Lichterkette rund um Regierungsviertel

Als Protest gegen eine mögliche Regierungsbeteiligung der FPÖ haben sich Mittwochabend Tausende in der Innenstadt versammelt. Mit Kerzen, elektrischen Lampen und vereinzelt Fackeln bildeten sie eine Lichterkette um das Regierungsviertel.

Die Angaben zur Teilnehmeranzahl an der Lichterkette im Wiener Regierungsviertel gingen wie oft auseinander. Während die Veranstalter im Laufe des Abends von 8.000 bis 10.000 Teilnehmern ausgingen, schätzte die Polizei laut Aussendung die Zahl auf rund 3.000. Polizeilich relevante Vorfälle gab es nicht.

Alexander Pollak von SOS Mitmensch erklärte: „Auch wenn die Kerzen den Eindruck erwecken, soll die Lichterkette keine Referenz zum Lichtermeer von 1993 sein.“ Denn die Situation „sei eine ganz andere.“

Es gehe „ganz konkret um Personen“, die Verbindungen ins rechtsextreme Lager haben. Das betreffe „große Teile der FPÖ-Parteiführung“. Diese dürften keine Ministerposten erhalten.

Bisher geringe Beteiligung an Anti-FPÖ-Demos

Die Beteiligung an bisherigen Anti-FPÖ-Demonstrationen seit der Wahl Mitte Oktober war eher gering. Das liege am Fehlen von Inhalten, so Politologe Peter Filzmaier: „Die FPÖ ist zu weit rechts, ist ein ideologisches Argument, aber es ist weder konkret inhaltlich noch auf die Personen bezogen." Der Anlass für eine Demonstration müsse möglichst konkret und neu sein, so Filzmaier weiter: "Dass die FPÖ wahrscheinlich in die Regierung kommt, ist keines von beiden.“

Auch der Koalitionsbeschluss von ÖVP und FPÖ Anfang 2000 hat zu Demonstrationen geführt. Jene zur Angelobung der schwarz-blauen Regierung im Februar 2000 zählt zu den größten Demonstrationen der Zweiten Republik. 150.000 Teilnehmer protestierten nach Angaben der Polizei am 19. Februar 2000 auf dem Wiener Heldenplatz.

Demonstration Heldenplatz 2000 Schwarz-blau

APA/Ulrich Schnarr

Bilder wie 2000 gibt es derzeit (noch) nicht

Kurzfristige Emotionalisierung fehlt

Diese Proteste mit heutigen zu vergleichen ist für Filzmaier vor allem aufgrund der andauernden Regierungsverhandlungen nicht möglich: „Damals war es lange so, dass Schwarz-Rot verhandelt hat und dann überraschend und sehr schnell Schwarz-Blau kam. Da fanden die Proteste bei der Angelobung und unmittelbar davor und danach statt. Das war sehr kurzzeitig und sehr emotionalisierend. Jetzt ist es eine lange Vorlaufzeit, was diese einmalige Emotionalisierung nicht so groß macht.“

Demo gegen Burschenschafter im Nationalrat

APA/ Herbert Pfarrhofer

200 Menschen haben an der Demonstration am Donnerstag teilgenommen

Eher geringe Teilnehmerzahlen bisher

Die vorangegangenen Demonstrationen gegen eine mögliche Regierungsbeteiligung der FPÖ verliefen bisher ruhig und in kleinem Rahmen. So nahmen etwa 120 Menschen an der präventiven „Demo gegen Schwarz-Blau“ am 25. Oktober teil. Vergangenen Donnerstag demonstrierten rund 200 Menschen vor der Universität Wien gegen die Angelobung von zahlreichen Burschenschaftlern als freiheitliche Abgeordnete im Nationalrat - mehr dazu in 200 bei Demo gegen FPÖ-Abgeordnete.

SOS Mitmensch erklärte die Teilnehmerzahlen unter anderem mit dem Zeitpunkt der Demonstration. „Es ist aber sicher auch so, dass es inzwischen eine Art Gewöhnungseffekt gibt und die Bereitschaft, gegen rechtsextreme Umtriebe zu demonstrieren, sicher ein wenig abgenommen hat“, sagte Pollak.

Demo gegen Burschenschafter im Nationalrat

APA/ Herbert Pfarrhofer

Auch die Sozialen Medien haben die Art der Proteste verändert

Soziale Medien haben Demonstrationen verändert

Unmut der Bevölkerung erlebe er auch heute, jedoch habe sich die Art des Protests im Vergleich zum Jahr 2000 verändert. „Damals gab es die Sozialen Medien noch nicht, das ist heute die bequemere Variante, die Stimme zu erheben“, sagte Pollak.

So haben rund 14.600 Menschen auf Initiative von SOS Mitmensch eine E-Mail an Sebastian Kurz (ÖVP) und Alexander Van der Bellen geschickt, in der sie sich gegen eine Regierungsbeteiligung der FPÖ aussprechen. „Natürlich ist es schwieriger, die Menschen hervorzulocken, wenn es auch bequemere Protestalternativen gibt“, sagte Pollak.