Schadenfreude bei Opposition

Schadenfreude bei ÖVP und FPÖ über das vorläufige Ergebnis der Volksbefragung: Von einem Bauchfleck" von Bürgermeister Häupl (SPÖ) und einem „Ablenkungsmanöver“ ist die Rede. Der Politologe Peter Filzmaier kritisierte die Fragestellungen.

Der Wiener ÖVP-Chef Manfred Juraczka

ORF

ÖVP-Chef kritisierte Fragestellung

Die Volkspartei freute sich, dass immerhin 21,9 Prozent der Wähler ihrer Aufforderung gefolgt seien, die Frage zum Parkpickerl nicht bzw. ungültig zu beantworten und ortete eine „halbwegs vernünftige Beteiligung“ - trotz der seltsamen Fragestellung, so Landesparteichef Manfred Juraczka.

Die Mehrheit für den Verbleib der Entscheidungsgewalt in Sachen Parkraumregelung bei den Bezirken sei ein „Armutszeugnis für Vizebürgermeisterin Vassilakou, die Wiener haben entschieden, dass die Verkehrsstadträtin in Verkehrsfragen keine Kompetenz haben soll“, sagte Juraczka.

ÖVP kritisiert vertane Chance

Dem klaren Nein zur Olympiabewerbung entnahm Juraczka, dass die Wiener durchschaut hätten, dass diese Frage als „Ablenkungsmanöver“ missbraucht worden sei. Wobei: Das Votum sei auch eine vertane Chance, bei besserer Vorbereitung wäre eine differenziertere Betrachtung der Vor- und Nachteile möglich gewesen.

Wenig überraschend ist für die ÖVP das Ja zum Privatisierungsschutz und zu den Ökoprojekten, wobei bei Letzteren die Formulierung der Frage kritisiert wurde: Diese habe die Menschen verunsichert, was eigentlich gemeint gewesen sei.

FPÖ über Kosten empört

Die FPÖ kritisierte vor allem auch die Kosten der Volksbefragung: „Sieben Millionen Euro war Häupl & Co. die Frotzelei der Wiener wert“, hieß es in einer Aussendung anlässlich einer Pressekonferenz. „Das sind bei 337.834 Teilnehmer mehr als 20 Euro pro Stimme“, rechnete FPÖ-Klubchef Johann Gudenus vor, „aber dafür hat Rot-Grün den Heizkostenzuschuss, der insgesamt sechs Millionen gekostet hat, gestrichen.“

FPÖ-Klubchef Johann Gudenus

ORF

FPÖ-Klubchef kritisierte Kosten

Die Ergebnisse der Befragung seien eindeutig gegen die SPÖ gerichtet, glauben die Freiheitlichen zu wissen: „Häupls völlig unfinanzierbares Protz-Projekt Olympische Sommerspiele ist bei den Bürgern glatt durchgefallen. Auch in Sachen Privatisierung haben die Wienerinnen und Wiener mit der SPÖ, die ja schon alles privatisiert hat, was es zu privatisieren gab, Klartext gesprochen.“

Die FPÖ werde in der nächsten Gemeinderatssitzung Anträge einbringen, um ausgelagerte Bereiche, etwa Sozialwesen, Gesundheit oder Jugendbetreuung, wieder in den Magistrat einzugliedern, wurde heute angekündigt.

Filzmaier: „Fragestellung suggestiv“

Der Politologe Peter Filzmaier kritisierte in einem „Wien heute“-Interview die Art der Fragestellung bei der Volksbefragung: „Die Fragestellung war schlicht und einfach suggestiv - soll man sie vor einer Gefahr schützen wie bei der sogenannten Wasserfrage - das geht einfach nicht.“

Politologe Peter Filzmaier im Wien heute-Studio

ORF

Peter Filzmaier

Von den Ergebnissen zeigte er sich nicht überrascht, vor allem da bei etwa bei der Parkpickerl-Frage bestehende Zustände bestätigt wurden. Auch das Nein zu einer möglichen Bewerbung für die olympischen Spiele 2028 kam für Filzmaier nicht unerwartet: „Wirklich seriöse Informationen über die Konsequenzen einer Bewerbung für Wirtschaft, Verkehr oder Infrastruktur gab es nicht, da wird im Zweifelsfall natürlich mit Nein entschieden.“

Die Wahlbeteiligung bezeichnete Filzmaier als „akzeptabel, aber mit zwei Schönheitsfehlern“. Der kleinere Schönheitsfehler sei die Verteilung der Beteiligung: „In den einzelnen Bezirken gab es Unterschiede zwischen 25 und 40 Prozent, da wünscht man sich natürlich eine gleichmäßigere Verteilung.“ Als zweiten Schönheitsfehler nannte der Politologe die hohe Zahl an ungültigen Stimmen im zweistelligen Prozentbereich: „Bei anderen Wahlen gibt es nur ein bis zwei Prozent ungültige Stimmen.“

ÖAMTC will weiter Zonenmodell

Der ÖAMTC wiederholte in einer Aussendung seine Forderung in Sachen Parkraumregelung nach einem Zonenmodell mit gestaffelten Gebühren. Noch sei nämlich das letzte Wort nicht gesprochen: „Denn die Wiener haben nicht darüber entschieden, ob, wo, wann und in welcher Form sie eine Parkraumbewirtschaftung wollen“, erinnerte Bernhard Wiesinger, Leiter der ÖAMTC-Interessenvertretung.

Vielmehr seien die Wähler lediglich gefragt worden, wer über die Parkraumregelung entscheiden soll: „Das ist den Autofahrern - mit Verlaub - herzlich egal. Sie interessiert, wie viel sie wo zahlen sollen und wie lange sie parken dürfen.“

Parken: Wiener für Bezirksregelung

Die Wiener sprachen sich bei der Volksbefragung mit großer Mehrheit gegen eine Olympiabewerbung aus. 72 Prozent stimmten demnach gegen eine Bewerbung für die Olympischen Sommerspiele 2028. Eine deutliche Mehrheit will also nicht, dass Wien Olympiastadt wird - mehr dazu in Olympia in Wien fällt ins Wasser (sport.ORF.at).

Beim Parkpickerl sollen die Bezirke das letzte Wort haben. Dafür sprachen sich knapp 62,5 Prozent aus. Wie erwartet sprachen sich die Wienerinnen und Wiener zudem mit 87 Prozent klar dafür aus, dass sich die Stadt gegen die Privatisierung kommunaler Dienstleistungen starkmachen soll. Auch die Umsetzung umweltfreundlicher Energieprojekte nach Vorbild der Bürger-Solarkraftwerke fand mit 66 Prozent Zustimmung - mehr dazu in Parken: Wiener für Bezirksregelung.

Häupl machte am Dienstag keinen Hehl aus seiner Enttäuschung über die Olympiaabsage bei der Volksbefragung. Das Stadtoberhaupt kündigte allerdings an, die städtische Infrastruktur für den Breitensport ausbauen zu wollen. Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou (Grüne) sah keine Niederlage in ihrer Politik. Bis Sommer will sie einen Vorschlag für ein neues Tarifsystem zur Abstimmung im Gemeinderat vorlegen - mehr dazu in Häupl: „Schade, aber ist so“.

Link: