Erich Lessing eröffnet Fotogalerie

Der weltbekannte österreichische Fotograf Erich Lessing wird am 13. Juli 89 Jahre alt. Ruhestand ist jedoch ein Fremdwort für ihn. Am Donnerstag eröffnete der Doyen der heimischen Fotografie in der Innenstadt seine eigene Galerie.

„Das Lokal ist wunderbar, es ist billig, nicht zu groß und liegt inmitten eines Kunst-Grätzels. Schon jetzt kommen ständig Interessierte und Freunde vorbei“, sagte der 88-Jährige im Vorfeld der Eröffnung. In der Weihburggasse 22, in unmittelbarer Nähe des jüngst eröffneten Photoinstituts Bonartes, hat Lessing ein ehemaliges Modegeschäft in die Fotogalerie Lessingimages.com umgestaltet. Hier wird er in kleinen Themenausstellungen Auszüge seines umfangreichen Schaffens präsentieren und zum Verkauf anbieten.

Zwar hat er dem Bildarchiv der Österreichischen Nationalbibliothek einen kompletten Satz seiner Farbfotografien geschenkt, „damit sie einmal gesichert sind“, und kündigte an, dass ein Satz seiner Schwarz-Weiß-Arbeiten spätestens nach seinem Tod folgen werde. Doch die Zehntausenden Aufnahmen aus 70 arbeitsreichen Jahren als Fotograf, die in über 60 Büchern und Ausstellungen in der ganzen Welt ihr Publikum gefunden haben, sollen nicht in Schachteln verstauben, sondern gesammelt werden, wünscht sich der Fotograf.

Fotograf Erich Lessing  eröffnet eigene Fotogalerie

APA/Herbert Neubauer

Lessing eröffnet mit 88 Jahren seine eigene Fotogalerie

Lessing: „Österreich ist kein visuelles Land“

Der Markt dafür sei allerdings „ganz schlecht“ (erst kürzlich hat die Wiener Fotogalerie Momentum geschlossen), denn „Österreich ist kein visuelles Land, eher ein musisches Land“ und Wien „die einzige Großstadt weltweit ohne eigenes Fotomuseum“, doch Lessing möchte den Versuch wagen: „Vielleicht gelingt es uns, junge Leute, die an der Fotografie interessiert sind, dafür zu begeistern, sich kleine Sammlungen anzulegen.“

Die Chancen dafür stehen gut: Denn Erich Lessing hat Etappen der Zeitgeschichte mit Bildern dokumentiert, die in die Geschichtsbücher eingegangen sind, hat als Mitglied der legendären Fotoagentur Magnum Standards in der Reportagefotografie gesetzt und unzählige Kunstwerke fotografiert. Seine Fotografien sind Moment gewordene Politik- und Kulturgeschichte - und sie werden erstaunlich günstig angeboten. Um die 320 Euro kosten sogenannte „Modern Prints“, ab 800 Euro „Vintage Prints“ von anno dazumal.

Fotograf Erich Lessing  eröffnet eigene Fotogalerie

APA/Herbert Neubauer

„Der Weg nach Golgotha“ als erste Ausstellung

Lessing kann sich zwar vorstellen, gelegentlich auch andere Fotoausstellungen zu zeigen, grundsätzlich möchte er sich aber auf eine wechselnde Auswahl seines Schaffens konzentrieren und aus einem spezifischen Zusammenspiel von Landschafts-, Architektur- und Kunstaufnahmen verschiedene Themen umreißen. Exemplarisch führt er das mit seiner Eröffnungsschau vor, die - zur Osterzeit passend - unter dem Titel „Der Weg nach Golgotha“ ins Heilige Land führt und Stationen aus dem Leben Jesu Christi zeigt.

TV-Hinweis

„Wien heute“ war bei der Eröffnung dabei. Den Beitrag sehen Sie am Donnerstag in „Wien heute“, 19.00 Uhr, ORF2.

„Die nächste Ausstellung wird ganz etwas anderes. Sie wird ‚The Girls of The Sixties‘ heißen und das Strandleben etwa aus Italien und Dänemark zeigen“, erzählt Lessing, und unter den buschigsten Augenbrauen seit Leonid Breschnew leuchten die Augen. Auch eine Staatsvertragsausstellung und eine Schau über den Ungarn-Aufstand 1956 ist für heuer noch geplant. Ebenfalls in diesem Jahr soll sein monumentaler Bildband „The Louvre: All the Paintings“ auf Deutsch erscheinen.

Fotograf Erich Lessing  eröffnet eigene Fotogalerie

APA/Herbert Neubauer

Lessing vor seiner neuen Galerie in der Weihburggasse

Attersee-Projekt fürs Klimt-Jahr

Auch von Gustav Klimt habe er sicher an die 100 Gemälde fotografiert, viele davon seit langem in Privatbesitz, sagt Lessing. Die können auf Verlangen aus dem Archiv geholt werden. Doch für das Klimt-Jahr hegt der Umtriebige ganz andere Pläne: Für das im Sommer eröffnende neue Klimt-Zentrum am Attersee möchte er versuchen, die spezifischen Bildwirkungen der Klimt’schen Landschaftsbilder fotografisch zu wiederholen. „Ob mir das gelingt, weiß ich noch nicht“, sagt er bescheiden. Doch eines ist klar: Der Mann liebt Herausforderungen. Und zeigt sich mit 88 Jahren jünger als viele aus der jungen Generation.

Link: