Zehn Anzeigen bei Demonstration

Die Demonstration gegen das burschenschaftsnahe „Fest der Freiheit“ ist am Mittwochabend zwar ohne Zwischenfälle zu Ende gegangen, laut Polizei hat es trotzdem zehn Anzeigen und zwei Festnahmen gegeben.

Die beiden Festnahmen hatten aber nichts mit der Demonstration am Mittwoch zu tun. Am Rande der Veranstaltung wurde ein Mann wiedererkannt, der beim Akademikerball im Jänner eine Polizistin schwer verletzt haben soll. Bei der Identitätsfeststellung durch die Polizei leisteten er und eine zweite Person heftigen Widerstand und wurden deshalb festgenommen.

Neben den beiden Festnahmen erfolgten auch sechs strafrechtliche Anzeigen wegen Körperverletzung, Widerstand gegen die Staatsgewalt und Sachbeschädigung sowie vier verwaltungsstrafrechtliche Anzeigen. Bei 208 Personen wurde die Identität festgestellt.

Demozug

APA/Herbert P. Oczeret

Mehrere hundert Teilnehmer

Veranstalter und Demonstranten zufrieden

Die „Forschungsgesellschaft Revolutionsjahr 1848“ zeigte sich mit der eigenen Veranstaltung tags darauf zufrieden, die Ziele „wurden in einem Maß erreicht, wie man es sich für eine kleine wissenschaftlich-zeitkritische Veranstaltung nie auch nur erträumen konnte“. Entsetzt zeigte sich Obmann Peter Krüger hingegen über die „zahlreichen Versuche, das Fest der Freiheit zu verhindern“. Extremistische Randgruppen hätten durch die Androhung von Gewalt ein massives Polizeiaufgebot erforderlich gemacht.

Ebenfalls positiv bilanzierte die Österreichische Hochschüler_innenschaft (ÖH), welche die Proteste gegen die Veranstaltung mitorganisiert hatte. Als Erfolg wertete man dort, dass das „Fest der Freiheit“ eher mäßig besucht worden sei. Vorsichtiges Lob gab es für die Exekutive: „Die Polizei hat sich gestern soweit man das jetzt schon beurteilen kann im legalen Rahmen bewegt. Trotzdem muss die Polizei auch in Zukunft genau beobachtet werden“, so Florian Kraushofer vom Vorsitzteam der ÖH in einer Aussendung.

Von Polizeihubschrauber überwacht

Die Veranstalter sprachen von rund 2.500 Demonstranten. Der Demonstrationszug hatte sich gegen 18.00 Uhr in Bewegung gesetzt und war nach einer Route über den gesperrten Ring und quer durch die Innenstadt bis zum Stephansplatz und zurück zur Universität gezogen. Um etwa 20.30 Uhr fand die Kundgebung ihr Ende, zahlreiche Demonstranten harrten am Abend aber noch vor der Universität aus.

Laut Polizei waren insgesamt mehr als 1.000 Beamte im Einsatz. Die Kundgebung wurde von Beginn an von einem Polizeihubschrauber aus der Luft überwacht. Polizeisprecher Johann Golob sagte am Ende der Kundgebung, alle Seiten hätten sich sehr diszipliniert verhalten. Gefragt, ob er noch mit Problemen im Laufe des Abends rechne, sagte er, wenn die Vernunft siege, dann werde alles ruhig bleiben.

Dass es - im Gegensatz zu den Demonstrationen gegen den Akademikerball im Jänner und gegen die Identitären im Mai - zu keinen Zwischenfällen gekommen war, sah Golob in der „Vernunft der Kundgebungsteilnehmer“ begründet. Bei der Veranstaltung des Vereins „Forschungsgesellschaft Revolutionsjahr 1848“ im Palais Palffy waren laut Golob 80 bis 90 Burschenschafter beteiligt.

Bildergalerie: Kundgebungen gegen „Fest der Freiheit“

Transparente „Nazis raus“

Unter dem Motto „No pasaran“ (kein Durchkommen) bewegten sich die Demonstranten unter Sprechchören wie „Alerta, Alerta, Antifascista“ oder „Hoch die internationale Solidarität“ über den Ring. Mit Transparenten wie „Nazis raus“ oder „Fasching ist vorbei“ wurde gegen das von dem Verein „Forschungsgesellschaft Revolutionsjahr 1848“ organisierte „Fest der Freiheit“ protestiert. Ein paar Demonstranten schrieben sich mit Lackstift eine Handynummer auf Unterarm oder Unterschenkel. Unter dieser sollte sich ein Rechtsbeistand melden, falls einer von ihnen von der Polizei festgenommen werden würde.

Kein Marsch der Burschenschafter

Das Gebiet rund um das Palais Palffy, wo die „Forschungsgesellschaft Revolutionsjahr 1948“ ihre Podiumsdiskussion geplant hatte, war weiträumig abgesperrt. Die angekündigte Demonstration der Burschenschafter vor der Veranstaltung um 19.00 Uhr blieb aus. Zu vermuten ist, dass diese lediglich zum Schutz der Besucher angemeldet worden war. Der Andrang bei der Veranstaltung blieb ebenfalls überschaubar.

