Stadtsaal: „Deutscher Humor beliebt in Wien“

Der Wiener Stadtsaal feiert seinen 3. Geburtstag. Im Gespräch mit wien.ORF.at erzählt Stadtsaal- und Niedermair-Chef Andreas Fuderer, warum Kabarett nicht krisensicher ist und deutsche Kabarettisten in Wien immer beliebter werden.

Im Dezember 2010 wurde die größte Kleinkunstbühne Wiens, der „Stadtsaal“, in einem ehemaligen Hotel-Ballsaal in der Mariahilfer Straße bezogen. Zu Jahresbeginn 2011 eröffneten Kabarett-Niedermair-Chef Andreas Fuderer und Kulisse-Gründer Fritz Aumayr die Bühne mit einem großen Fest. Im Interview mit wien.ORF.at zieht Andreas Fuderer nach drei Jahren Stadtsaal eine erste Bilanz – mehr dazu in Neue Kabarettbühne für Wien (wien.ORF.at; 8.11.2010).

wien.ORF.at: Der Stadtsaal hat im Jänner seinen 3. Geburtstag. Warum wird nicht gefeiert?

Andreas Fuderer: Wir haben den ersten Geburtstag mit einem großen Fest gefeiert, bei dem der Hot Pants Road Club recht laut gespielt hat. Daraufhin sind die ersten Nachbarschaftsbeschwerden aufgekommen. Runde Geburtstage werden wir wahrscheinlich wieder feiern, den fünften oder spätestens den zehnten, wenn es uns so lange gibt.

Andreas Fuderer

Stadtsaal

Andreas Fuderer fördert im Stadtsaal neben Kabarett auch das Wienerlied

wien.ORF.at: Gäbe es einen Grund zu feiern?

Fuderer: Wir hätten jeden Grund zu feiern. Wir haben uns in relativ kurzer Zeit ganz gut in Wien einen fixen Standort geschaffen, wo fast alle Künstler sehr gerne spielen und wo sehr viel Publikum sehr gerne hinkommt. Wir kriegen viel Lob von allen Seiten. Es ist noch dazu wirtschaftlich so, dass es gut trägt und dass wir die Schulden, die wir gemacht haben, fristgerecht zurückzahlen.

wien.ORF.at: Wie ist die wirtschaftliche Lage im Stadtsaal?

Fuderer: Wir haben eine Million Euro insgesamt investiert. Der Kredit ist aber nicht so viel gewesen, da wir auch Eigenmittel reingesteckt haben. Wir sind aber gut im Soll. Die Auslastung ist auch mehr als zufriedenstellend. Wir haben das kalkuliert mit 65 bis 70 Prozent, haben in der Zwischenzeit noch fünfzig Sitzplätze dazu gebaut und sind trotzdem fast bei 80 Prozent Auslastung über das Jahr gesehen.

wien.ORF.at: Ist Kabarett krisensicher?

Fuderer: Wie es in der Wiener Kabarettlandschaft mit Krisensicherheit aussieht und wer da was wie gut macht, muss jeder für sich beurteilen. Ich weiß nur vom Kabarett Niedermair und vom Stadtsaal, dass es bei den beiden sehr gut funktioniert. Wir machen auch alles, was man im Rahmen unserer Möglichkeiten dafür tun kann.

Man kann nicht davon ausgehen, dass man ein Kabarettlokal aufmacht, den Schlüssel umdreht und es kommen Leute. Also man muss sich da schon etwas konkret dazu überlegen und die Überlegungen müssen glaub ich weitergehen wie „Wen kenne ich?“ und „Wer könnte heute am Abend spielen?“. Man muss eine klare Linie und ein klares Profil vorgeben, dann kann man sich, wenn man immer darauf achtet, dass die Qualität so hoch ist wie man selber den Maßstab ansetzt oder darüber liegt, davon ausgehen, dass es auch Menschen gibt, die das interessiert.

wien.ORF.at: Wird Ihre Arbeit mit Förderungen unterstützt?

Fuderer: Im Stadtsaal gibt es keinen Cent Förderungen. Wir haben das alles ohne Förderungen auf die Füße gestellt. Wir haben dazwischen einmal so kleine Zuckerl bekommen von der Stadt Wien für kleinere Umbauten. Im Budget wirkt sich das aber im einstelligen Prozentbereich aus. Also nicht einmal fünf Prozent. Das ist eine geringe Anerkennung, aber zumindest sind Anerkennung und Wohlwollen da. Wir würden uns natürlich wünschen, dass das im Stadtsaal mehr wird, aber auch im Niedermair. Es schaut halt momentan nicht so aus.

wien.ORF.at: Wie viele Vorstellungen finden in den beiden Häusern pro Jahr statt?

