Echtsein- Warum sich Ehrlichkeit auszahlt

Wie erkennt man einen „graden Michel“, in welchen Situationen haben es „echte“ Menschen besonders schwer und warum ist es besser, ehrlich zu sein- Antworten hat Kommunikationsexpertin Nana Walzer.

Wer die Wahrheit sagt, ist stimmig mit sich selbst. Seine Worte, Gefühle und Körpersprache sagen alle dasselbe aus. Wobei das „mit-sich-Stimmigsein“ an sich nichts über „Die Wahrheit" aussagt. Wie schon das Sprichwort sagt, liegt die Wahrheit ja immer im Auge des Betrachters. Wir können also von etwas vollkommen überzeugt sein, gegen das alle Fakten sprechen. Wir können uns auch falsch an etwas erinnern oder unsere Gefühle schlicht für „die Wahrheit“ halten. Das ist das Problem beim „Echtsein“: Wir handeln zwar stimmig mit uns selbst und das spricht für unseren Wunsch nach Ehrlichkeit, aber das alles sagt letztendlich nur etwas über diesen unseren Wunsch aus, nicht über die Realität an sich.

Sendungshinweis:

„Radio Wien am Nachmittag“, 5.10.2017

Das „Unecht“-Sein beginnt in Gegensatz dazu dort, wo wir absichtlich gegen unser Besserwissen, gegen unseren Wunsch „unsere Wahrheit“ zu sagen, handeln. Wenn wir etwa andere täuschen, manipulieren oder betrügen. „Echte Menschen“ sagen, was sie denken und fühlen, so wie sie es denken und fühlen. Wie gesagt sagt das noch nichts darüber aus, ob sie mit ihren Aussagen und Meinungen „Recht“ haben.

Blonde Frau lächelt

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Wann es „echte“ Menschen besonders schwer haben

Manche Menschen lieben es, direkt herauszusagen, wie es ihnen geht und was sie von jemandem oder einer Situation halten. Diese ungefilterten Eindrücke und Meinungen geben aber auch oft nur gewohnheitsmäßige Ansichten oder konventionelle Klischees wieder. Als solche ärgern sie alle Menschen, die eine andere oder auch bereits durchdachtere Sichtweise haben. Wenn es ein Mensch sich in seinen Aussagen einfach nur einfach macht, dann bläst ihm oft massiver Gegenwind entgegen oder er wird in Zukunft geschnitten.

Eine andere Schwierigkeit besteht darin, dass wer sein Herz auf der Zunge trägt, dazu neigt, auf die Erwartungen und Gefühle anderer zu pfeifen. „Ein grader Michel“ der stellt schon mal unangenehme Tatsachen fest. Er meint das meist nicht böse, stößt damit aber andere vor den Kopf. Wer will schon die eigenen Schwächen und blinden Flecken reingesagt bekommen – und sei es noch so unabsichtlich oder unschuldig.

Warum es besser ist ehrlich zu sein

Der Glaube ist weit verbreitet, dass es entweder dumm, wenn nicht sogar gefährlich wäre, anderen tatsächlich zu sagen, was man wirklich denkt. Dumm finden es manche dann, wenn man gegen Windmühlen redet, sich also die Energie sparen kann. Gefährlich kann es sein, wenn andere das Wissen um die eigene Meinung sogar gegen einen verwenden können. Also wenn sie es Dritten verraten, gegen andere ausspielen oder mit dem Wissen sich anderswo Vorteile verschaffen etc.

Sagen wir anderen nicht, was wir denken und fühlen haben wir den Vorteil, dass wir uns in einer Art Sicherheitszone befinden, wir sind schwer angreifbar. Andererseits sind wir dadurch auch schwer berührbar, können also auch kaum tiefgehende Beziehungen aufbauen und führen. Wollen wir also anderen uns wichtigen Menschen nahe sein, so führt kein Weg darum herum, ihnen unser wahres Innenleben zu zeigen.

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Nana Walzer
Nana Walzer: „Die Kunst der Begegnung“