Steinhof-Opfer: Geld „bis Jahresende“

Für die Opfer des psychiatrischen Krankenhauses am Steinhof soll es laut KAV nach Verzögerungen nun „bis Jahresende“ die Entschädigungszahlungen geben. Über Jahrzehnte hatte im Kinderpavillon ein Gewaltsystem geherrscht.

Geht es nach dem KAV, soll es nach eineinhalb Jahren jetzt rasch gehen. Es werde von allen Seiten auf Hochtouren gearbeitet, wird vom KAV gegenüber dem Ö1-Mittagsjournal versichert. Bis Ende des Jahres sollen die Opfer tatsächlich Geld erhalten, heißt es.

Bis zu 25.000 Euro werden in der Regel gezahlt, in besonders schlimmen Fällen sind es bis zu 35.000 Euro. Über die Höhe der Auszahlung entscheidet die Opferschutzorganisation Weißer Ring. Um diese Entscheidung treffen zu können, werden Clearings durchgeführt. Diese hätten schon im Sommer beginnen sollen, laut Weißem Ring sind dafür aber zu wenig Akten aus dem KAV übermittelt worden.

Steinhof Otto-Wagner-Spital

APA/Georg Hochmuth

KAV verspricht Entschädigung nach Verzögerungen

„Von 40 Personen 22 Krankengeschichten gefunden“

Dort weist man das zurück und verweist auf die unterschiedliche Aktenlage. „Wir haben von 40 Personen bereits 22 Krankengeschichten gefunden. Diese Unterlagen wurden auch dem Weißen Ring übermittelt“, sagt die stellvertretende Generaldirektorin des KAV Evelyn Kölldorfer-Leitgeb gegenüber Ö1. Die schwierige Suche nach Akten sei auch der Grund für die Verzögerungen gewesen. Es werde sogar jetzt noch weitergesucht.

„Bis Montag ist sozusagen noch alles am Laufen, um die restlichen Krankengeschichten noch zu suchen, noch zu überprüfen. Das Otto-Wagner-Spital arbeitet auf Hochtouren. Und wir werden am Montag die restlichen Krankengeschichten, wenn vorhanden, auch übermitteln“, so Kölldorfer-Leitgeb.

Bis zuletzt Anrufe und Meldungen

Grundsätzlich sei im Vertrag mit dem Weißen Ring festgelegt, dass der KAV zumindest Basisdaten über die Opfer übermitteln muss. Dazu gehören Name, Geburtsdatum, Sozialversicherungsnummer und die Dauer des Aufenthalts im Pavillon 15 am Steinhof. Das habe man übermittelt. Da man Krankenakten aber nur 30 Jahre aufbewahren müsse, habe man die Archive durchsuchen müssen, um zu klären, was noch an Akten vorhanden ist. Es sei eine Mitarbeiterin abgestellt worden, die diese Suche koordiniert habe.

Die Hotline, bei der sich Opfer aber auch Betreuungspersonen bzw. gesetzliche Vertreter melden konnten, war bis vor zwei Tagen erreichbar, sagt die KAV-Direktorin. „Es war der 1. September geplant. Wir haben es dann noch einmal verlängert, einfach um sicherzugehen, dass sich alle, die infrage kommen oder die einen Bezug haben, auch melden können. Es gab noch bis 18. September Meldungen und Anrufe.“

Wer sich also bisher nicht gemeldet hat, hat keine Möglichkeit auf Entschädigung mehr. Nächste Woche wird es Gespräche mit dem Weißen Ring und dem KAV geben, die ersten Sitzungen, bei denen auch schon Entschädigungszahlungen an die ersten Opfer festgelegt werden würden, sollen im Oktober stattfinden.

Körperliche Gewalt und Freiheitsentzug

In der Zeit von 1945 bis Ende der 1980er Jahre wurden „Am Steinhof“ Kinder mit Behinderungen körperlich misshandelt oder etwa das Essen mit roher Gewalt verabreicht. Die jungen Patienten wurden zudem sediert, häufig wurden diese Medikamente auch ins Essen gemischt - das bei Personen mit Schluckbeschwerden mitunter gewaltsam verabreicht wurde.

Freiheitsentzug stand auch für Fehlverhalten auf dem Programm. Laut Studienautorin Hemma Mayrhofer reichte dafür schon, wenn Kinder aus der Toilette tranken - was sie bei Durst anscheinend tun mussten, da offenbar die Wasserversorgung in den Zimmern aus Sicherheitsgründen unterbunden war. „Das Umfeld war absolut nicht kindgerecht“, stellte die Studienautorin klar. Pädagogische oder soziale Zuwendung gab es kaum. Während des Untersuchungszeitraums dürften sich rund 600 bis 700 Kinder im Pavillon 15 aufgehalten haben, der in dieser Form bis 1984 in Betrieb war - mehr dazu in Langes „Gewaltsystem“ in Kinderpsychiatrie.

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