„Pizzeria Anarchia“ als Tanztheater

Die polizeiliche Räumung eines besetzen Wohnhauses als Tanztheater: Mit der Uraufführung des Stücks „Pizzeria Anarchia“ rund um die Ereignisse in der Leopoldstadt im Vorjahr wurden am Donnerstag die ersten Musiktheatertage Wien eröffnet.

In „Pizzeria Anarchia“ werden die Geschehnisse rund um die Hausräumung auf Verlangen des Besitzers im Bezirk Leopoldstadt zum Anlass genommen, die Fragen von Gentrifizierung und dem Recht auf Wohnen zu thematisieren. Die italienische Gruppe Balletto Civile verspricht dabei eine differenzierte Darstellung emotionaler Zustände und nicht platte Schwarz-Weiß-Malerei.

Fotos von der Probe:

Insgesamt sieben Uraufführungen

Die ersten Musiktheatertage finden im Werk X im Kabelwerk in Wien-Meidling bis zum 12. September statt. Neben „Pizzeria Anarchia“ gibt es sechs weitere Uraufführungen. Für alle Besucher unter 25 Jahren ist der Eintritt frei.

In eine ähnliche Kerbe wie das Hausräumungstanztheater schlägt das Stück „disPLACE“, bei dem man mit der Opera de Butxaca aus Barcelona kooperiert, und „Re-Volt Athens“, für das das ODC Ensemble Athen als Produktionspartner gewonnen wurde. Bei „disPlace“ liefern die katalanischen Komponisten Raquel Garcia-Tomas und Joan Magrane Figuera je ein eigenes musikalisches Bild von der Gentrifizierung der Innenstadt Barcelonas. „Re-Volt Athens“ hingegen setzt eher auf Performance und will die gleiche Thematik in performative Akte übertragen.

Werk X Kabelwerk

ORF

Die ersten Musiktheatertage finden im Werk X in Meidling statt

Mit der aktuellen Flüchtlingsproblematik setzt sich die Eigenproduktion der Musiktheatertage auseinander. „Ujamma Paradise“ von Festival-Coleiter Thomas Desi (gemeinsam mit Georg Steker) vereint für das Projekt über die spezielle Form des Sozialismus, den Tansanias Staatsgründer Julius Kambarage „Mwalimu“ Nyerere propagierte, eine Erzählung mit Musik aus Mozarts „Zauberflöte“. Dafür sind Opernprofis sowie Tänzer und Amateure der afrikanischen Gemeinschaft engagiert.

Nicht nur „Theater am Arsch der Welt“

Darüber hinaus entstehen zwei Produktionen in Zusammenarbeit mit der Wiener Gruppe Oper Unterwegs, die sich nicht auf das Werk X beschränken, sondern das gesamte Kabelwerk-Areal in Beschlag nehmen. Unter dem Titel „Oedipus Lost“ sind 31 Installationen und Szenen vorgesehen, die den griechischen Ödipus-Stoff in die heutige Zeit übersetzen wollen. Auch nicht viel ruhiger dürfte es bei „Stille Wasser“ zugehen, das auf Edgar Allan Poes Abenteuerroman „Die Abenteuer des Arthur Gordon Pym“ beruht. Hierfür wird die deutsche Komponistin Iris ter Schiphorst eine Klangwelt umsetzen, die im Poolhaus der Anlage erklingt.

Ebenfalls eine heimische Produktion ist schließlich noch von Klaus Karlbauer zu hören, der unter dem musikbetriebkritischen Titel „Was mich daran hindert, eine Oper zu schreiben“ eine Lecture Oper erstellen will, bei der sukzessive aus einer Textperformance samt begleitender Musik ein eigenständiges multimediales Werk entsteht. Flankiert werden die sieben Produktionen von Publikumsgesprächen sowie Fachsymposien. Das Werbemotto des erst seit einem Jahr bestehenden Kulturstandorts Werk X in Meidling, „Theater am Arsch der Welt“, wird also um den musikalischen Aspekt erweitert.

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