Fuderer: Es gibt keine spielfreien Tage im Niedermair zwischen 20. August und 20. Juni mit Ausnahme des 24. und 25. Dezember. Wir spielen also jeden Tag und machen im Monat fünfzig Veranstaltungen, weil wir oft Kindertheater und Late-Night-Theater da haben. Im Jahr haben wir allein im Niedermair über 500 Veranstaltungen an 300 Tagen. Im Stadtsaal werden wir auf knapp 300 Veranstaltungen im Jahr kommen.

wien.ORF.at: Wird es künftig mehr Musikprogramm statt Kabarett im Stadtsaal geben?

Fuderer: Was mich besonders interessiert wäre die Alternative-Music-Szene, die vielleicht aus der FM4-Ecke kommt und davon eher die Akustik-Seite. Und es hat schon viele sehr schöne Konzerte mit Weltstars im Stadtsaal gegeben. Das freut mich sehr und das möchte ich auch weiterhin so bringen. Das heißt aber nicht, dass die Musik das Kabarett verdrängen soll, sondern sie soll es eher unterstützend und begleitend als leuchtende Punkte im Spielplan bereichern.

wien.ORF.at: Wie funktioniert der Austausch mit deutschen Kabarettisten im Stadtsaal?

Fuderer: Wir haben ja in unserer Gesellschaft, die wir zu viert gegründet haben, um den Stadtsaal ins Leben zu rufen, einen Kapazunder aus dem süddeutschen Raum dabei. Das ist der Till Hoffmann, der in München das Lustspielhaus, die Lach- und Schießgesellschaft, das Ringlnatz und das Vereinsheim betreut. Er ist einer der Gesellschafter und ein guter Freund von uns und hat den Kontakt zu den Deutschen noch einmal vereinfacht.

wien.ORF.at: Wie wird der deutsche Humor in Wien aufgenommen?

Fuderer: Der deutsche Humor wird in Wien immer besser aufgenommen. Ich weiß nicht genau, woran es liegt. Mir selbst taugt das auch sehr, was die machen. Ich glaube, die haben sich auch angenähert, oder wir haben uns angenähert an den deutschen Humor.

Deutschland ist ein riesengroßes Land und da leben zehnmal so viele Leute wie bei uns. Naturgemäß müssten dort auch, wenn man von einer homogenen Verteilung spricht, zehnmal so viele Leute leben, die lustig sind. Natürlich ist der norddeutsche Humor nicht jedermanns Sache. Der Mainzer Karneval ist mir auch völlig fremd, aber es gibt Leute wie Rainald Grebe oder Pigor & Eichhorn, die zum Beispiel einen ganz feinen, subtilen Humor haben, der ans Wienerische wieder voll anschließt.

Zur Person:

Seit 2004 leitet Andreas Fuderer das Kabarett Niedermair, seit 2011 ist er einer der drei Geschäftsführer des 2011 gegründeten „Stadtsaal“

Ich glaube auch, dass das eine Metropolengeschichte ist. Wien ist eine große Stadt, da kommen viele Leute zusammen und da entwickelt sich auch über die Jahrhunderte ein eigener Humor. Das wird in Berlin, Hamburg und München auch so sein. Ich glaub’, dass das der Grund ist, dass wir in Wien auch immer mehr von dem gutheißen. Außerdem hat ja Wien einen nicht zu unterschätzende Immigrantenanteil von Deutschen, die bei uns wohnen und die freuen sich auch, wenn sie ihre Einheimischen bei uns in Wien bewundern können.

wien.ORF.at: Manche Kabarettisten sollen im Niedermair von Ihnen schon gehört haben „Üben damma daham“?

Fuderer: Das ist ein Spruch von meinem Vater, der ein recht guter Fußballer war. Am Platz hat es nichts verloren, wenn man anfängt, irgendwelche Tricks zu üben, die man vorher nicht ausprobiert hat. Was auf die Bühne kommt, sollte so weit professionalisiert sein, dass es niemals wie eine Probe aussieht, sondern immer wie ein geprobtes, geübtes und stehendes Gesamtwerk. Wenn ich das sage, ist es immer lustig, mit einem kleinen Körnchen Wahrheit darunter, aber niemals bösartig gemeint.

wien.ORF.at: Wie bringt man den Stadtsaal- und Niedermair-Chef zum Lachen?

Fuderer: Ich lache ganz viel und gern und werde von Freunden natürlich ständig zum Lachen gebracht. Auf der Bühne ist es schon ein bisschen schwieriger, weil ich in den letzten 23 Jahren, seitdem ich in irgendeiner Form mit von der Partie bin, schon recht viel gesehen habe und wenig Überraschendes daher kommt.

Aber es gibt Überraschendes, und Lachen muss man ja immer, wenn man überrascht oder dabei ertappt wird, wie die Gedanken eine Wendung nehmen, die man nicht erwartet hat. Und diese Wendungen gibt es nach wie vor. Es ist ein Lebensziel von mir, immer Lachen zu können, und ich freue mich immer wieder, wenn etwas daher kommt, was neu, frisch und unerwartet ist.

Das Interview führte Florian Kobler, wien.ORF.at

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