Ärzte für Schulterschluss gegen Rauchen

Einen „nationalen Schulterschluss“ gegen Rauchen fordert die Wiener Ärztekammer. Partielle Rauchverbote hätten versagt, die bisherigen Maßnahmen hätten so gut wie nichts bewirkt. Stündlich sterbe in Österreich ein aktivrauchender Mensch.

„Handeln ist angesagt“, appellierte Thomas Szekeres. Notwendig sei einerseits ein generelles Rauchverbot in Lokalen, andererseits höhere Zigarettenpreise. Denn in Österreich stirbt laut Ärztekammerchef stündlich ein Mensch an den Folgen des Aktivrauchens, drei Menschen täglich sterben infolge des Passivrauchens.

Seit 2005 habe sich an den Raucherzahlen nichts geändert, monierte der Chef der Standesvertretung. Besonders besorgniserregend sei die Situation bei 15-jährigen Mädchen. Hier liegt der Anteil der Raucherinnen bei fast 30 Prozent - ein Schlusslichtwert in Europa. Gleichzeitig lägen hierzulande die Ausgaben für Prävention und öffentliche Gesundheit unter dem EU-Schnitt.

„Haben Raucherschutz, keinen Nichtraucherschutz“

„Wir haben einen Raucherschutz und keinen Nichtraucherschutz in Österreich“, kritisierte Reinhold Kerbl, Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Kinder- und Jugendheilkunde, die heimische Gesetzeslage. Die Schädigung durch Nikotinbelastung beginne bereits im Mutterleib - etwa in Form eines erhöhten Risikos für Infektionskrankheiten oder Atemwegsbeschwerden in den ersten Lebensmonaten des Babys.

Die schädigende Wirkung setze sich im Kleinkind- und Schulalter fort. Kerbl sprach heute von „Kindesmisshandlung“. Absolute Rauchverbote in Lokalen bewirkten einen deutlichen Rückgang des Rauchverhaltens bei Jugendlichen von bis zu 50 Prozent, verwies er auf entsprechende Studien.

„Partielle Rauchverbote haben versagt“

Auch Präventivmediziner Manfred Neuberger vom Institut für Umwelthygiene der MedUni Wien geißelte die „reaktionäre Tabakpolitik“, die über die Wirtschaftskammer wohl von der Tabakindustrie diktiert werde. Er verwies auf Zahlen, dass Spitalaufenthalte wegen Herzinfarkten, Schlaganfällen und Lungenkrankheiten umso stärker zurückgegangen seien, desto weniger Ausnahmen das gesetzliche Rauchverbot zugelassen habe. Sein Fazit: „Partielle Rauchverbote haben versagt.“

Debatte über Tabakgesetz dauert an

Die Stimmung in der Bevölkerung habe sich in Richtung Rauchverbot gedreht. „Wir müssen hier auch Schritte setzen, die in ganz Europa schon Normalität sind, nämlich ein Rauchverbot in der Gastronomie“, sagte die Wiener Gesundheitsstadträtin Sonja Wehsely (SPÖ) im vergangenen Dezember - mehr dazu in Wehsely: Rauchverbot wird kommen.

Auch die scheinbare Alternative stößt auf Widerstand. Elektro-Zigaretten, die statt Rauch nur geruchslosen Wasserdampf freisetzen, werden immer beliebter. Laut Tabakgesetz dürfen sie überall verwendet werden, also auch in Nichtraucher-Bereichen. Doch immer mehr Unternehmen verbieten E-Zigaretten - mehr dazu in E-Zigaretten immer öfter verboten.

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