Ehrenzeichen an Regisseur Ulrich Seidl

Filmemacher Ulrich Seidl hat am Donnerstag im Rathaus das „Goldene Ehrenzeichen für Verdienste um das Land Wien“ erhalten. Michael Haneke und Gerhard Rühm wurden neue Mitglieder in der Kunst-Kurie.

Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny (SPÖ) würdigte die Filmsprache des Regisseurs, Drehbuchautors und Produzenten Seidl als „originär, eigenständig und authentisch“. Der Geehrte selbst spielte in seiner Dankesrede die unterschiedlichen Gefühle von Freude bis Depression, die die Verleihung bei ihm auslösten, durch.

„Bilder, die weltweit verstanden werden“

Der österreichische Film ist laut Mailath-Pokorny „in der Mitte der österreichischen Gesellschaft angekommen. Ein Fortschritt, der naturgemäß mit den Akteuren zu tun hat, den Regisseuren, Produzenten und Schauspieltalenten“, so der Kulturstadtrat laut Aussendung.

In Bezug auf Ulrich Seidls Schaffen würdigte er die von ihm geschaffenen Bilder, „die in unseren Köpfen bleiben, Bilder, die polarisieren, Bilder, die weltweit verstanden werden.“

Zahlreiche Kollegen bei Ehrung dabei

Während Grissemann in seiner Laudatio von einem gemeinsamen Abendessen mit Ulrich Seidl in Mombasa erzählte, erinnerte sich Kollege Dirk Stermann, der eine kleine Rolle in Seidls „Hundstage“ spielte, an seine Erlebnisse während der Dreharbeiten und stellte schlussendlich fest: „Dass ich jahrelang dachte, Maria Hofstätter sei verrückt, dafür möchte ich Ulrich Seidl danken.“

Unter den Gästen fanden sich auch Kollegen und Weggefährten wie Michael Haneke mit Ehefrau Susanne, Regisseur Michael Glawogger sowie die Schauspielerinnen Maria Hofstätter und Margarethe Tiesel.

Seidl 1962 in Wien geboren

Ulrich Seidl wurde 1952 in Wien geboren und studierte Publizistik, Theaterwissenschaft und Kunstgeschichte. Erst mit 26 Jahren entschloss er sich, die Filmakademie zu besuchen, die er nach seinem Debüt „Einsvierzig“ (1980) und dem umstrittenen Film „Der Ball“ (1982) frühzeitig wieder verließ. Bekannt wurde Seidl 1990 durch „Good News“, einen Film über die Lebens- und Arbeitsbedingungen von Wiener Zeitungskolporteuren.

Es folgten „Mit Verlust ist zu rechnen“ (1992), ein Film über österreichisch-tschechische Grenzbegegnungen, sowie „Die letzten Männer“ (1994), in dem er sich mit der Vorliebe österreichischer Männer für asiatische Ehefrauen auseinander setzt.

Zuletzt Paradies-Trilogie in Kinos zu sehen

Mit der Semidokumentation „Models“ (1998) über das Leben des Modeldaseins wagte Seidl erstmals den Schritt in eine neue Richtung, weg vom reinen Dokumentarfilm hin zum Spielfilm. Sein erster Spielfilm „Hundstage“ markierte eine bedeutende Weiterführung dieser Idee und kam zu internationalen Ehren: Mit „Hundstage“ gewann Seidl 2001 den Großen Preis der Jury bei den 58. Filmfestspielen in Venedig.

Es folgten preisgekrönte Streifen wie der Dokumentarfilm „Jesus, Du weißt“ (2003), das 2007 in Cannes uraufgeführte „Import Export“ sowie zuletzt seine „Paradies“-Trilogie, die jeweils auf einem internationalen A-Festival präsentiert wurde: „Paradies: Liebe“ ( 2012 in Cannes), „Paradies: Glaube“ (2012 in Venedig) sowie „Paradies: Hoffnung“ (2013 auf der Berlinale).

Haneke und Rühm neue Mitglieder in der Kunst-Kurie

Der Regisseur Michael Haneke (71) und der Universalkünstler Gerhard Rühm (83) wurden am Donnerstagabend mit der Verleihung des Österreichischen Ehrenzeichens für Wissenschaft und Kunst durch Bundespräsident Heinz Fischer in die Österreichischen Kurien für Wissenschaft und Kunst aufgenommen. Die beiden komplettieren damit die insgesamt je 18 inländische und ausländische Mitglieder umfassende Kunst-Kurie.

Das „Österreichische Ehrenzeichen für Wissenschaft und Kunst“ wird an Wissenschafter und Künstler verliehen, „die sich durch besonders hochstehende schöpferische Leistungen auf dem Gebiet der Wissenschaft und der Kunst allgemeine Anerkennung und einen hervorragenden Namen erworben haben“.

Verstorbene Künstler „ersetzt“

Insgesamt dürfen maximal 36 österreichische Staatsbürger - je 18 auf dem Gebiet der Wissenschaft und der Kunst - und 36 Ausländer Besitzer des Ehrenzeichens sein. Die Ordensträger bilden je eine Kurie für Wissenschaft und für Kunst. Für neue Mitglieder gilt das Prinzip der Selbstergänzung: Neue Träger des Ehrenzeichens werden von den jeweiligen Kurien gewählt. Zuletzt waren die Künstler Markus Prachensky (2011) und Franz West (2012) gestorben.

Haneke (geboren am 23. März 1942) gewann heuer mit seinem Liebes-und Sterbedrama „Amour“ den Auslands-Oscar. Davor hatte er bei den Filmfestspielen in Cannes für die Jelinek-Verfilmung „Die Klavierspielerin“ den Großen Preis der Jury (2001), für „Cache“ 2005 den Regiepreis und für „Das weiße Band“ (2009) und „Amour“ (2012) zwei Goldene Palmen eingestreift sowie für „Das weiße Band“ und „Amour“ Golden Globes erhalten. Neben seiner Kinoarbeit inszeniert Haneke auch Opern - zuletzt war in Madrid seine „Cosi“-Inszenierung erfolgreich.

Rühm (geboren am 12. Februar 1930) wirkt als Komponist und Interpret, Dichter und bildender Künstler. Als Mitbegründer der „Wiener Gruppe“ trug der gelernte Musiker mit seinen radikalen Sprachexperimenten zu den wichtigsten literarischen Entwicklungen der Nachkriegszeit bei. Als Künstler war er zweimal auf der documenta in Kassel (1977 und 1987) sowie bei der Biennale in Venedig vertreten.

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