AUA-Management unter Druck

Das AUA-Management ist nach dem KV-Urteil des Europäischen Gerichtshofs zugunsten der Piloten unter Druck. Nachzahlungen von einigen Millionen Euro werden erwartet, die Gefahr eines Konkurses wird aber dementiert.

Im Kern ging es im Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof um die Frage, ob der kurz vor dem umstrittenen Übergang des fliegenden Personals von AUA auf Tyrolean Mitte 2012 aufgekündigte Kollektivvertrag (KV) nachwirkt oder nicht. Der EuGH kam am Donnerstag zur Vorabentscheidung, dass ein alter Kollektivvertrag auch bei einem Betriebsübergang nachwirkt. Nach dem EuGH-Urteil muss der heimische Oberste Gerichtshof (OGH) die Letztentscheidung treffen.

Damit ist der Druck auf die AUA-Geschäftsführung massiv gestiegen, mit dem Betriebsrat auf dem Verhandlungsweg zu einer Einigung über die künftige Bezahlung ihrer Mitarbeiter zu kommen. „Die wirtschaftlich schwierige Situation und der heutige EuGH-Entscheid haben uns in unserem Willen bestärkt, weiter an einer außergerichtlichen Lösung am Verhandlungstisch zu arbeiten“, schrieb Klaus Froese, Tyrolean-Geschäftsführer und auf Firmenseite Chefverhandler über den neuen Kollektivvertrag, in einer Aussendung.

Flugzeuge der AUA am Flughafen Wien-Schwechat

APA/Herbert Pfarrhofer

Die Nachzahlungen an das fliegende Personal kommen die AUA nun teuer

Betriebsrat für KV-Verhandlungen

Karl Minhard, Betriebsratsobmann des AUA-Bordpersonals, freute sich, dass - nach dem Urteil des EuGH - „wir nicht mehr verhandeln müssen, was Rechtslage ist“. Auch er will nun aber nicht auf die Umsetzung des Spruchs durch den OGH in Österreich warten. „Wir werden KV-Verhandlungen führen müssen“, sagte Minhard Donnerstagabend zur APA, „wir sind nicht blauäugig, wir wissen, mit dem Urteil verantwortungsvoll umzugehen“.

Zwar könnten die Ansprüche der letzten zwei Jahre, die durch die Anwendung des Tyrolean-KV entstanden sind, nicht „wegverhandelt“ werden. „Aber wir können über einen tragfähigen KV für die Zukunft verhandeln“. Auch sei es in einem begrenzten Rahmen möglich, Vergleichszahlungen auszuhandeln.

Bisher war sogar umstritten, ob es sich bei den Treffen zwischen Firmenführung und Betriebsrat nur um „Gespräche“ oder um „Verhandlungen“ handelt. „Ich denke, dass es Verhandlungen werden müssen“, sagte Minhard. Denn wenn die Rückstellungen schlagend werden, „müssen wir irgendetwas liefern“, sieht er die wirtschaftliche Lage der Airline realistisch. Termin gibt es allerdings noch nicht.

Lufthansa schoss 1,16 Mrd. Euro zu

Die Lufthansa wiederum pocht darauf, dass sie der AUA seit dem Kauf 1,16 Mrd. Euro zugeschossen habe: 1 Mrd. bis 2011, dann 2012 noch 160 Mio. Euro für einen neuen Flieger und neue Kabinen. Dazu kommt noch eine Morgengabe der Republik Österreich beim Verkauf der AUA von 500 Mio. Euro, die ebenfalls „verbrannt“ worden sei. Aus Sicht der Lufthansa, die selber wirtschaftlich schon besser dastand, reicht es nun. Das scheinen die Vertreter der Mutterfirma im AUA-Aufsichtsrat am Donnerstag sehr eindringlich deponiert zu haben.

Auch aus Sicht der AUA-Geschäftsführung ist die Position des Betriebsrates durch das EuGH-Urteil klar gestärkt. Würde allerdings einfach die Zeit zurückgedreht und der alte AUA-KV wieder eingeführt, dann wäre der Weiterbestand der Fluglinie bedroht. Daher wird jetzt von der AUA auf rasche und offene Verhandlungen mit dem Betriebsrat gesetzt.

