„Ich freue mich auf die Bäume“

Es ist vollbracht: Die Mariahilfer Straße hat Zukunft, und zwar als Fußgängerzone. So haben die Anrainer entschieden. Auf der Einkaufsstraße reichten die Reaktionen am Freitagabend von „geschäftsschädigend“ bis zur „Freude auf die Bäume“.

Es ist Freitagabend kurz nach 19.00 Uhr. Nach Monaten der Diskussionen, Beschimpfungen und medialen Dauererregung steht fest: Die Mariahilfer Straße wird zu einer echten Fußgängerzone umgebaut. Mitten auf der Straße, auf der berüchtigten roten Busspur, flaniert ein junger Mann und jubelt. Martin Hintendorfer fühlt sich „total glücklich.“ Er will heute Abend das Ergebnis der Anrainerbefragung feiern. „Ich finde das eine ganz große und tolle Entscheidung. Es war knapp, aber ich hätte eigentlich befürchtet, dass es andersrum ausgeht. Umso größer die Freude, dass es ist, wie es ist.“

Mariahilfer Straße

ORF/Hubert Kickinger

Froh, dass Diskussion vorbei ist

Sonst ist am Freitagabend um diese Zeit nicht mehr viel los auf der Mariahilfer Straße. Letzte Kundinnen und Kunden verlassen die Geschäfte, die gerade zusperren. Die Mariahilfer Straße ist keine Fortgehmeile mit Lokalen, vielleicht ändert sich das mit der Fußgängerzone. Viele der Passanten sind froh, dass die Diskussion endlich vorbei ist und es eine Entscheidung gibt.

„Es kommt jetzt die Mariahilfer Straße Neu?“, zeigt sich Franz Obergottsberger, Anrainer aus dem sechsten Bezirk, zunächst noch etwas überrascht. „Grundsätzlich finde ich es gut. Aber ich habe die ganze Umsetzung irrsinnig unpraktisch, nicht professionell gefunden.“ Jetzt soll das Projekt von der Politik professionell umgesetzt und auch für die Gewerbetreibenden eine gute Lösung gefunden werden, sagt er.

„Geschäftsschädigend“ und „eine Katastrophe“

Die Geschäftsleute durften nur mitstimmen, wenn sie in einem der beiden Bezirke auch wohnen. Knapp die Hälfte war dadurch von der Befragung ausgeschlossen, auch Cicek Ali, Leiter eines Restaurants auf der Mariahilfer Straße. Die Fußgängerzone sei geschäftsschädigend, sagt er, weil durch die Umgestaltung nicht mehr Menschen unterwegs sein würden und der Schanigarten vor dem Lokal verkleinert werden müsse. Auch die hohen Mieten seien ein Problem. Und Vassilakou? „Die lebt in einer Scheinwelt.“

Skeptisch zeigte sich auch eine Schmuckverkäuferin, die ihr Geschäft auf der Mariahilfer Straße betreibt. „Als Geschäftsfrau: ‚Nein danke!‘, würde ich sagen. Ich habe bedenken, dass es gut geht. Man wird sehen was daraus wird“. „Eine Katastrophe, weil die Autofahrer einfach fehlen. Und wenn umgebaut wird, ist es eine noch größere Katastrophe. Wer will sich den Dreck und den Staub antun?“, sagte die Trafikantin Alexandra Hauser. Von dem angekündigten „runden Tisch“ am kommenden Mittwoch erwarte sie sich nichts mehr.

Mariahilfer Straße

ORF/Hubert Kickinger

Dass die Umgestaltung der Mariahilfer Straße viel bewirken wird, bezweifeln auch die jungen Wienerinnen Theresa Tremmel und Corinna Ebner. „Ich finde, dass sie es ruhig so lassen hätten können“, erklärt Theresa Tremmel aus Margareten. Aktuell sei auf der Einkaufsstraße wenig los und die Autos müssten rundherum fahren. Für die Radfahrer müsse aber noch eine Lösung gefunden werden, weil das Überqueren der Straße für Fußgänger zurzeit nicht ungefährlich sei, stellt Corinna Ebner fest. Die Anrainer votierten allerdings für die Radfahrer in der Fußgängerzone.

„Verkehr jetzt sekundär“

Einer, der sich über den Ausgang der Befragung freut, ist Michael Hüll. Er lebt seit 30 Jahren in der Nähe der Mariahilfer Straße und kennt sie mit verschiedenen Gesichtern. Vor der U-Bahn, mit der U-Bahn, mit Autos, ohne Autos. Jetzt freut er sich auf das Projekt. „Ich freue mich wahnsinnig auf die Bäume und auf das Grün und auf alles, was dann kommt.“ Das Ergebnis der Befragung bedeutet für Hüll, dass nun die Menschen im Vordergrund stünden und der Verkehr sekundär sei.

Am späten Abend feiern dann die Grünen mit Sympathisanten auf der Mariahilfer Straße. Sie legen wegen des Abstimmungsergebnisses ein Freudentänzchen in der Fußgängerzone hin. Mit dabei ist Verkehrsstadträtim Vassilakou.

53 Prozent für Fußgängerzone

Die Mariahilfer Straße bleibt eine Fußgängerzone. 53,2 Prozent der Bewohner des 6. und 7. Bezirks stimmten für die Verkehrsberuhigung. 55,9 Prozent davon befürworteten die Öffnung von mehr Querungen. 52,9 Prozent sprachen sich für das Radfahren in der Fußgängerzone aus - mehr dazu in 53 Prozent für Fußgängerzone.

Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ) freut sich über das Ergebnis der Anrainerbefragung zur Mariahilfer Straße. „Das ist in Ordnung. Jetzt werden wir das umsetzen“, so Häupl. Er sieht eine „professionelle Zusammenarbeit“ mit den Grünen in der Stadtregierung - mehr dazu in „Das ist in Ordnung, ich freue mich“.

Trotz des Ergebnisses können die Grünen daraus keinen Triumph machen, sagte Politikwissenschaftler Peter Filzmaier. Dafür seien zu viele Fehler passiert. Im Abstimmungsergebnis würde sich auch das Ende des Statussymbols Auto in der Innenstadt zeigen - mehr dazu in „Grüne können daraus keinen Triumph machen“.

Links: