Rust: Wien plant Gratisnachhilfe

Kostenlosen Nachhilfeunterricht für alle Sechs- bis 14-Jährigen will die Stadt Wien künftig anbieten. Das kündigte Bürgermeister Michael Häupl bei der Klubtagung der Wiener SPÖ in Rust an. Der erste Tag stand sonst im Zeichen Europas.

„Förderung 2.0“ heißt das Programm, mit dem die SPÖ schwachen Schülern und deren Familien das Leben leichter machen will. 400 zusätzliche Lehrer sollen aufgenommen werden, um beim Lernen und bei Hausaufgaben zu helfen. Das ist ungefähr eine Lehrkraft mehr pro städtischer Pflichtschule. Im Mittelpunkt stehen Deutsch, Mathematik und Naturwissenschaften sowie Fremdsprachen. 18 bis 20 Mio. Euro pro Jahr soll es kosten. Geplant sind rund 22 Wochenstunden Gruppenunterricht pro Schule.

Häupl erwartet sich durch die Gratisnachhilfe durchschnittliche Einsparungen pro Kind und Jahr in der Höhe von 600 Euro.

Das ist aber nur eine Maßnahme, um Wien fit für die Zukunft zu machen. Es gehe auch um (soziale) Sicherheit, etwa um Kriminalitätsbekämpfung oder Alten- und Krankenversorgung, bis hin zur Bereitstellung leistbaren Wohnraums angesichts des Wachstums der Stadt. „Es gibt niemanden sonst, der sich darum kümmert“, so Häupl. Die Konservativen würden nur die Interessen der Hauseigentümer bedienen, „und die Grünen wollen ihre Bobos bedienen“.

Eine weitere Spitze gegen den Koalitionspartner gab es von Häupl auch in Sachen Mobilität. Die Sozialdemokratie sei eine Vertreterin des öffentlichen Verkehrs. Es gehe aber nicht darum, das Autofahren zu vermiesen, sondern Anreize für Alternativen zu setzen. „Aber wer meint, dass er sich gegen den Ausbau wesentlicher öffentlicher Verkehrsträger wie etwa U-Bahnen zu stellen hat, weil er meint, es ist gescheiter, die Leute fahren mit dem Radl, der wird in uns tatsächlich einen argumentativen Gegner finden. Denn da machen wir nicht mit“, so Häupl.

Häupl in Rust

APA/Herbert Neubauer

Faymann plädiert für „faires und soziales Europa“

Ein „faires und soziales Europa“ nannte Bundeskanzler Werner Faymann zuvor in seiner Rede in Rust als Ziel. Die SPÖ setze sich für einen Staat ein, „der Verantwortung übernimmt“. Eine sichere Trinkwasserversorgung, ein solidarisches Steuersystem und ein starker Arbeitnehmerschutz - all das sei „in Gefahr in einer Zeit, in der die Neoliberalen die einfache Antwort geben wollen: ‚Weniger Staat und mehr privat‘“, so Faymann. Er wolle, dass in 30 Jahren gesagt werde, „unsere Generation hat einen Beitrag geleistet, Europa zu stärken“, so Faymann.

Zum Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA, dem drittwichtigsten Handelspartner Österreichs, sagte Faymann, es sei wichtig, unnötige Hürden zu beseitigen. Die Förderung von Atomkraft und Gentechnik auf den Feldern dürfe dadurch aber nicht ermöglicht werden. Wichtig sei auch die Stärkung der Finanzmarkt- und Bankenaufsicht, bezog Faymann auch die Causa Hypo mit ein. Er verteidigte den eingeschlagenen Weg, eine Insolvenz einer Bank oder gar eines Bundeslands sei keine Lösung gewesen.

„Europas Städte und die EU“ am Tag 1

Die Tagung steht unter dem Motto „Wien regieren. Österreich stärken. Europa verändern“. Zum Auftakt wurde auch über „Europas Städte und die EU“ diskutiert, nämlich unter anderem mit der einstigen EU-Staatssekretärin Brigitte Ederer, der SPÖ-EU-Abgeordneten Evelyn Regner und dem SPÖ-Spitzenkandidaten Eugen Freund. Auf dem Programm des ersten Tags stand auch die Rede von Bürgermeister Michael Häupl. Anschließend wird darüber diskutiert, dass Wien wächst und welche Konsequenzen sich daraus ergeben.

BK Werner Faymann (m.), Bürgermeister Michael Häupl (l.) und Burgenlands LH Hans Niessl

APA/Herbert Neubauer

Bürgermeister Michael Häupl, Bundeskanzler Werner Faymann, Burgenlands LH Hans Nissl (v.l.n.r.)

„Leuchtturmprojekte“ für die Wahl 2015 am Tag 2

Am Freitag werden die SPÖ-Stadträte ihre wichtigsten Vorhaben präsentieren, wobei die Schwerpunkte noch nicht bekannt sind. Zuletzt war kolportiert worden, dass es sich um „Leuchtturmprojekte“ handle, mit denen die SPÖ bei der Wien-Wahl 2015 reüssieren möchte. Offiziell wird diese Bezeichnung aber nicht gerne gehört. Auch die am Mittwoch präsentierte Zufriedenheitsstudie - mehr dazu in Studie: 97 Prozent leben gerne in Wien - wird wohl Thema in Rust sein. Am Samstag wird es wieder einen nicht-öffentlichen Teil geben.

Eröffnung mit Spitzen gegen Grüne

Zur Begrüßung seiner Parteifreunde konnte sich Klubchef Rudolf Schicker Spitzen gegen den grünen Koalitionspartner in Wien nicht verkneifen. Dessen „Spontanideen“ wie etwa Aufhebung der Wintersperre für Schanigärten seien unüberlegt. Projekte wie die Ausweitung der Parkraumbewirtschaftung oder die Verkehrsberuhigung der Mariahilfer Straße hätte man selbst professioneller umgesetzt.

Rust, die Stadt am Neusiedler See, ist traditionell ein Ort, an dem die Wiener SPÖ immer wieder wichtige Projekte beschließt und präsentiert. So sind in Rust etwa der Gratiskindergarten oder die aktuelle Spitalsreform verkündet worden.

Link: