Upcycling: Designermöbel aus Rolltreppen

Wiener Designer haben sich darauf spezialisiert, aus alten Rolltreppen, Waschmaschinen oder Verkehrsampeln neue Möbel, Lampen und Accessoires zu basteln. Der Trend heißt „Upcycling“ und bringt neue Chancen für Langzeitarbeitslose.

Ob Sitzhocker aus alten Büchern oder Sofas aus ehemaligen Müllcontainern: Die Auf- und Wiederverwertung von Abfallprodukten steht hoch im Trend. Auch in Wien entwickeln sich immer mehr Geschäftsmodelle, die auf „Upcycling“ basieren - mehr dazu in Ottakring wird „Recycling-Bezirk“ (wien.ORF.at; 20.12.2013).

In Wien-Wieden bietet Gabarage zahlreiche „Upcycling“-Designerartikel an. „Am besten verkaufen wir Taschen, die aus alten Lkw-Planen hergestellt sind. Ein echter Renner sind auch unsere Kegelvasen“, sagt Leopold Sikoronja von Gabarage. „Wir holen uns dafür abgenützte Kegel von Bowlingbahnen.“

Fotos der Upcycling-Produkte:

Aufruf zur Uhrenspende

Manchmal werden die Altwaren auch zugekauft. „Für unsere Rolltreppenmöbel mussten wir die alten Elemente kaufen, da das Aluminium am Markt noch einen Wert hat“, so Sikoronja. Die meisten Materialien werden dem Betrieb aber zum Wiederverwerten geschenkt. „Kürzlich hat uns eine alte Dame jede Menge Bücher gebracht. Wir bauen daraus einen Hocker. Wenn die Bücher gestapelt werden, ist das wie Tetris für Erwachsene“, so Sikoronja. Derzeit werden alte Stehlampen und Ziffernblättern von Uhren gesucht.

Gabarage

Kunstwort, das sich aus garbage (Müll) und Garage zusammensetzt.

Der Verkauf läuft dank Großbestellungen von Firmen und Kooperationen profitabel. Gewinnmaximierung steht bei Gabarage aber nicht im Vordergrund. „Wir sind ein sozialökonomischer Betrieb und bieten acht Langzeitarbeitslosen innerhalb eines Jahres eine Qualifizierung und einen Arbeitsplatz an“, so Sikoronja. „Wir haben eine Quote von über 50 Prozent, dass die Leute nachher einen Job bekommen.“

Schüsseln aus Waschmaschinen-Bullaugen

Ein ähnliches Geschäftsmodell wie Gabarage verfolgt das Demontage- und Recycling-Zentrum (D.R.Z) der Wiener Volkshochschulen. Rund 1.200 Tonnen Elektroschrott von den Wiener Mistplätzen werden dort jährlich getrennt und recycelt. Während die meisten Rohstoffe zur Weiterverwertung wieder abgegeben werden, bastelt die TrashDesignManufaktur in Wien-Penzing aus einem Teil der alten Elektrogeräte neue Möbel, Schmuck und Accessoires.

„Upcycling“ für Kinder

Das Zoom Kindermuseum im MuseumsQuartier bietet noch bis 27. Juni „Upcycling“-Workshops an.

„Unsere kreativen Mitarbeiter hatten die Idee, aus den Bullaugen von alten Waschmaschinen Schüsseln zu machen oder Handtaschen aus Leiterplatten“, so Thomas Kirchner von TrashDesign. Verkauft werden die Waren im Shop in der Vogtgasse in Penzing oder bei diversen Veranstaltungen, beispielsweise am 24. und 25. April beim Genussmarkt „fairERleben“ im Wiener Rathaus.

Jedes Produkt ist ein Einzelstück und wird per Handarbeit gefertigt. „Wir haben im Durchschnitt 65 Transitarbeitskräfte bei uns beschäftigt“, so Kirchner. „Das sind Personen, die uns das AMS für sechs Monate vorbeischickt. In dieser Zeit sollen sie mithilfe von Sozialpädagogen wieder einen Job finden.“

AMS: „Stärken werden gefördert“

Sowohl Gabarage als auch TrashDesign werden vom AMS Wien finanziell gefördert. „Wir unterstützen diese beiden Projekte, weil sie großartige Beschäftigungsmöglichkeiten für Menschen schaffen, die es auf dem Arbeitsmarkt schwer haben“, so AMS-Wien-Chefin Petra Draxl. „Die meisten von ihnen waren lange vom Arbeitsmarkt weg, bei vielen kommen auch noch Suchterkrankungen hinzu.“

Recycling-Designpreis

Die Siegerprojekte des Recycling-Designpreis sind ab 26. September 2014 im stilwerk Wien ausgestellt.

Upcycling würde außerdem das Selbstvertrauen der Beschäftigten stärken, weil sie Teil einer Firma sind, die Produkte entwickelt, für die es eine Nachfrage gibt. Draxl: „Aus arbeitsmarktpolitischer Sicht gefällt mir, dass die Unternehmen an den Stärken der Menschen ansetzen, an der Frage: Was können die Teilnehmerinnen und Teilnehmer, was bringen sie mit? Was eventuell noch fehlt, wird in Form von Teilqualifizierungen ergänzt.“

"Sleeve"

Flug zeug.

Flug zeug bastelt aus Schwimmwesten Taschen für Smartphones und Tablets

Taschen aus Flugzeug-Schwimmwesten

Beispiele für Upcyclingprojekte in Wien gibt es viele - auch im kleinen Rahmen. Andreas Roesler-Schmidt stellt beispielsweise mit seiner Firma Flug zeug in Handarbeit neue Produkte aus ausgemusterten Flugzeug-Schwimmwesten her. So entstehen Taschen für Smartphones, Tablets und Laptops oder auch Gürtel.

Die ausgemusterten Schwimmwesten sind meistens unbenutzt und befinden sich manchmal sogar noch in der Originalverpackung. „Ich kann diese ohne Reinigungsaufwand so weiterverwenden wie ich sie bekomme“, freut sich Roesler-Schmidt. Nebenbei sind die Produkte wasserabweisend, da Schwimmwesten praktischerweise diese Eigenschaft haben. Roesler-Schmidt: „Upcycling muss keinen Kompromiss bedeuten.“

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