„Bilder-Kerker“: Fotografien von Ulrich Seidl

Ulrich Seidl ist bekannt für seine markanten Bilder. Bisher war sein Medium der Film. Nun gibt es erstmals eine Fotografie-Ausstellung seiner Filme von 1998 bis heute. Seidls Standbilder können bis 14. Februar 2015 in der Galerie OstLicht gesehen werden.

Ein Mann mit dickem Bauch liegt in Badehose auf einem Betonboden vor einer Reihenhausanlage, ein Ehepaar sitzt vor ihren ausgestopften Rehköpfen auf einem Sofa mit Leopardenmuster: Ulrich Seidl begibt sich in seinen Filmen auf Streifzug durch die Abgründe der menschlichen Seele und kreiert dabei Bilder, die im Gedächtnis bleiben. „Ich liebe es, hautnahe Bilder zu machen. Menschen in ihrer Physis ungeschminkt zu zeigen. Gerade darin, in dem Ungeschönten, liegt für mich so etwas wie Schönheit“, sagt Seidl.

„Ich habe als Fotograf begonnen und bin nichts geworden, also wurde ich Filmemacher“, so Seidl gut gelaunt bei der Presseführung. OstLicht-Gründer Peter Coeln ergänzt aber: „Seidl ist als Filmemacher ein Fotograf." Nun werden also erstmals rund 60 Standbilder aus den Filmen als großformatige Fotografien in der Galerie OstLicht gezeigt. Vertreten sind Bilder aus seinen Filmen von 1998 bis heute. Dabei sind: „Models“, „Hundstage“, „Import Export“, „Brüder, lasst uns lustig sein“, die „Paradies-Trilogie“ und sein neuester Film „Im Keller“.

Entfremdung als Markenzeichen

Die Schau ermöglicht nicht nur ein bedächtiges Wandeln durch 16 Jahre Seidl-Filmgeschichte, sondern bietet auch neue Blickwinkel. „Beim Film handelt es sich um flüchtiges Schauen. Ein Bild kann man so lange betrachten, wie man will. Das ist ein ganz anderer Vorgang. Es hängt da ohne Zusammenhang und entwickelt dadurch eine ganz andere Bedeutung“, sagt Seidl.

Ulrich Seidl. Stills 1998 - 2014: Von 4. Dezember 2014 bis 14. Februar 2015 in der Galerie OstLicht

„Seine Fotografien zeichnen sich durch sein Gespür für Komposition aus, sie sind mit größter Genauigkeit bis ins kleinste Detail angeordnet. Seidl arbeitet viel mit Symmetrien“, sagt Stefan Musil, Pressesprecher der Galerie. Diese symmetrischen Bildeinstellungen seien auch das Markenzeichen Seidls, da sie zur Entfremdung führen. In den Fotografien sei dies noch eindringlicher. Angereichert sind die Bilder in der Ausstellung, die oft tatsächlich wie professionelle Set-Fotografien wirken, mit Zitaten aus den Filmen oder dem Regisseur selbst.

„Kein Entkommen aus dem Kerker dieser Bilder“

Der fotografische Blick des Filmautors und Regisseurs wird vor allem auch in seinem neuesten Film „Im Keller“ deutlich. Bild für Bild ist durchgestaltet und minutenlange Standbild-Einstellungen reihen sich aneinander. Die Protagonisten verharren dabei fast bewegungslos in einer Position, so Musil. Autor Stefan Grissemann dazu: „Aus dem Kerker dieser Bilder gibt es kein Entkommen.“

Dass Seidl bei all der Intimität in der Darstellung seiner Protagonisten als junger Fotograf laut eigenen Angaben an der „Nähe zu den Menschen“ gescheitert ist, erklärt er so: „In der Reportagefotografie - und etwas anderes hat mich nicht interessiert - muss man die Leute überraschen, das habe ich nicht geschafft“, so Seidl. Bei seinen Filmen, in denen er den Menschen bekannterweise auch sehr nahe kommt, sei das etwas völlig anders: „Meine Filme haben eine lange Vorbereitungszeit, ich gehe ja nicht einfach mit einem Kamerateam in einen Privatraum und beginne zu filmen.“

Porträt von Ulrich Seidl

OstLicht

Ulrich Seidl

Aufregung um Seidls Filme

Ulrich Seidl wurde 1952 in Wien geboren und wuchs in Horn im Waldviertel auf. Er studierte an der Filmakademie Wien, sein Regiedebüt gab er 1980 mit dem Kurzfilm „Einsvierzig“. Seidl wurde bereits mit zahlreichen internationalen Preisen ausgezeichnet. Zuletzt erregte sein neuester Film „Im Keller“ Aufsehen - mehr dazu in Ulrich Seidl: „Keine Wiederbetätigung“.

Seidl hat auch schon Ausflüge in die Theaterwelt gemacht, beispielsweise entwickelte und inszenierte er 2009 für die Münchner Kammerspiele und die Wiener Festwochen „Böse Buben/Fiese Männer“. 2013 gab es außerdem bereits eine Fotoausstellung, jedoch ausschließlich zur Paradies-Trilogie. Diese wurde in Wien, Berlin, Kiew und in Bratislava gezeigt.

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