Parallel dazu „wird der Vorstand nun trotzdem mit dem Ausarbeiten von Alternativszenarien starten und diese bei einer a.o. Aufsichtsratssitzung Anfang Oktober präsentieren“ hieß es in einer AUA-Mitteilung. In der Vergangenheit wurde als Alternativen schon die Umwandlung in einen Billigflieger, Änderungskündigungen oder eine Schrumpfkur für das Unternehmen diskutiert. Minhard zeigte sich über Überlegungen zu Alternativszenarien in der Aussendung „nicht überrascht“. Angesichts der wirtschaftlichen Lage sei dies zu erwarten gewesen.

Konzern-KV als neues Ziel

Schon vor dem Aufsichtsrat wurde vom Management bestritten, dass der teure Tiefschlag wegen hoher Nachzahlungen und wieder höherer Personalkosten die Airline in die roten Zahlen stürzt oder Konkursgefahr bringt. Mit Blick auf den Rechtsstreit hatte die AUA im Sommer Rückstellungen in zweistelliger Millionenhöhe gebildet.

„Wir sind in einer stabilen Situation“, meinte AUA-Sprecher Peter Thier. Ein geplantes milliardenschweres Investitionsprogramm liegt aber auf Eis - „weil wir eine tragfähige zukunftsfähige Lösung brauchen, um Investitionen stemmen zu können“, so Thier.

Als Ziel hat das Management nun einen Konzernkollektivvertrag ausgegeben. 3.000 Personen, die Hälfte der gesamten Belegschaft, gehören zum fliegenden Personal. 1.700 davon waren im AUA-KV, rund 1.000 im Tyrolean-KV. Laut Thier ist offen, wie der alte Kollektivvertrag nachwirke und ab wann und „wie sich die beiden Kollektivverträge zueinander verhalten“.

Betriebsrat attackiert AUA-Chef

Karl Minhard und Gottfried Winkler, Vorsitzender der Gewerkschaft vida, kritisierten nach dem EuGh-Spruch AUA-Konzernchef Jaan Albrecht scharf. „Wir haben immer vor einem Bauchfleck im Zusammenhang mit dem riskanten Kurs von Albrecht mit Betriebsübergang und KV-Kündigung gewarnt“, hieß es in einer Stellungnahme von Minhard und Winkler. Bei den Verhandlungen über einen neuen KV seien „über zwei Jahre vertan“ worden.

Unternehmen und Beschäftigte stünden vor „Albrechts Scherbenhaufen“. Die Vorgangsweise ohne einen „Plan B“ sei in hohem Maße verantwortungslos gewesen. „Vor dem Hintergrund des positiven Urteils streben wir aber weiter eine Verhandlungs- und Vergleichslösung mit dem Unternehmen an“, so Winkler und Minhard.

Andreas Otto neuer AUA-Vorstand

Umgestellt werden soll in den nächsten Monaten das Tarifsystem auf Kurzstrecken. Zusatzdienstleistungen sollen auch bei der AUA künftig vermehrt extra berechnet werden, Basistickets („Flight only“) dafür billiger werden.

Andreas Otto

Lufthansa Cargo

Andreas Otto

Bei der Aufsichtsratssitzung wurde Andreas Otto als Nachfolger von Karsten Benz zum AUA-Vorstand bestellt, Otto zieht am 1. Oktober in den Vorstand ein. Otto ist derzeit Produkt- und Vertriebsvorstand bei der Lufthansa Cargo, er wird Chief Commercial Officer (CCO). Karsten Benz kehrt zur AUA-Mutter Lufthansa zurück.

Die personelle Neubesetzung sei „ein klares Bekenntnis der Lufthansa Group zur Weiterentwicklung von Austrian Airlines als Qualitäts-Airline am Standort Wien“, wird Harry Hohmeister, der Vorsitzender des Aufsichtsrates sowohl bei der Austrian Airlines als auch bei Lufthansa Cargo, in der Aussendung zitiert.

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