Erste Entschädigung für Steinhof-Opfer

Zehn Opfer des psychiatrischen Krankenhauses am Steinhof haben nach Verzögerungen nun erste Entschädigungszahlungen bekommen. Jahrzehntelang hatte im Kinderpavillon ein Gewaltsystem geherrscht.

63 Personen haben sich bei der Opferschutzorganisation Weißer Ring gemeldet. Diese hat Clearings durchgeführt, also die vom Krankenanstaltenverbund (KAV) übermittelten Krankenakten überprüft und bewertet, sagte die Geschäftsführerin des Weißen Ring Natascha Smertig gegenüber dem Ö1-Morgenjournal.

„Die Kriterien sind für alle gleich. Aber die Ausprägung ist deutlich unterschiedlich. Es macht einen Unterschied, wie viele Jahre sie in der Anstalt waren beziehungsweise wird auch die erlittene Gewalt differenziert“, sagte Smertig.

Steinhof Otto-Wagner-Spital

APA/Georg Hochmuth

KAV versprach Entschädigung nach Verzögerungen

Über zehn weitere Fälle wird bald beraten

Konkret geht es um Freiheitsentzug durch zum Beispiel Netzbetten, um den Einsatz von Medikamenten, um die Patienten ruhigzustellen, oder auch um sexuelle Gewalt. Danach richtet sich die Höhe der Entschädigung. Der KAV hat Entschädigungszahlungen in der Höhe von bis zu 25.000 Euro angekündigt, in besonders schlimmen Fällen sind es bis zu 35.000 Euro.

Die ersten zehn Opfer haben nun bereits Geld bekommen. Nächste Woche wird beim Weißen Ring über die nächsten zehn Fälle beraten. Spätestens im ersten Halbjahr 2019 sollten alle Opfer entschädigt sein, berichtete Ö1.

Gewalt und Freiheitsentzug

In der Zeit von 1945 bis Ende der 1980er Jahre wurden „Am Steinhof“ Kinder mit Behinderungen körperlich misshandelt oder etwa das Essen mit roher Gewalt verabreicht. Die jungen Patienten wurden zudem sediert, häufig wurden diese Medikamente auch ins Essen gemischt - das bei Personen mit Schluckbeschwerden mitunter gewaltsam verabreicht wurde.

Freiheitsentzug stand auch für Fehlverhalten auf dem Programm. Laut Studienautorin Hemma Mayrhofer reichte dafür schon, wenn Kinder aus der Toilette tranken - was sie bei Durst anscheinend tun mussten, da offenbar die Wasserversorgung in den Zimmern aus Sicherheitsgründen unterbunden war. „Das Umfeld war absolut nicht kindgerecht“, stellte die Studienautorin klar. Pädagogische oder soziale Zuwendung gab es kaum. Während des Untersuchungszeitraums dürften sich rund 600 bis 700 Kinder im Pavillon 15 aufgehalten haben, der in dieser Form bis 1984 in Betrieb war - mehr dazu in Langes „Gewaltsystem“ in Kinderpsychiatrie.

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