„Wiener Ball“ kein Kulturerbe mehr

Die UNESCO hat den „Wiener Ball“ von der Liste des immateriellen Kulturerbes gestrichen. Hintergrund ist die Diskussion über den Ball des Wiener Korporationsringes (WKR). FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache sprach von „linksextremem Mobbing“.

Man habe als einen ersten Schritt beschlossen, das gesamte Element von der Liste zu nehmen, um eine Pause zu gewinnen, so Eva Nowotny, die Präsidentin der österreichischen UNESCO-Kommission. Der Fachbeirat soll jetzt die aus 17 Wiener Bällen bestehende Liste bereinigen. Am 1. Februar werde der Fachbeirat zusammentreten, um grundsätzliche Fragen zu klären.

So stehe etwa die Frage im Raum, ob die UNESCO grundsätzlich dafür verantwortlich ist, was mit Traditionen verbunden ist. Nowotny nannte im Gespräch mit wien.ORF.at das Beispiel der Wiener Kaffeehauskultur, seit dem Vorjahr ebenfalls immaterielles Kulturerbe. Hier sei die UNESCO auch nicht dafür verantwortlich, was in den einzelnen Kaffeehäusern geschehe.

Für Strache „linksextremes Mobbing“

Als „Anlassentscheidung aufgrund von gezieltem linksextremen Mobbing“ bezeichnete Strache die Streichung von der UNESCO-Liste. Die UNESCO und andere würden vor Diffamierung, Hetze und Unwahrheiten in die Knie gehen. Es finde ein „beschämender antidemokratischer Gesinnungs- und Meinungsterror statt, wo alle aufrechten Demokraten nach dem Prinzip ‚Wehret den Anfängen‘ entschieden entgegenhalten“ müssten.

Von einem „klaren und unmissverständlichen Zeichen gegen Rechtsextremismus“ sprach hingegen SPÖ-Nationalratsabgeordnete Petra Bayr. Der Ball des Wiener Korporationsrings gelte als eines der größten rechtsextremen Vernetzungstreffen in Europa. Wichtig für die Zukunft sei es nun, Symbole wie den WKR-Ball aus dem Alltag zu verbannen.

Neuerliche Bewerbung bleibt offen

Nun liegt es laut Nowotny beim Antragsteller, dem Kontaktkomitee der Wiener Nobel- und Traditionsbälle, die Liste der Bälle abzuklären. „Eine abgeklärte Liste kann selbstverständlich wieder aufgenommen werden“, so Nowotny. Eine Eintragung in das Verzeichnis müsse grundsätzlich auch mit den Grundwerten und Grundprinzipien der UNESCO im Einklang stehen, „wobei Toleranz und Respekt vor anderen Kulturen und Wertschätzung kultureller Diversität besondere Priorität haben“.

Ob sich der „Wiener Ball“ ohne den umstrittenen WKR-Ball neuerlich als immaterielles Kulturerbe bei der UNESCO bewerben wird, ist noch offen. Das werde man sehen, im Moment gebe es noch viele Gespräche, sagte Susanne Schöner, Vorsitzende des Kontaktkomittee der Wiener Nobel- und Traditionsbälle. Bis zur Entscheidung werde es jedenfalls noch dauern. Das sei ein „langfristiger Prozess“, sagte Schöner. Für die heurige Ballsaison sei die Sache jedenfalls schon gelaufen.

Jelinek fordert Rücktritt der UNESCO-Kommission

In der Debatte über den Ball hatte sich zuvor auch Literaturnobelpreisträgerin Elfriede Jelinek zu Wort gemeldet. Sie forderte in einem Schreiben an SOS Mitmensch eine öffentliche Entschuldigung bzw. den Rücktritt des UNESCO-Komitees: „Ich sehe diese Aufwertung einer skandalösen Veranstaltung, die nicht zuletzt auch dem antifaschistischen Verfassungsauftrag Hohn spricht, als eine Verunglimpfung Österreichs an.“ Ein deklariert deutschnationaler Ball könne niemals Österreich zu irgendwelchen Ehren gereichen, so Jelinek weiter.

Kritik: „Rechtsextrem durchsetzte Vereinigung“

Der Ball des Wiener Korporationsrings sorgt Jahr für Jahr für Aufregung. Begleitet wurde er immer wieder von Gegendemonstrationen und Ausschreitungen. Kritiker sehen im Korporationsring eine „rechtsextrem durchsetzte Vereinigung“. Die Wiener Hofburg Kongresszentrum BetriebsgmbH hatte Anfang Dezember mitgeteilt, dass die Hofburg nicht mehr als Veranstaltungsstätte zur Verfügung stehe. Sie begründete das mit der „aktuellen politischen und medialen Dimension, welche die Abhaltung des WKR-Balls in den letzten Jahren angenommen hat“.

Die Initiative „Jetzt Zeichen setzen“ stößt sich unter anderem daran, dass der WKR-Ball heuer genau am internationalen Holocaust-Gedenktag der UNO stattfindet - mehr dazu in 60 Gruppen setzen Zeichen gegen Rechts.

Diese Diskussion nahm auch die UNESCO zum Anlass, die Liste der 17 Wiener Bälle noch einmal zu überprüfen, die 2010 unter dem Titel „Wiener Ball“ als immaterielles Kulturerbe anerkannt wurden - mehr dazu in WKR-Ball: UNESCO prüft Kulturerbe.

Links: