Parlament: Protest gegen Umbaupläne

Architekturexperten haben sich für die Erhaltung des Nationalratssitzungsaales im Parlament ausgesprochen. In den Plänen für den Umbau sehen sie eine „Zerstörung“ des Saales.

Der 1956 eröffnete Sitzungssaal sei ein einzigartiges Baudenkmal der Moderne. Mit dem vom Ausschreibungssieger Heidl geplanten „Radikalumbau“ würde es zerstört - und überdies viel mehr Kosten verursacht als durch eine respektvolle Renovierung, betonte Norbert Mayr, Präsident von docomomo_austria, am Donnerstag in einer Pressekonferenz.

Für die Renovierung - mit Erneuerung des Teppichs, der äußeren Dachhaut, der Lüftungs- und Elektroanlagen - würde ein einstelliger Millionenbetrag reichen, während für die Generalsanierung des Parlaments ein dreistelliger Betrag (um die 300 Millionen Euro) vorgesehen sei, betonte der frühere ÖVP-Bundesrat und Denkmalpfleger Georg Spiegelfeld.

Sitzungssaal des Nationalrats im Parlament

Parlamentsdirektion/Stefan Olah

Der Sitzungssaal wurde 1956 eröffnet

Gutachten belegt Bedeutung des Saals

In einem Gebäude mit so großer symbolischer und architekturgeschichtlicher Bedeutung dürfe man nicht „in der Ideologie der Ikea-Einrichtung alle fünf Jahre alles rausschmeißen und erneuern“, betonte Walter Lipp, Präsident des Österreichs-Komitees des UNESCO-Denkmalbeirates ICOMOS (International Council on Monuments and Sites). Die große Bedeutung des Plenarsaales belege ein von der Universität für angewandte Kunst 2010 erstelltes Gutachten - das aber erst Ende 2011 auf der Homepage des Parlaments veröffentlicht worden sei.

Der Architekturtheoretiker Jan Tabor unterstrich den hohen Wert des Plenarsaales, der nach einem Bombenschaden von den Architekten Fellerer und Wörle - mit Referenzen an den Parlamentserbauer Theophil Hansen - neu gestaltet wurde. Es handle sich um „ein Weltdenkmal“, das einzige noch ganz erhaltene Denkmal der Architektur der 50er Jahre in Österreich, das für die „pure Moderne“ und die „Befreiung von der Nazi-Ästhetik“ stehe.

Ganz anders beurteilte er den Entwurf des Linzer Architekturbüros Heidl für den Umbau: Mit dem weißen Anstrich für die Nussholztäfelungen sähe der Plenarsaal aus „wie ein beliebiger billiger Hörsaal in einer Fachschule für medizinische Geräte“, befand Tabor.

Noch kein Antrag beim Denkmalamt

Die Kritiker haben noch Hoffnung: Bis jetzt liege beim Denkmalamt noch kein Antrag des Parlaments auf Umgestaltung vor, obwohl die Ausschreibung für den Umbau des Sitzungssaales schon 2008 beendet wurde.

Außerdem sollte man doch erst die diskutierten Reformen - wie die Verkleinerung des Nationalrates - umsetzen, ehe man die Räume umbaue, empfahl Mayr, der Präsident des Expertennetzwerks docomomo_austria, das als offizieller Berater der UNESCO für Baudenkmäler der Moderne fungiert.

Ausschreibung für Generalplaner startet im Mai

Der Kritik der Architekturexperten an den Plänen für den Plenarsaal trat der ein Sprecher von Nationalratspräsidentin Barbara Prammer (SPÖ) entgegen: Ein wesentlicher Aspekt der Entscheidung für das Heidl-Projekt sei bei der Ausschreibung 2008 gewesen, dass dieses am behutsamsten mit dem bestehenden Saal umgehe.

Was genau die Sanierung von Plenarsaal und Parlament insgesamt bringen wird, wird erst Mitte 2013 feststehen. Denn die zweistufige EU-weite Ausschreibung wird bis Anfang 2013 laufen, Mitte 2013 soll die Entscheidung über den Generalplaner fallen. Kostenschätzung hat man schon: 260 Millionen Euro kosten demnach die notwendigen Sanierungsmaßnahmen, weitere 40 Millionen müsste man für „effizienzsteigernde Maßnahmen“ (etwa Ausbau der Dachräume für Büros) aufbringen.

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