Immer weniger Postkästen in der Stadt

Seit rund 230 Jahren hängt er in Wien, dient als Wahlurne, Werbeträger auf zwei Beinen und als Zwischenstation jeder Wien-Ansichtskarte: der öffentliche Postkasten. Inzwischen machen ihm Vandalismus und das Internet zu schaffen.

„Zu Silvester wurden in Wien fünf Postkästen gesprengt“, erzählt Post-Sprecher Michael Homola. Insgesamt mussten im Vorjahr 350 beschmierte, beklebte und zerstörte Postkästen ausgetauscht werden. Doch Vandalismus ist nicht die größte Sorge des gelben Kastens.

Denn obwohl noch immer etwa 110 Millionen Sendungen pro Jahr in den österreichischen Postkästen landen, entwickelt sich das Briefgeschäft weltweit zurück. Homola: „In Österreich sinkt das Geschäft um drei bis fünf Prozent pro Jahr. Dadurch sinkt auch die Zahl der Briefkästen.“

Fotos: Die Entwicklung des Postkastens:

Favoriten als Postkasten-Metropole

Österreichweit gibt es noch rund 16.000 Postkästen. Obwohl die Stadt Wien wächst, sank dort in den vergangenen sieben Jahren die Zahl der Postkästen um rund 50 auf knapp unter 1.200 Stück. Die meisten Postkästen gibt es in Favoriten (94) und der Donaustadt (85).

Postkästen befinden sich meist an stark frequentierten Standorten. Je nach Größe und Dicke können im Idealfall bis zu 500 Briefe in einem Postkasten Platz haben. Das Erscheinungsbild der wetterfesten und aufbruchssicheren Stahlkästen hat sich zuletzt kaum geändert.

Postkasten

ORF/ Florian Kobler

Im Jahr 2010 warb die Post mit einem „mobilen“ Postkasten

Signalfarbe Gelb hat Tradition

In Österreich hat sich Gelb als Postfarbe durchgesetzt. Bereits die ersten Briefkästen zu k.k.-Zeiten waren als sichtbares Zeichen des staatlichen Postmonopols in den Habsburgerfarben Gelb und Schwarz bemalt. Briefkästen in Rot gab es hierzulande während der NS-Herrschaft. Nach 1945 wurde die Signalfarbe der Deutschen Reichspost aber rasch wieder auf Gelb geändert.

Vor zwanzig Jahren hatten manche Briefkästen noch einen roten Streifen, der auf eine Samstags- und Sonntagsentleerung hinwies. „Mehrmalige Entleerungen am Tag gibt es schon lange nicht mehr“, so Homola. Der Grund ist, dass die Briefe heute maschinell und nicht mehr händisch sortiert werden und dadurch 95 Prozent der Sendungen am nächsten Tag zugestellt werden können.

Wahlurne und Werbeträger

Der gelbe Briefkasten hat sich bewährt. Ein neues Modell ist in naher Zukunft nicht geplant. Auch andere Nutzungen des Kastens, beispielsweise für Werbezwecke, sind nicht geplant. „Manchmal werden Briefkästen kurzfristig beklebt, zum Beispiel bei Briefwahlen. Dann wird der Postkasten als Wahlurne vermarktet“, so Homola. Zuletzt war das bei der Abstimmung über die Neugestaltung der Mariahilfer Straße der Fall.

Wiener Postgeschichte im Überblick

Das Postwesen entwickelte sich ab dem 16. Jahrhundert. Briefe und Reisende wurden zu Pferde oder in Kutschen auf regulären Postkursen von Stadt zu Stadt befördert. Briefe mussten beim Postamt aufgegeben und abgeholt werden. Etwas bequemer wurde es für die Wiener ab 1772 mit der „Kleinen Post“.

Briefkastensuchmaschine

Wo sich der nächste Briefkasten befindet, kann auf der Homepage der Post angefragt werden.

Diese private Stadtpostanstalt schickte Boten aus, die Sammelbüchsen aus Blech trugen und ihre Ankunft geräuschvoll mit einer Klapper ankündigten (Klapperboten). Stationäre „Brief(ein)sammlungskästen“ finden sich in Wien ab den 1780er Jahren. 1847 zählte man bereits 246 Briefkästen.

Rohrpost im Wiener Untergrund

Die steigende Zahl an Briefen im 19. Jahrhundert führte zum Ausbau der staatlichen Postdienste. Zur Beschleunigung des Postverkehrs wurden zusätzliche Briefeinwurfkästen aufgestellt, Briefträger eingestellt und 1850 Briefmarken eingeführt.

"medien.welten": Postgeschichte im Technisches Museum Wien

ORF/ Florian Kobler

Das Technische Museum zeigt Transportbehälter der Rohrpost

Für die schnelle innerstädtische Beförderung von Briefen, Karten und Telegrammen ging man in Wien wie in anderen Städten auch in den Untergrund: Im Jahr 1875 wurde die Rohrpost in Wien eingeführt. Rund einen Meter unter den Straßen Wiens wurden Stahlrohre verlegt, in denen mittels Luftdruck Briefe durch die Stadt geschickt wurden. 1913 gab es in Wien 53 Rohrpoststellen, die untereinander mit einem Rohrnetz von über 82 Kilometer Länge verbunden waren.

Die Hauptzentrale befand sich am Börseplatz. Für die Rohrpost wurden auch eigene, rote Briefkästen aufgestellt. Durch den Ausbau des Telefon- und Fernschreibnetzes verlor die Rohrpost jedoch zunehmend an Bedeutung und wurde 1956 eingestellt.

"medien.welten": Postgeschichte im Technisches Museum Wien

ORF/ Florian Kobler

Im TMW werden die Highlights des ehemaligen Postmuseums ausgestellt

Post als Mediengeschichte

Ab 1891 gab es in Wien das k.k. Postmuseum in der Rotunde im Wiener Prater. Von dort übersiedelte es 1914 in das damals neu errichtete Technische Museum, wo es bis in die 1980er Jahren als eigenständige Schausammlung fungierte. Mit dem Umbau des Technischen Museums wurde auch das Postmuseum in seiner herkömmlichen Form aufgelöst. Seit 2003 beschreibt die Dauerausstellung „medien.welten“ im Technischen Museum die Entwicklung der Österreichischen Post im 19. und 20. Jahrhundert. Dargestellt werden beispielsweise das Rohrpostsystem und natürlich diverse ehemalige Postkästen.

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