Mordprozess: Ergänzendes Gutachten

Der Prozess um den Mord an einem 49-Jährigen in einem Skaterpark in Wien-Meidling ist vertagt worden, ein ergänzendes Gutachten wird eingeholt. Eine mögliche geistig abnorme Abartigkeit des 46-jährigen Angeklagten wird untersucht.

Neben seiner Drogenberauschung gab der Angeklagte am Mittwoch in dem Mordprozess rund um die Bluttat auch Halluzinationen als Grund für sein Handeln an. „Das höre ich zum ersten Mal“, sagte Gerichtspsychiater Karl Dantendorfer. Richter Christoph Bauer vertagte daraufhin am späten Mittwochnachmittag die Verhandlung zur Einholung eines ergänzenden Gutachtens.

Dieses soll klarstellen, ob bei dem 46-jährigen eine geistig abnorme Abartigkeit bestehe, so Bauer. Zuvor hatte Dantendorfer in seinen Ausführungen darauf hingewiesen, dass keine psychische Erkrankung aus dem paranoid-schizophrenen Formenkreis besteht.

Angeklagter vor Prozess nach Mord in Skaterpark in Meidling

APA/Robert Jäger

Der Angeklagte gab an, „im Drogenrausch“ gewesen zu sein

Angeklagter hörte „Stimme Gottes“

Der 46-Jährige gab in der Verhandlung an, bei der Tat eine Schlange gesehen zu haben, die sich um seinen Unterarm wickelte. Daraufhin habe er zugestochen. Als er die Stimmen der Jugendlichen hörte, die in dem Park später die Leiche des 49-Jährigen fanden, sei die Schlange plötzlich verschwunden und der 49-jährige gebürtige Türke tot am Boden gelegen.

Dantendorfer meinte, dass Menschen mit Halluzinationen zunächst Stimmen hören oder Bilder sehen würden, mit denen sie eine Verbindung haben. Bei einer neuerlichen Befragung des Angeklagten sagte dieser plötzlich, dass er „die Stimme Gottes“ bei der Tat gehört haben will. Von Halluzinationen habe er bereits einem Arzt, der ihn wegen seiner Drogensucht behandelt hat, erzählt.

Der Psychiater führte aus, dass der Mann aufgrund seiner Vorgeschichte unter einer posttraumatischen Belastungsstörung leide. Nachdem er im Tschetschenien-Krieg gegen Russland gekämpft hatte, sei er nach eigenen Angaben bei der Verbüßung einer Haftstrafe in Russland gefoltert worden. Er habe Dantendorfer erzählt, dass er etwa seinen eigenen Bruder auf dessen eigenen Wunsch erschießen musste, weil der aufgrund seiner Drogensucht nicht mehr leben wollte. Selbstmord sei in seiner Religion verboten, sagte der Psychiater.

Opfer verkaufte Drogen

Zu der posttraumatischen Belastungsstörung würden der Drogenkonsum und eine erhöhte Reizbarkeit passen, sagte Dantendorfer. Der Angeklagte sei jedoch zum Tatzeitpunkt diskretions- und dispositionsfähig gewesen. „Hätte ich keine Drogen genommen, wäre das nicht passiert“, hatte der 46-Jährige zuvor erklärt. Das Opfer hatte als Kleinkrimineller mit Suchtgift gehandelt und auch den 49-Jährigen, der laut Anklage regelmäßig Suchtmittel wie Substitol und Kokain konsumierte, mit Drogen versorgt. „Er hat mich süchtig gemacht, er hat mir gezeigt, wie man sich das spritzt“, meinte der Angeklagte.

Die Ehefrau des Angeklagten bestätigte in ihrer zeugenschaftlichen Einvernahme, dass ihr Mann schon früher von Schlangen halluziniert hätte. Die Verhandlung wird am 4. September fortgesetzt.

Die Anwälte Elmar Kresbach (L.), Liane Hirschbrich und der Anklagte vor Beginn eines Prozesses nach einen Mord im Skaterpark in Meidling

APA/Robert Jäger

Die Anwälte Elmar Kresbach und Liane Hirschbrich sprechen von einer „allgemein begreiflichen, heftigen Gemütsbewegung“ ihres Mandanten

Mehrere Stiche in Rippen und Lungenflügel

Geldschulden aus den Drogengeschäften sorgten immer wieder für Streitereien zwischen den beiden Männern. Zu Drohungen und Auseinandersetzungen kam es, weil der 49-Jährige sexulle Handlungen von der 20-jährigen Tochter des Angeklagten verlangte. Laut Anklage sagte der 46-Jährige, „er werde ihn begraben“, sollte er die Tochter nicht in Ruhe lassen.

Die Situation eskalierte am 4. Jänner in einem Skaterpark bei der U-Bahn-Station Längenfeldgasse. Beide Männer spritzten sich Drogen, dann gerieten sie in Streit. „Er sagte etwas gegen meine Frau und dass er mich wie einen Hund in der Hand hat“, schilderte der Angeklagte vor Gericht. Er würgte seinen Kontrahenten mit einem Schal, dann stach er mehrere Male heftig auf ihn ein. Zwei Rippen und eine Lungenflügel wurden dabei durchstochen.

„Miststück, das keinen Platz verdient“

Bei der Polizei, gegenüber dem Haftrichter und beim Gerichtspsychiater hatte der 46-Jährige übereinstimmend detaillierte Angaben zur Tat und seinem Vorsatz gemacht. Das Opfer bezeichnete er in diesen Aussagen als „Miststück, das keinen Platz auf dieser Welt verdient“. Er habe das Ganze mit einem Messer „finalisiert“, um sicherzugehen, dass das Opfer „keinesfalls überlebt“, wird in der Anklageschrift aus entsprechenden behördlichen Aktenvermerken zitiert.

„Ich habe das so nicht gemeint“, kommentierte er im Prozess diese Aussagen, „ich stehe zu meinen Taten, aber kann Ihnen versichern, dass ich kein Mörder bin.“ Die Anwälte des Angeklagten machten eine „allgemein begreifliche, heftige Gemütsbewegung“ ihres Mandanten geltend.

Toter in Skaterpark gefunden. Kriminalbeamte bei der Spurensuche

APA/Herbert P. Oczeret

Spurensicherung am Tatort

„Ehrenmord“ angekündigt

Fünf Burschen fanden am 4. Jänner in einem Gebüsch die Leiche und alarmierten die Polizei - mehr dazu in Toter in Skaterpark: Identität geklärt. Man kam relativ rasch auf die Spur des mutmaßlichen Täters, da dieser zuvor wiederholt Drohungen gegen das Opfer ausgestoßen und einen „Ehrenmord“ angekündigt haben soll. Er wurde in der Wohnung eines Landsmanns festgenommen.