Wirtschaft für City-Sonntagsöffnung

In der Debatte rund um die Sonntagsöffnung spricht sich die Wiener Wirtschaftskammer nun dafür aus, dass die Wiener Innenstadt zur Tourismuszone wird. So sollen Geschäfte dort dann auch am Sonntag offen haben dürfen.

Eine kammerinterne Arbeitsgruppe sei zu dem Schluss gekommen, dass die Schaffung einer solchen Tourismuszone Mehreinnahmen bringen könnte, und zwar 140 Millionen Euro, erklärte der Wiener Wirtschaftskammer-Präsident Walter Ruck am Montag. Dass die Wirtschaftskammer in Sachen Sonntagsöffnung bisher auf der Bremse stand, bestreitet Ruck nicht: „Es handelt sich hier um einen Paradigmenwechsel in diesem Haus.“

Laut der Arbeitsgruppe, bestehend aus Vertretern des Tourismus und des Handels, würden zudem an die 800 neue Arbeitsplätze entstehen. Dass die Innenstadt zum Zug kommen soll, liegt laut Ruck ebenfalls an den vorhandenen Daten. Denn hier gebe es die meisten Hotels und Sehenswürdigkeiten. Wobei auch eine großräumigere Abgrenzung nicht völlig abgelehnt wird. Laut Ruck wurden im Rahmen der Erhebung auch die Untere Mariahilfer Straße bzw. der Bereich rund um das Schloss Schönbrunn als mögliche Tourismuszonen genannt.

Fußgängerzone Kärntner Straße

ORF.at/Julia Hammerle

Die Wirtschaftskammer ist für offene Geschäfte am Sonntag in der Innenstadt

Urabstimmung unter allen Wiener Firmen

Im ersten Bezirk gibt es auch bereits Befragungsdaten. Bei einer Umfrage unter 500 Betrieben sprachen sich laut Ruck 71 Prozent für eine solche Zone aus. Im Handel allein ist die Zustimmung nicht mehr ganz so groß: 64 Prozent antworteten dort mit einem Ja.

Was nun folgt, ist die laut eigenen Angaben größte Befragung in der Geschichte der Wirtschaftskammer. Die Urabstimmung soll bereits in den kommenden Wochen durchgeführt werden. Teilnehmen dürfen daran alle Wiener Firmen. „Ich möchte mir nicht vorwerfen lassen, dass ich einen Teil der Leute ausschließe“, betonte Ruck. Und er sei sich auch bewusst, dass die Zustimmung „nicht hundertprozentig“ ausfallen werde.

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Sonntagsöffnung ab 2015 möglich

Gespräche mit der Stadt Wien und den Arbeitnehmervertretern sollen ebenfalls schon demnächst beginnen. Läuft alles nach Kammer-Plan, könnte bereits 2015 die sonntägliche Aufsperrerlaubnis erteilt werden, schätzte Ruck. Formal ist für die Einrichtung einer Tourismuszone Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ) zuständig.

Dass die Wirtschaftskammer nun für eine Tourismuszone eintritt, liege an der veränderten Situation. Seit 2004 habe sich die Gesamtzahl der Betten verdoppelt, so der Ruck. Ganz Wien zur Tourismuszone zu machen wäre aus seiner Sicht nicht sinnvoll, beteuerte dieser: „Wir zielen nicht auf eine Umsatzverlagerung ab.“ Auch die Einrichtung solcher Zonen um Verkehrsknotenpunkte, also etwa die großen Bahnhöfe, lehnt er ab. Die Frage, wie weit eine Tourismuszone reichen würde, ist in Wien höchst umstritten - mehr dazu in Sonntagsöffnung: Tourismuszonen für Wien?.

Tourismus begrüßt Vorstoß

Wiens Touristiker zeigten sich am Montag über den Vorstoß der Wirtschaftskammer. Unterstützung kam mittels Aussendungen sowohl von den Fachgruppen Hotellerie und Reisebüros als auch von der Gesamtsparte Tourismus und Freizeitwirtschaft in der Kammer. Auch die Sparte Handel reagierte mit Zustimmung. Der Wiener Tourismusverband ist ebenfalls für eine Sonntagsöffnung - mehr dazu in Kettner für Sonntagsöffnung in der City.

Kritik vom Sozialdemokratischen Wirtschaftsverband

Dass die Zustimmung nicht fraktionsübergreifend vorhanden ist, wurde aber ebenfalls bereits klargestellt - nämlich durch den Sozialdemokratischen Wirtschaftsverband Wien (SWV). „Die Wiener Wirtschaftskammer weigert sich vehement, den Willen der Wiener Händlerinnen und Händler anzuerkennen. Indem sie nun abermals die Interessen weniger, gut vernetzter Hoteliers über die Bedürfnisse der Wiener Einzelhändlerinnen und -händler stellt, beweist sie erneut ein Demokratieverständnis im Miniaturformat“, beklagte SWV-Direktor Peko Baxant.

Und auch eine sozialdemokratisch geführte Fachgruppe, jene der Gastronomie, zeigte sich äußerst skeptisch: Mit „völligem Unverständnis“ reagierte Obman Willy Turecek. Man sei nie in diverse Gespräche eingeladen worden, kritisierte er. Die laut Turecek größte Fachgruppe in der Sparte Tourismus und Freizeitwirtschaft sei gegen die Sonntagsöffnung.

Sonntagsöffnung für Song Contest möglich

Im Wiener Rathaus zeigte man sich vorerst abwartend. „Gesprächen verschließen wir uns grundsätzlich nie“, betonte ein Sprecher von Wirtschaftsstadträtin Renate Brauner (SPÖ). Verwiesen wurde jedoch auch darauf, dass man derzeit für „flexible Lösungen“ eintrete - also dafür, anlassbezogen eine Sonntagsöffnung zu ermöglichen.

Diskutiert wird derzeit etwa, ob zum Song Contest im kommenden Jahr am Sonntag eingekauft werden darf. Der Song Contest war es auch, der die Diskussion um Sonntagsöffnungen erneut entfachte - mehr dazu in Wirtschaft streitet über Sonntagsöffnung.

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