Alkoholkranken Vater erstochen: Zwölf Jahre Haft

Für den Mord an seinem Vater ist am Montag ein 32-jähriger Wiener nicht rechtskräftig zu zwölf Jahren Haft verurteilt worden. Er soll im August 2018 seinen alkoholkranken Vater erstochen und dessen Leiche im Kasten versteckt haben.

„Ich war von meiner Hilflosigkeit überfordert“, meinte der Beschuldigte, der auf eine unglückliche Kindheit, eine gescheiterte Beziehung ohne Kontakt zum Kind, Arbeitslosigkeit und Alkoholismus zurückblicken musste. „Ich war in so einem Loch, dass ich auch immer mehr gesoffen habe.“

„Habe bei Tat nicht nachdenken können“

Zum Zeitpunkt der Tat habe er nicht nachdenken können, aber schon länger einen Suizid geplant gehabt, für den bereits ein Dreivierteljahr ein Strick bereit lag. Nach der Tat hätte er dafür „ein schönes Platzerl im Wald gesucht“, aber dann doch nicht den Mut aufgebracht und sich der Polizei gestellt.

Zur Vorgeschichte: Nachdem sich die Lebensgefährtin des Angeklagten im Jahr 2014 von ihm getrennt hatte, war er in das völlig verwahrloste und verdreckte Haus des Vaters in Favoriten gezogen. Zwar hatte der Sohn zu dem 59-Jährigen ein gutes Verhältnis, doch es belastete ihn, dass der Mann laut Staatsanwaltschaft in großen Mengen Alkohol trank, sich kaum noch duschte, nur noch rauchte und schlief und aufgrund der Antriebslosigkeit nicht einmal mehr auf die Toilette ging, sondern in die Badewanne urinierte.

Angeklagter kippte in eigene Sucht

Anfangs versuchte der 32-Jährige noch, den Vater zu unterstützen. Er kümmerte sich um seine Finanzen, räumte auf, renovierte und reparierte alles im Haus. Doch nach kurzer Zeit war wieder alles beim Alten. Da der Angeklagte in der Vergangenheit ebenfalls Alkoholprobleme hatte, kippte er rasch in seine eigene Sucht.

Mit der Zeit änderte auch der arbeitslose 32-Jährige seinen Tagesablauf. Mit der Pension des Vaters ging er in der Früh Bier, Wein, Wodka, Leberkäse und Gebäck einkaufen. Danach verbrachten die beiden die meiste Zeit vor dem Fernseher, bis der Alkohol ausgetrunken war.

Sohn bei Tat betrunken, aber zurechnungsfähig

Am 3. August 2018 beschloss der Sohn, dass er diesem Leben ein Ende setzen wollte. Nach der Erledigung der morgendlichen Einkäufe ging er in das Zimmer des Vaters und stach zweimal mit einem Klappmesser auf den Hals des Schlafenden ein. Der 59-Jährige erwachte, sprang auf und versuchte noch zu flüchten. Der Angeklagte hielt jedoch so lange die Tür zu, bis sein Vater verblutet war.

Die Leiche des Vaters packte der Mann in zwei 100-Liter-Müllsäcke und steckte sie in den Kasten. Danach nagelte er die Türen zu und dichtete die Fugen mit Klebeband ab. Als er den Tatort vom Blut gereinigt hatte, tauchte er einige Tage unter. Am 10. August ging er zur Polizei und stellte sich.

Der bisher unbescholtene Sohn zeigte sich bisher geständig. Er habe seinen Vater „erlösen“ wollen, da er nur noch dahinvegetiert sei. Laut gerichtspsychiatrischem Gutachten leidet der Beschuldigte zwar an einer Persönlichkeitsstörung und stand zum Tatzeitpunkt unter Alkoholeinfluss, war aber zurechnungsfähig.

Vater habe hauptsächlich gesudert

Vor Gericht verantwortete sich der Angeklagte schuldig, folgte aber der Linie seines Verteidigers Manfred Arbacher-Stöger, der auf Tötung auf Verlangen plädierte. Er stellte seinen Vater als hilflosen Menschen dar, der nur mehr dahinvegetiert hätte und ihn des Öfteren gebeten hätte, „ihm zu helfen“.

„Hat er gesudert oder gesagt ‚Bring mich um‘?“, wollte die Staatsanwältin wissen, die darauf hinwies, dass bisher in keiner Aussage diese Verantwortung genannt worden war. „Hauptsächlich gesudert. ‚Bring mir a Zyankali und so etwas‘“, so der 32-Jährige.

Der Antrag Arbacher-Stögers, den Geschworenen die Eventualfrage Tötung auf Verlangen vorzulegen, wurde von den Berufsrichtern abgelehnt, weil sich dafür im Beweisverfahren kein objektiver Hinweis ergeben hätte. „Ich hoffe, dass es dem Papa jetzt besser geht“, sagte der 32-Jährige in seinem Schlusswort.

„Ordentlicher Lebenswandel“ mildernder Umstand

Anschließend entschieden die Geschworenen nach einstündiger Beratung einstimmig auf Mord, blieben aber gemeinsam mit den Berufsrichtern mit den zwölf Jahren nahe an der unteren Strafgrenze von zehn Jahren, was der Vorsitzende Thomas Kreuter als schuld- und tatangemessen bezeichnete.

Als mildernd wurden das Geständnis und der bisherige ordentliche Lebenswandel gewertet, „leicht“ erschwerend der Umstand, dass sich der schlafende Vater nicht gegen den Angriff hatte wehren können. Während der Beschuldigte das Urteil annahm, meldete die Staatsanwältin Berufung gegen die ihrer Ansicht nach zu geringe Strafhöhe an.