Abschied von Luc Bondy

„Ich habe das Gefühl, dass ich ein bisschen zu lange hier war“, zog Luc Bondy kürzlich Bilanz seines 13-jährigen Engagements bei den Wiener Festwochen. In dieser Zeit wurden ihm nicht nur Rosen gestreut - ein Rückblick einer langen Festwochenkarriere.

Im März 1996 war es, als Wiens Kulturstadträtin und Festwochen-Präsidentin Ursula Pasterk (SPÖ) von dem „geglückten Fang“ des damals 47-jährigen „Weltregisseurs“ und „internationalen Theaterzauberers“ Luc Bondy berichtete.

Internationalisierung der Festwochen

Mit dem feinnervigen, frankophilen Schweizer, der die Berliner Schaubühne ein paar Jahre mitgeprägt, bei den Salzburger Festspielen und den Wiener Festwochen viel besprochene Inszenierungen gezeigt und die Österreicher mit seiner Affinität zu Mozart, Schnitzler und Handke begeistert hatte, wollte man auch die „Exportfähigkeit“ des Festivals weiter ausbauen - Luc Bondys letzte Festwochen.

Festwochen-Eröffnung auf dem Rathausplatz

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Eröffnung der Wiener Festwochen am Rathausplatz

Eine fremdsprachige Koproduktion mit internationalen Stars und eine in Wien erarbeitete Inszenierung - das war das Rezept, mit dem Bondy nahezu Jahr für Jahr die Festwochen prägte - mehr dazu in Festwochen: Kurzes „Adieu“ von Bondy.

Internationales Flair und die kontinuierliche Regiehandschrift eines der größten Theatertalente seiner Generation wollte man von Luc Bondy - und das hat er den Wienern auch geboten. Dabei konnte man Bondy anfangs durchaus als Festwochen-Revoluzzer missverstehen.

Verlorene Contenance

Bereits bei der Vorstellung seines ersten Programmes 1998 verließ ihn bald die Contenance. Als nicht nur zeitgenössische Literatur, sondern auch eine Würdigung des damaligen Lehar-Jahres vermisst wurde, tönte er verärgert: „Die Diskussion kriegt einen chauvinistischen Anklang.“

Im Jänner 2000 gab Bondy in den Verhandlungen mit Kulturstadtrat Peter Marboe (ÖVP) seine Vorbehalte auf. Er wurde als Allein-Intendant für 2002 bis 2004 bestellt und musste sich davor „mehrmals im Bett wälzen. Es ist schwer, so etwas zu entscheiden, wo die Lebens- und Empfindungsumstellung sehr groß ist.“

Bondy bei der Pressekonferenz

APA/Roland Schlager

Dass Bondy seinen Wiener Job und seine kämpferische Ansage zum Thema Xenophobie („Wir müssen Haltung beziehen und nicht die Sachen geschehen lassen“) im Umfeld von Anti-Schwarz-Blau-Demos ernst nahm, zeigte sich bei Christoph Schlingensiefs Container-Aktion „Bitte liebt Österreich - erste europäische Koalitionswoche“, die zu einem der größten Festwochen-Aufreger überhaupt wurde.

Wien „geistiges und kulturelles Zentrum Europas“

2002 verlängerte Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny (SPÖ) Bondys Vertrag bis 2007: „Er hat Impulse nicht nur bei den Wiener Festwochen, sondern innerhalb der gesamten Wiener Theaterlandschaft gesetzt.“ Wien sei für Bondy „geistiges und kulturelles Zentrum Europas, gleichzeitig ist er gleichsam Garant oder Kristallisationspunkt genau dafür.“

Ein Jahr darauf griff der Intendant angesichts der Streichung der Bundessubventionen durch die schwarz-blaue Regierung zu martialischen Tönen: „Wir befinden uns in einem Kulturkrieg mit der Regierung!“ Auf diese von der Regierung ausgehende „Politisierung“ wolle man mit einer „Repolitisierung“ antworten.

Vorwürfe gegen Bondy

„Ich hatte noch nie so viele Feinde, seit ich diesen Job mache“, bekannte Bondy 2004. Unter anderen war immer wieder Kritik laut geworden, dass der Intendant, dessen Jahresgehalt um die 200.000 Euro brutto gelegen haben dürfte, relativ selten in Wien anwesend sei. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass man internationale Festwochen vorbereitet, indem man nur in Wien ist“, erwiderte Bondy.

Im Kulturamt verhandelte man Ende 2004 mit Martin Kusej über die Bondy-Nachfolge, ließ es dann bleiben und verärgerte beide, den Doch-Nicht- und den Doch-Noch-Intendanten, der verschnupft reagierte und die Vorgangsweise als „enorm beschädigend“ qualifizierte, sich dennoch weitere zwei Male (2005 für eine Verlängerung bis 2010 und 2008 für bis 2013) für Vertragsverlängerungen bereit erklärte.

Luc Bondy mit Schauspieldirektorin Stefanie Carp

APA/Helmut Fohringer

Luc Bondy mit Schauspieldirektorin Stefanie Carp

Selbstkritik des Intendanten

„Wenn man zu lange an einem Ort arbeitet, dann kümmert man sich nicht mehr richtig“, gab sich Bondy im „Spiegel“ selbstkritisch. „Es wäre schöner gewesen, wenn wir - inklusive Musikdirektor und Geschäftsführer - produktiver zusammengearbeitet hätten“, ließ Stefanie Carp, Schauspieldirektorin der Festwochen, jüngst in ihrem bitteren „profil“-Abschiedsinterview verlauten. „Sollte wohl nicht sein.“

Als Reaktion auf die Langzeit-Intendanz hat man bei den Wiener Festwochen dem Nachfolger einen Drei-Jahres-Vertrag ohne Option auf Verlängerung gegeben. Dass ausgerechnet diese unübliche Vorgangsweise Markus Hinterhäuser die Chance eröffnen wird, sich für die Intendanz der Salzburger Festspiele zu bewerben, mutet wie ein Treppenwitz an. Und bedeutet die Notwendigkeit, dass man sich bereits im kommenden Jahr über den Nach-Nachfolger Luc Bondys den Kopf zu zerbrechen hat.

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