Neujahrskonzert mit Friedensgruß

Dirigent Daniel Barenboim als Friedensbotschafter: Das 56. Neujahrskonzert der Wiener Philharmoniker stand im Gedenken an den Ausbruch des Ersten Weltkriegs vor 100 Jahren. Das „Prosit“ aus dem Musikverein wurde in 92 Länder übertragen.

Für das Einläuten des Gedenkjahres 2014 setzten die Philharmoniker mit Barenboim auf den richtigen Botschafter. Der dekorierte Pazifist nutzte das Neujahrskonzert für einen Friedensgruß, einen virtuos argumentierten Appell an Vernunft und Verständigung. Barenboim wurde ganz bewusst für das Gedenkjahr ausgesucht, er gilt als musikalischer Brückenbauer zwischen Palästina und Israel.

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APA/Herbert Neubauer

Barenboims zweites Neujahrskonzert

„Radetzkymarsch“ ohne Dirigent

Dass Barenboim nicht der Typ Marschmusik ist, bekam auch der „Radetzkymarsch“ zu spüren - der diesmal erst gar nicht dirigiert wurde. Stattdessen bahnte sich der Maestro während des traditionellen Schlussstücks seinen Weg durch das Orchester, um jedem einzelnen die Hand zu schütteln, die Musiker und auch das eifrig mitklatschende Publikum mussten ohne Taktstock auskommen - für beide natürlich kein Problem.

Die pazifistischen Hymnen „Friedenspalmenwalzer“ oder „Seid umschlungen, Millionen“ liegen Barenboim da schon viel eher - und erhielten eine klanglich vollendete und dramaturgisch penible Ausgestaltung mit zwingendem, erhebendem Appellcharakter. Auch bei Stücken wie der „Waldmeister“-Ouvertüre oder „Geschichten aus dem Wienerwald“ und dem „Donauwalzer“ setzte Barenboim starke Akzente. Umso rasanter gab sich der argentinisch-israelische Maestro in den zahlreichen Polkas des Vormittags.

Bilder des Neujahrskonzerts 2014

Konzert auswendig gespielt

Reverenz wurde neben Barenboims Ehefrau Elena - durch den Aufakt mit der feurigen „Helenen-Quadrille“ - auch dem Jahresregenten Richard Strauss erwiesen. Neben der sehnsüchtigen „Mondscheinmusik“ aus der Oper „Capriccio“ stattete auch der „Rosenkavalier“ einen indirekten Besuch ab: Das Walzerthema hatte sich Strauss nämlich bei Josef Strauß geliehen - aus seinem „Dynamiden-Walzer“.

Für Barenboim waren in diesem Programm zahlreiche neue Stücke dabei, die beiden Polkas „Schabernack“ und „Neckerei“ wurden überhaupt erstmals im Neujahrskonzert gespielt - dennoch dirigierte er das gesamte Konzert auswendig.

Schottenkaros und Spitzentanz

Zusätzliche Perspektiven gab es für die Fernsehzuseher mit den Einspielungen aus dem Wienerwald, dem Pausenfilm „Backstage“, für den Felix Breisach Proben der Musiker und der Tänzer, Kostümschneiderei und Blumensteckerei in einem Vorbereitungspotpourri zusammengewürfelt hat, sowie mit den Balletteinlagen.

Im barocken Stadtpalais Liechtenstein führte das Wiener Staatsballett in einer luftigen Choreographie von Ashley Page die exaltierten Kostümroben von Vivienne Westwood vor - klassisch edel in Lanners „Romantiker“-Walzer, komödiantisch in Schottenkaro und Pantomime-Ästhetik bei Delibes’ „Pizzicato“ aus dem Ballett „Sylvia“. Die ehemalige Punk-Ikone Westwood wurde mittlerweile von der Queen geadelt und damit praktisch offiziell für salonfähig erklärt. „Ich finde es wundervoll, die Tradition hochzuhalten. Es ist großartig, dass es dieses langjährige Fernsehereignis gibt“, sagte Westwood.

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APA/Herbert Neubauer

Wiener Philharmoniker

Philharmoniker und Social-Media

Dass der Donauwalzer ein Neujahrsgruß auf der Höhe der Zeit ist, wollen die Philharmoniker heuer auch im Internet beweisen: Pünktlich zur berühmtesten Zugabe der Welt wurde dazu aufgefordert, unter dem Hashtag #prosit2014 in den diversen Social Media seine guten Wünsche und Friedensgrüße in alle Welt zu senden.

Sendungshinweis

Das Konzert ist auch in der TVthek als Livestream und danach sieben Tage als Video on demand zu sehen.

Der ORF übertrug das Konzert in 92 Länder übertragen und erreichte damit 40 bis 50 Millionen Menschen. „Wir verbinden mit dem Neujahrskonzert die Österreicher mit der Kultur, aber auch Österreich mit der ganzen Welt. Heuer werden erstmals 92 Länder dabei sein, das ist ein absoluter Weltrekord“, freute sich ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz.

Insgesamt 16 Kameras setzte Regisseur Michael Beyer bei diesem Neujahrskonzert ein, darunter zwei Schienenkameras, drei Tower-Cams auf der Bühne und der Galerie sowie eine Mini-Remote-Kamera auf der Bühne, die speziell den Dirigenten ins Bild rückte.

Der Dirigent für das nächste Neujahrskonzert steht bereits fest: Zubin Mehta wird 2015 das Konzert der Wiener Philharmoniker dirigieren. Der 77-Jährige steht damit bereits zum fünften Mal am Pult des Neujahrskonzert - mehr dazu in Zubin Mehta dirigiert Neujahrskonzert 2015.

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