Burschenschafter

APA/Hans Punz

Nicht einmal hundert Burschenschafter fanden sich zum Fest ein

Selbst ob der geplante Marsch durch die Herrengasse am späteren Abend stattfinden würde, schien fraglich. „Wir werden nach der Veranstaltung notgedrungen in geschlossener Weise den Veranstaltungsort verlassen, weil Gewalttaten von extremistischen Milizen angekündigt worden sind“, erklärte Organisator Peter Krüger.

Der Verein hatte ab 19.00 Uhr zu einer Podiumsdiskussion ins Wiener Palais Palffy am Josefsplatz geladen - Thema der Veranstaltung: „Die Grenzen der Freiheit - Metternich 2.0“. Unter anderen hielt der ehemalige Dritte Nationalratspräsident Wilhelm Brauneder (FPÖ) einen Vortrag zu diesem Thema, im Anschluss daran war eine Diskussion geplant. Danach sollte der Abend „gemeinsam im geselligen Rahmen“ ausklingen.

Burschenschafter bei Vortrag

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Wilhelm Brauneder als Redner

Drei Eier flogen: Sonst relativ ruhig

Bereits der Auftakt der verschiedenen Standkundgebungen der linken Gruppierungen verlief ruhig. Traditionell treffen sich die Burschenschafter des Wiener Korporationsrings (WKR) jeden Mittwoch auf der Rampe zur Aula, was diesmal durch die angemeldete Standkundgebung des linken Bündnisses „NOWKR“ verhindert wurde.

Rund 150 „NOWKR“-Sympathisanten hatten ab 11.00 Uhr auf die Gegenseite gewartet. Bis auf drei Eierwürfe blieb der Auftakt friedlich. Eine Band sorgte für Stimmung, rund 60 mit Helm und Schild ausgestattete Polizisten sorgten dafür, dass die beiden Parteien Abstand voneinander wahrten.

Vonseiten der Burschenschafter hieß es, man würde mit Ausnahme von diesem Tag auch weiterhin mittwochs bei der Aula auftauchen. Für das „NOWKR“-Bündnis soll dieses öffentliche Auftreten künftig der Vergangenheit angehören, so ein Sprecher, der diesen Aufruf auch in Richtung Rektorat richtete.

Demonstranten und Poizei

APA/Herbert P.Oczeret

Großeinsatz der Polizei

Historiker protestieren gegen rechte Vereinnahmung

„Mit Empörung“ protestierten österreichische Historiker bereits im Vorfeld gegen die „Inanspruchnahme des historischen Erbes der bürgerlichen Revolution von 1848 durch rechtsradikale Splittergruppen“. Die „gesamteuropäische Revolution von 1848“ sei die „Geburtsstunde unserer heutigen modernen Gesellschaft“, hieß es in einer Stellungnahme.

Unterzeichnet ist die Historiker-Stellungnahme von den Uniprofessoren Helmut Konrad und Dieter Binder (beide Uni Graz) sowie dem Generaldirektor des Österreichischen Staatsarchivs, Wolfgang Maderthaner. 1848 habe das endgültige Ende des Feudalismus und das Bürgertum an die Macht gebracht sowie erste Ansätze sozialer Gesetzgebung und lange überfällige Strafrechtsreformen, schreiben die Historiker. Rede-, Versammlungs- und Medienfreiheit, Republik, Demokratie und Verfassungsstaat seien direktes Erbe dieses Jahres.

„Und doch haben sich in dem ‚Völkerfrühling‘ der Revolution bereits auch die ersten Momente jenes nationalen Wahns gezeigt, der Europa im 20. Jahrhundert so grauenvoll devastieren sollte. Wenn wir heute, mit vollem Recht, die Ereignisse des Jahres 1848 als die eigentliche Basis des europäischen Einigungsprozesses und als die Grundlage der Herausbildung einer gemeinsamen europäischen Tradition betrachten, so gilt es vor allem auch eine zentrale Lehre zu ziehen: Wir dürfen unter keinen Umständen zulassen, dass sich eine autoritäre, demagogische und populistische Rechte dieses Erbes erneut bemächtigt.“

SPÖ ruft zu friedlichem Protest auf

Die SPÖ rief zum Protest gegen das „Fest der Freiheit“ auf. Nationalratsabgeordnete Petra Bayr (SPÖ) sprach von einem „verharmlosenden Titel“, unter dem „ein Aufmarsch deutschnationaler Burschenschafter“ angekündigt sei. Sie rufe daher dazu auf, friedlich zu protestieren.

Dass ausgerechnet die rechten Burschenschafter den Begriff „Freiheit“ für einen Aufmarsch missbrauchten, führe einmal mehr „deutlich vor Augen, wie wichtig zivilgesellschaftliche Veranstaltungen von Initiativen wie ‚Jetzt Zeichen setzen‘ sind, mit Hilfe derer unterstrichen wird, dass Nationalismus, Rassismus, Hetze und Intoleranz keinen Platz in Österreich haben dürfen“, so Bayr.

Kritik von Israelitischer Kultusgemeinde

Kritik an dem „Fest der Freiheit“ übte auch die Israelitische Kultusgemeinde (IKG). Die Organisatoren würden Begriffe wie „Freiheit“ und das „Revolutionsjahr 1848“ „unverdientermaßen für sich in Anspruch“ nehmen - mehr dazu in IKG-Kritik an „Fest der Freiheit“.

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