Gratisnachhilfe: Reaktionen kritisch

Auf die Ankündigung des Wiener Bürgermeisters Michael Häupl (SPÖ) in der Bundeshauptstadt zukünftig gratis Nachhilfe anbieten zu wollen, fallen die Reaktionen recht unterschiedlich aus. Die Opposition wittert vor allem ein Wahlzuckerl für 2015.

„Förderung 2.0“ heißt das Programm, dass Michael Häupl am Donnerstag bei der SPÖ-Klubtagung in Rust präsentierte. Damit sollen schwache Schüler zukünftig mit gratis Nachhilfe unterstützt werden. 400 zusätzliche Lehrer sollen dafür aufgenommen werden - mehr dazu in Rust: Wien plant Gratisnachhilfe.

ÖVP grundsätzlich pro „Förderung 2.0“

Vorsichtig optimistisch zeigte sich die Bildungssprecherin der ÖVP Wien, Isabella Leeb, über die angedachte Gratisnachhilfe: „Uns ist jedes Mittel Recht, das hilft die teils katastrophalen Bildungskarrieren von Wiener Schülern zu verbessern.“ In Bezug auf die Landtagswahlen 2015 wittert Leeb das erste Wahlzuckerl: „Wenn Wahlen nahen, wird die SPÖ aktiv“.

PISA würde zeigen, dass Wiens Schüler Schlusslicht in Österreich seien. Auch der Wiener Lesetest zeige dringenden Handlungsbedarf, sagte Leeb. Offen bleibe für sie aber die Frage, woher Michael Häupl die zusätzlichen 400 Lehrer nehmen wolle. Leeb verwies darauf, dass in Wien derzeit bis zu 200 Lehrer fehlen würden.

FPÖ will konkrete Reformen

Bildungspolitisch hätte die SPÖ auf ganzer Linie versagt, hieß es vom Wiener FPÖ-Klubchef Johann Gudenus: „Wenn jetzt als Reaktion darauf die gratis Nachhilfe eingeführt werden soll, so ist dies nichts anderes als Symptombekämpfung - nicht jedoch nachhaltige Ursachenbeseitigung.“

Die FPÖ fordere in diesem Zusammenhang ein „zurück an den Start“, ein Monitoring bei der neuen Mittelschule, wobei am Ende auch ein Aus für dieses Experiment stehen könne und ein Ende der Gesamtschuldebatte. FPÖ-Bildungssprecher Dominik Nepp forderte am Freitag die Absetzung von Bildungsstadtrat Christian Oxonitsch (SPÖ).

Gewerkschaft begrüßt zusätzliche Lehrer

Von dem Plan der Gratisnachhilfe habe er auch nur durch die Medien erfahren, sagte der Sprecher der Lehrergewerkschaft, Paul Kimberger zu Radio Wien. Würden den Wiener Schulen zusätzlich 400 Lehrer zur Verfügung gestellt, so könne er das nur begrüßen. „Gratisnachhilfe-Stunden gehören aber nicht zum Kerngeschäft eines Lehrers“, außerdem sei ihm „noch kein Umsetzungskonzept bekannt“, sagte Kimberger.

Lob mit Einschränkungen gibt es von Bildungsexpertin Christa Koenne. Es sei positiv, dass die öffentliche Hand sich dafür verantwortlich fühle, Kinder bei Lernschwierigkeiten zu unterstützen. „Aber das auszulagern und zu sagen: ‚Wir brauchen eine Nachhilfe jenseits des organisierten Bildungssystems‘, ist ein Armutszeugnis.“ Innerhalb der schulpflichtigen Zeit sei die Förderung von Kindern mit Lernproblemen die Aufgabe der Schule, betont die ehemalige AHS-Direktorin, die sich auch beim Bildungsvolksbegehren engagiert hat.