Kampf um Hofreitschule geht weiter

Dieser Tage treten 21 Lipizzaner der Spanischen Hofreitschule eine Tourneereise nach Paris an. Hinter den Kulissen geht der Streit weiter. Kritische Stimmen an Chefin Elisabeth Gürtler wollen trotz Erfolgsbilanz nicht verstummen.

Eventkultur statt Tradition, Zirkuskunst statt echter Reitkünste: Seitdem Elisabeth Gürtler im Jahr 2007 die Leitung der Spanischen Hofreitschule übernommen hat, ist sie laufend heftiger Kritik ausgesetzt. Diese kommt vor allem vom Verein „Freundeskreis der Spanischen Hofreitschule“, der 2010 gegründet wurde und zur „Rettung der Traditionsinstitution“ aufruft.

Lipizzaner bei einer Probe in der Hofreitschule

APA/Herbert Pfarrhofer

Die Vorwürfe wiegen schwer: Die Hofreitschule verkomme zu einer reinen touristischen Show. Das reiterische Niveau sei dramatisch gesunken. Durch den allumfassenden Kommerzialisierungsdruck würden Pferde und Bereiter ausgebeutet, die Leistungen seien zum Teil erbärmlich, so unter anderem der Sprecher des „Freundeskreises der Spanischen Hofreitschule“ Josef Offenmüller im ORF-Interview.

TV-Hinweis

Das Erlebnis Österreich widmete sich am Sonntag dem Thema „Misstöne im weißen Ballett - die Lipizzaner“, hier gibt es die Sendung zum Nachsehen.

Erstmals kein Minus in Bilanz

Fakt ist allerdings: Der Vertrag von Gürtler wurde im Juni 2012 um fünf weitere Jahre verlängert. Die über lange Zeit defizitär laufende Hofreitschule konnte 2011 erstmals eine ausgeglichene Bilanz vorlegen.

Insgesamt konnte die Hofreitschule im Vorjahr einen Gesamterlös von 10,2 Millionen Euro lukrieren. Davon brachten unter anderem Vorführungen, Morgenarbeit und geführte Rundgänge rund 6,04 Mio. Euro. Über das ebenfalls viel kritisierte Merchandising wurden 1,07 Mio. Euro eingenommen. Die Tourneen brachten 1 Mio. Euro. Eigenveranstaltungen wie unter anderem die „Fete Imperial“ brachten etwas mehr als 250.000 Euro Reinerlös - mehr dazu in Promis feierten „Fete Imperiale“.

Abseits der erfolgreichen Bilanz für 2011 will Gürtler aber auch den Vorwurf, wonach die Qualität der Vorführungen stark gesunken sei, nicht gelten lassen: „Ich glaube, beurteilen zu können, ob ein Pferd korrekt geht oder nicht. Dass ein Pferd einmal einen Fehler machen kann, ist selbstverständlich, Pferde sind keine Maschinen“, so Gürtler.

Eröffnung der "Fete Imperiale"

APA/Herbert P. Oczeret

Eröffnung der Fete Imperiale

Bereiterinnen seit 2008

Eine weitere einschneidende Neuerung gab es jedenfalls unter der Leitung von Gürtler: Seit 2008 werden erstmals in der 447-jährigen Geschichte des Hauses auch Frauen als Bereiterinnen aufgenommen. Doch auch diese Maßnahme wurde von Kritikern als „reine PR-Aktion“ bezeichnet.

Seit Mitte des Jahres leitet zudem ein neues Trio die Reit-Agenden. Die Aufteilung sieht folgendermaßen aus: Oberbereiter Wolfgang Eder und Oberbereiter Andreas Hausberger sind für die Qualität der Ausbildung von Reitern und Pferden verantwortlich, wobei Eder zum Ersten Oberbereiter ernannt wurde. Hausberger kümmert sich vor allem um die Weiterentwicklung des Ausbildungszentrums Heldenberg. Die administrativen Aufgaben übernahm der Bereiter Herwig Radnetter.

Auch diese Maßnahme stand im Kreuzfeuer der Kritik, die ausreichende Qualifikation mancher Bereiter wurde von den Kritikern bezweifelt. Gleichzeitig tobt immer noch ein Arbeitsrechtstreit mit dem seit 2009 dienstfreigestellten ehemaligen Ersten Oberbereiters Klaus Krzisch, der derzeit vor Gericht für seine Rückkehr an die Hofreitschule kämpft.

Aktuell auf Dienstreise nach Paris

21 Lipizzaner reisen unterdessen gerade nach Paris, wo sie vom 5. bis 7. Oktober ihr Können zeigen. Im Anschluss stehen weitere europäische Städte auf dem Programm. Eine Show im Ausland bedarf intensiver Vorarbeit: „Es wird eigentlich ein Jahr vorher schon vorbereitet“, so Oberstallmeister Johannes Hamminger. Denn immerhin wird mit ungefähr fünf Tonnen Gepäck gereist - angefangen von den Reituniformen der Bereiter über Sättel, Trensen, Kandaren und Goldzäume bis hin zur Ledernadel für Sattelreparaturen. Für jeden Hengst sind auch noch Decken, Bürsten und weitere Pflegeutensilien einzupacken.

Auf Tournee seit 1925

Die erste Tournee ins Ausland unternahm die Hofreitschule 1925 nach Berlin. Seither geht das Traditionsunternehmen regelmäßig auf Reisen. Im Vorjahr wurde aus der Tourneetätigkeit rund eine Million Euro lukriert.

Mitgenommen werden auch die Mahlzeiten der Tiere: „In Europa machen wir es so, dass wir das Futter für die erste Station meistens selber mitnehmen.“ Nach Paris sind das zum Beispiel jeweils 150 Kilogramm Hafer und Pellets sowie 450 Kilogramm Spezialmüsli. An die anderen Tour-Destinationen liefert eine Spedition das Futter aus Österreich. Grund für den Aufwand ist, dass die Gefahr von Verdauungsproblemen durch eine plötzliche Futterumstellung vermieden werden soll. Nur Heu, Stroh, Äpfel und Karotten werden lokal bezogen.

Die Hengste werden jeweils zu sechst mit dem Transporter befördert, der klimatisiert und videoüberwacht ist. Bei längeren Anreisen wird unterwegs übernachtet.

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