Uni Wien ehrt drei NS-Flüchtlinge

Die Universität Wien zeichnet am Dienstag die Wissenschaftler Walter Kohn, Alfred Robert Bader und Peter George Julius Pulzer mit Ehrendoktoraten aus. Alle drei sind gebürtige Wiener und mussten in ihrer Jugend vor dem NS-Regime flüchten.

Die Universität Wien zählt Bader, Kohn und Pulzer gemeinsam mit dem Chemiker und Entwickler der Antibabypille, Carl Djerassi, zu den „vier Weltstars der Wissenschaft“, die ihre Wurzeln in Wien haben und aufgrund ihrer jüdischen Herkunft 1938/39 von dort vertrieben wurden. Djerassi wurde bereits vergangenen Juni zum Ehrendoktor der Universität Wien ernannt - mehr dazu in „Mutter der Pille“ ist Ehrendoktor der Uni Wien.

Walter Kohn bei einem APA-Interview im Jahr 2007 in Santa Barbara, Kalifornien

APA/Christian Mueller

Walter Kohn erhielt 1998 den Nobelpreis

Mit Kohn wird am Dienstag auch ein Nobelpreisträger mit dem Ehrendoktorat gewürdigt. Gemeinsam mit John A. Pople erhielt er 1998 für die Entwicklung der Dichtefunktionaltheorie den Chemienobelpreis. Kohn wurde 1923 in Wien geboren. Mit einem Kindertransport kam er nach Großbritannien und wurde von dort als „Enemy Alien“ nach Kanada gebracht. Zwei Jahre später kämpfte er für Kanada mit den Allierten.

Kohn studierte Mathematik und Physik, 1948 wurde er in Harvard promoviert. 1959 veröffentlichte er seine Entdeckung zur Kohn-Anomalie. 1979 wurde er Professor an der University of California, Santa Barbara, wo er auch emeritierte. 2011 wurde Kohn Ehrenmitglied der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW).

Flucht nach Großbritannien

Bader wurde 1924 in Wien geboren. Ende 1938 floh er mit einem Kindertransport nach Großbritannien und kam als „Enemy Alien“ in ein kanadisches Kriegsgefangenenlager. 1941 begann er an der Queen’s University in Kingston (Kanada) das Studium der Technischen Chemie und machte 1950 in Harvard sein Doktorat.

Er war Gründer und Präsident der Firma Sigma-Aldrich, eines der weltweit größten Produzenten von Forschungschemikalien. Als Kunstsammler und Mäzen finanziert er zusammen mit seiner Frau Isabel Projekte aus Kunst und Naturwissenschaften. Mit seiner Unterstützung wurde an der ÖAW der Ignaz-L.-Lieben-Preis wiedereingerichtet.

Pulzer wurde 1929 in Wien geboren und floh 1939 mit seiner Familie nach Großbritannien. Er studierte an der Universität Cambridge Geschichte und wurde 1960 promoviert. Im Jahr 1964 erschien sein Standardwerk der Antisemitismusforschung, „The Rise of Political Anti-Semitism in Germany and Austria“. 1985 wurde Pulzer an die Universität von Oxford berufen, wo er auch emeritierte. Pulzer ist Vorsitzender des Leo-Baeck-Instituts in London, einer Forschungsstätte für die Geschichte und Kultur des deutschsprachigen Judentums.

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