Elsner über BAWAG-Urteil schockiert

Ex-BAWAG-Generaldirektor Helmut Elsner hat sich vom im zweiten BAWAG-Prozess gefällten Urteil schockiert gezeigt. Der Freispruch Wolfgang Flöttls sei ein „Skandal“, so seine Ehefrau Ruth Elsner.

„Wir beide sind schockiert über den Umstand, dass nicht aufgeklärt wurde, dass auch der zweite Rechtsgang in der Form völlig mangelhaft geblieben ist und wir alle nicht wissen, was tatsächlich mit den Geldern passiert ist, was tatsächlich Flöttl gemacht hat“, so Elsners Anwalt Andreas Stranzinger: „Dieses Ergebnis schreit nach einer Wiederaufnahme.“

„Keine subjektive Tatseite“

Das, was vom Richter gesagt wurde, müsse auch für Elsner, Johann Zwettler und Peter Nakowitz gelten - mehr dazu in BAWAG-Prozess: Freispruch für Flöttl. „Elsner sagt ganz klar, wenn es die anderen nicht wussten oder nicht wissen konnten, was passiert ist, und den anderen auch keine subjektive Tatseite unterstellt werden kann, dann hat er auch keine subjektive Tatseite“, so Stranzinger.

„Wenn Flöttl nicht wusste, was mit dem Geld passierte, wenn Flöttl nicht wusste, wie riskant die getätigten Investitionen sind, er als Experte und als Investmentbanker, wie sollte es Elsner wissen?“ Insofern komme auch Elsner nach diesem Urteil die fehlende subjektive Tatseite zugute und müsste auch bei Elsner mit Freispruch vorgegangen werden, so Stranzinger.

Helmut Elsner vor einer Verhandlung beim Obersten Gerichtshof im Dezember 2010

APA/Georg Hochmuth

Helmut Elsner bei einem Prozesstermin im Rechtsmittelverfahren 2010

Über den tatsächlichen Verbleib der verspekulierten BAWAG-Gelder habe sich keiner gekümmert, offensichtlich interessiere das auch keinen, zumindest bis dato. „Wir werden weiterkämpfen, wir werden die Möglichkeit der Wiederaufnahme ergreifen“, kündigte Stranzinger an.

Anwalt: „Wir wissen nicht, was passiert ist“

„Das Publikum hat die Entscheidung heute mit Kopfschütteln zur Kenntnis genommen“, nicht weil die Freisprüche kritisiert worden seien, „sondern weil wir alle jetzt nicht schlauer sind als vor zwei Jahren“, meint der Anwalt. „Aufklärung ist nicht passiert, wir wissen in Wahrheit nicht, was passiert ist“, so Stranzinger.

Was bleibe, sei eine Enttäuschung, dass es sich die Strafverfolgungsbehörden wieder einmal leicht gemacht hätten, den Sachverhalt nur marginal aufgeklärt hätten und letztlich die Unstimmigkeiten und Ungereimtheiten wie beim ersten Rechtsgang blieben. „Der Richter hat es sich einfach gemacht, warum soll ich noch groß die Wahrheit erforschen, ich verlese, was im ersten Rechtsgang passiert ist“, so Stranzinger. Der Staatsanwältin warf er vor, diese Änderung nicht bewirkt zu haben. „Die Erforschung der materiellen Wahrheit ist heute nicht passiert.“

„Bedienungsanleitung für Vorstände“

Das Urteil könnte laut Stranzinger auch ein „beängstigendes Präjudiz“ für die Zukunft darstellen: „Dieses Urteil ist eine Bedienungsanleitung für sämtliche Vorstände und Aufsichtsräte in Österreich, die kommen locker bei jedem Strafrichter vorbei, wenn ein Untreueverdacht im Raum steht, wenn sie sagen: Mangels Sach- und Fachwissen kann ich das nicht beurteilen, deshalb trifft mich auch keine subjektive Tatseite“, so der Elsner-Anwalt.

Der Richter habe sich bei Elsner, Zwettler und Nakowitz streng an die Vorgaben des OGH gehalten und dann „die interessante Differenzierung durchgeführt: Die sind schuldig, die anderen sind es nicht, weil keine subjektive Tatseite nachzuweisen“ sei - mehr dazu in news.ORF.at.

Ruth Elsner

APA/Georg Hochmuth

Ruth Elsner versteht den Flöttl-Freispruch nicht

Ruth Elsner: „Mein Mann bleibt kämpferisch“

Kritik kommt auch von Elsners Ehefrau Ruth. „Der Verbleib des Geldes ist nach wie vor unbeantwortet“, schloss sie sich der Meinung des Anwalts an. Der Freispruch für Flöttl sei „ein Skandal, unfassbar“, sagte sie. Ihr Mann habe gemeint, der Freispruch sei „zu befürchten“ gewesen. Er bleibe aber kämpferisch und wolle weiter beweisen, dass Flöttl die BAWAG betrogen habe und die BAWAG-Millionen nicht verspekuliert worden seien, betonte sie. Die Freisprüche für die Ex-Banker begrüßte sie: „Elsners frühere Vorstandskollegen gehören freigesprochen - wie mein Mann.“

Helmut Elsner halte sich in Bayern auf und unterziehe sich dort einer Cortison-Behandlung. Derzeit befinde er sich nicht im Spital, müsse aber nach den Feiertagen wieder zu Untersuchungen ins Krankenhaus. Der 77-Jährige sei „chronisch krank“, so seine Gattin. Soweit ihm sein schlechter Gesundheitszustand das erlaube, werde er weiter für Aufklärung kämpfen.

Elsner nicht vor Gericht erschienen

Elsner war im zweiten Verfahren nur wegen einer Subsidiarklage der BAWAG wieder angeklagt, hatte sich jedoch bisher dem Verfahren entzogen und ist trotz zahlreicher Ladungen nie erschienen. Elsners Anwälte verweisen auf Privatgutachten, die Elsner Verhandlungsunfähigkeit und ein Herzinfarktrisiko bei einer Prozessteilnahme bescheinigen - laut Gerichtsgutachter Günter Steurer ist Elsner jedoch verhandlungsfähig.

Am Freitag wurde das Elsner-Verfahren vom allgemeinen Verfahren ausgeschieden. Theoretisch kann das Verfahren gegen Elsner noch weitergehen - falls das Gericht je mit einer Ladung erfolgreich ist.