Mehr Wiener wollen Waffen kaufen

Um sich vor Überfällen zu schützen, trägt eine Wiener Trafikantin sichtbar eine Waffe. Laut Polizei nehmen allgemein die Anträge auf Waffenscheine zu. Derzeit gibt es mehr als 85.000 registrierte Waffen in Wien, die Dunkelziffer soll weit höher sein.

„Das ist eine Glock 17, eine typische Polizeiwaffe. Die ist schussbereit“, so Eva Dolezal. Weil bei den Nachbarn schon mehrmals eingebrochen wurde, steht sie immer öfters bewaffnet in ihrer Trafik in der Sechshauserstraße in Rudolfsheim-Fünfhaus. In einer nahe gelegenen Schießhalle trainiert die Trafikantin regelmäßig für den Ernstfall.

Trafikantin mit Waffe

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Eva Dolezal will sich und ihre Trafik mit einer sichtbaren Waffe schützen

Polizei gegen „private Armee“

In Wien wurden allein im vergangenen Jahr 460 Anträge auf waffenrechtliche Dokumente gestellt. Dabei sei die Polizei bei Waffen in Privatbesitz strenger als früher. „Wir wollen hier keine privaten Armeen mit Waffenbesitz. Denn es gibt viele Situationen, wo man als Einzelperson mit einer Waffe sogar stark im Nachteil sein kann. Wir empfehlen immer, die Gefahrensituation sofort zu verlassen und auf jeden Fall die Polizei zu verständigen“, so Polizeisprecher Roman Hahslinger.

Schießhalle in Wien

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In einer Schießhalle trainiert die Trafikantin regelmäßig für den Ernstfall

Psychologen kritisieren „Gutachtentourismus“

Jeder fünfte Waffenantrag wurde im vergangenen Jahr zurückgezogen oder abgewiesen. Die restlichen Antragsteller hätten alle Voraussetzungen erfüllt, darunter auch ein positiv absolviertes psychologischen Gutachten. Dieses könne im Vorfeld jedoch beliebig oft wiederholt werden.

TV-Hinweis:

Eine „Am Schauplatz“-Reportage über Waffen in Österreich gibt es bis 11. September 2014 on demand in der ORF TVthek.

„Die Personen, die den Antrag stellen, können eine Art Gutachtentourismus vollziehen, bis sie dann endlich ein positives Gutachten bekommen“, kritisiert die Wiener Psychologin und Gutachterin Karin Busch-Frankl. Nicht einmal jeder zehnte Antragsteller würde durchfallen. Daher floriere das Geschäft in den Wiener Schießhallen.

Waffengebrauch bei Notwehr

Ein Wiener Juwelier, der im Juli 2013 bei einem bewaffneten Raubüberfall auf sein Geschäft im Bezirk Rudolfsheim-Fünfhaus einen der drei Täter erschossen hatte, handelte in Notwehr. Zu diesem Ergebnis kam die Staatsanwaltschaft.

Eine zweifelsfreie Notwehrsituation ist laut Strafgesetzbuch (StGB) dann gegeben, wenn der Waffengebrauch der „notwendigen Verteidigung“ dient, um einen „gegenwärtigen oder unmittelbar drohenden Angriff auf Leben, Gesundheit, körperliche Unversehrtheit, Freiheit oder Vermögen abzuwehren“ - mehr dazu in Juwelier erschoss Räuber: Notwehr (wien.ORF.at; 2.1.2014).