsozialistischer Wiederbetätigung gemäß Verbotsgesetz. Laut „Falter“ sollen in dem Liederbuch der Burschenschaft Bruna Sudetia Texte mit antisemitischem Inhalt enthalten sein. Vorsitzender der Burschenschaft ist Herwig Götschober, der Pressereferent von Verkehrsminister Norbert Hofer (FPÖ) - mehr dazu in Liederbuch: Staatsanwalt ermittelt.

Liederbuch der Burschenschaft "Bruna Sudetia

APA/Falter

Laut einem Bericht der Zeitschrift „Falter“ gehört auch das antisemitische Liederbuch der Bruna Sudetia

Seit kurzem wird „am Gutachten gearbeitet“

Die Staatsanwaltschaft Wien hatte das Verfahren im Februar eingeleitet. „Im März wurde ein Sachverständiger bestellt, der klären soll, ob und welche NS-Inhalte im Buch vorkommen. Gegen ihn wurde aber Beschwerde eingelegt“, bestätigt eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft gegenüber wien.ORF.at.

Die Beschwerde wurde aber abgewiesen. „Seit kurzem arbeitet der Gutachter“, heißt es von der Staatsanwaltschaft. Das Ermittlungsverfahren werde aber noch einige Zeit dauern. Eingebracht hatte die Beschwerde Werner Tomanek, der von der Burschenschaft beauftragte Anwalt.

„Es handelt sich bei dem Gutachter um einen Mitarbeiter des Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstands. Ich habe die Beschwerde im Auftrag der Beschuldigten eingereicht, weil sie die Objektivität des Gutachters bezweifeln“, so Tomanek auf Anfrage. Vom DÖW heißt es, dass es keinen Auftrag an die Institution gibt, sondern der Mitarbeiter „ad personam“ als Experte beauftragt wurde.

„Keine weiteren Hausdurchsuchungen“

Aufgekommen waren die Vorwürfe gegen die Burschenschaft, nachdem der Stadtzeitung „Falter“ Anfang des Jahres ein Liederbuch mit judenfeindlichen Strophen zugespielt worden war, das von der Bruna Sudetia stammen soll.

Nach dem Bericht im „Falter“ war es am 21. Februar auch zu einer Hausdurchsuchung der „Bude“ der Burschenschaft in der Josefstadt gekommen. Dabei seien mehrere Kisten mit ihm unbekanntem Material beschlagnahmen worden, sagte Götschober - mehr dazu in Liederbuch: Götschober will interne Aufarbeitung. Weitere Hausdurchsuchungen habe es seither nicht gegeben, heißt es von der Staatsanwaltschaft.

Götschober bei Pressekonferenz

APA/Georg Hochmuth

Götschober betonte wiederholt, das Liederbuch nicht zu kennen

Nach der Einleitung der Ermittlungen durch die Staatsanwaltschaft hatte der Vorsitzende der Burschenschaft um die sofortige Beurlaubung im Büro des Bundesministers angesucht, bis die Vorwürfe restlos aufgeklärt sind. Anfang März war Götschober aber bereits wieder im Verkehrsministerium im Dienst, wie eine parlamentarische Anfrage zeigte.

Damals ließ Hofer per Aussendung mitteilen, dass Götschober wieder im Ministerium arbeitet, weil er sich „persönlich nichts zu Schulden kommen hat lassen“. Und die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft noch laufen. Götschober betonte stets, das Liederbuch, das dem „Falter“ zugespielt worden war, nicht zu kennen. Ein der APA übermittelter Scan der „Liedertexte“ der Burschenschaft Bruna Sudetia unterschied sich von jenen, die sich im „Falter“ veröffentlichten „Liederbuch“ befanden.

Hubert Kickinger, wien.ORF.at