Vatertag: Karenz noch immer selten

In Wien bezogen im heurigen März 2.144 Männer Kinderbetreuungsgeld. Im Gegensatz dazu bekommen 25.305 Frauen die finanzielle Unterstützung. Noch immer ist der „Papamonat“ und die Väterkarenz eine Seltenheit.

Acht Frauen und ein Mann sitzen auf bunten Kinderstühlen, die Knie fast auf Schulterhöhe um einen Klapptisch. Auf dem Schoß oder unmittelbar neben sich auf dem Boden sitzen ihre Kinder - es ist Jausenzeit in der Spielgruppe „Kind und Kegel“ im zweiten Bezirk. Karla, ein 14 Monate altes Mädchen schaut mit großen Augen in die Runde. Sie ist das einzige Kind, das von seinem Papa begleitet wird. „Karla ist im Gegensatz zu mir schon Spielgruppenerfahren“, sagt Alexander Bellos, Karlas Papa.

Karenz Frage des Arbeitgebers

Der Mittdreißiger ist seit kurzem und noch bis Ende des Jahres in Karenz, seine Partnerin arbeitet wieder. Eine Art Auszeit auch für sich hatte er gewittert. Dieser Plan sei aber nicht aufgegangen. Denn die Betreuung eines Kleinkindes sei wesentlich anstrengender als erwartet, missen wolle er die Zeit aber auf gar keinen Fall. Für seinen Arbeitgeber, die Stadt Wien, war sein Karenzantrag kein Problem: „Ich habe meinen Wunschtermin bekannt gegeben, von wann bis wann ich das gerne machen würde und das ist auch so bewilligt worden“, sagt Bellos.

Das ist keine Selbstverständlichkeit. Vielen Vätern, vor allem in der Privatwirtschaft, würde der Wunsch nach einer mehrmonatigen Karenz, um bei der Betreuung ihres Säuglings ihren Teil zu übernehmen, schlicht nicht ermöglicht. Die gesellschaftspolitische Realität diesbezüglich hätte sich zwar schon geändert und auch die klare Rollenaufteilung zwischen Männern und Frauen sei längst aufgebrochen, sagt Johannes Schneider, Chef der Firma Webduction und Herausgeber des Väter-Leitfadens „Hurra, ich werde Vater!“.

Dennoch würden viele Arbeitgeber nachhinken. Auch der Wille vieler Männer sich verstärkt auch um den Part der Kinderbetreuung zu kümmern, sei noch wenig verbreitet. Nicht nur das Berufliche solle geteilt werden, sondern auch der Haushalt und die Kinderbetreuung: „Es ist nicht nur fair, dass man sich gemeinsam um die Kinder auch schon in einem sehr jungen Stadium kümmert, sondern macht ja auch Spaß“, sagt Schneider.

Wenige Väter in Karenz

In der Spielgruppe von „Kind und Kegel“ sind mittlerweile die Breis gelöffelt und die Schnabeltassen geleert. Die acht Frauen und Alexander Bellos nehmen sich bunte Flanelldecken zur Hand - jetzt wird „Zug gefahren“. Auf die Frage, ob denn die Väter ihrer Kinder zeitweise in Karenz gingen, schütteln die weiblichen Spielgruppenteilnehmer die Köpfe und werfen einander verstohlen Blicke zu.

Wenn ein Mann bei den Spielgruppen erscheint, werden die anwesenden Frauen von der Gruppenleiterin gebeten, ihm keine besondere Aufmerksamkeit zu schenken, ihn nicht wie einen Exoten zu behandeln.

2.144 Männer beziehen Kinderbetreuungsgeld

Im März 2013 haben in Wien nur 2.144 Männer im Vergleich zu 25.305 Frauen Kinderbetreuungsgeld bezogen. Daraus lässt sich zwar nicht klar ablesen, wie viele Väter tatsächlich zu Hause bei ihren Kindern bleiben, aber die Zahl gibt Aufschluss über einen Teil der offiziell beantragten Väterkarenzen.

Diese will auch Johannes Schneider mit der Entwicklung eines Leitfadens für werdende Väter propagieren. Der Leitfaden ist als App, online und auf DVD beim Broschüren-Service des Sozialministeriums erhältlich. In kurzen Videos zeigt ein junger Vater, wie man mit einem Säugling umgehen sollte, gibt Tipps und warnt auch davor, wie etwas nicht gemacht werden darf.

Väter-Leitfaden als Vorbild

Was die Säuglingspflege angehe, sei die Informationen grundsätzlich geschlechtsunabhängig und würde sich für werdende Eltern nicht unterscheiden. „Es macht aber einen Unterschied, wenn man von seinesgleichen angesprochen wird“, sagt Schneider zur Entscheidung in dem Leitfaden einen Mann als Navigator fungieren zu lassen. Er wird von Vätern für Väter gemacht, um so die Vorbildwirkung zu nutzen.

Mehrere 100.000 Stück seien bereits verteilt worden. „Sehr viele Mütter und Großmütter bestellen den Leitfaden für die werdenden Väter in ihrem Umfeld“, sagt Schneider. Denn werdenden Müttern sehe man diese Eigenschaft an, werdende Väter seien schwerer erreichbar.

Nach drei Stunden Dauerspielen in der Gruppe sind Vater und Kind ziemlich erledigt. „Sobald die Kleine im Kinderwagen liegt und ich bei der Tür raus bin, schläft sie“, sagt Alexander Bellos fast ein wenig erleichtert. Zum Vatertag habe er keine Wünsche - „Ich bin jeden Tag Vater“.

Stefanie Leodolter, wien.ORF.at

Links: