„Facebook fürs Grätzel“ startet in ganz Wien

Nachbarn können mehr als in der Nacht Lärm machen - das ist das Motto einer Wiener Online-Plattform, die Nachbarn miteinander vernetzen will. Bisher lief die Plattform „Frag nebenan“ im Testbetrieb für einige Bezirke, nun startet sie in ganz Wien.

Wer kennt einen guten Arzt in der Nähe? Oder ein nettes Lokal? Hat jemand Kinderbekleidung abzugeben? Oder möchte jemand solche haben? Kann wer meine Blumen gießen, während ich auf Urlaub bin? Hat jemand eine Leiter, die er mir borgen kann? - Es sind alltägliche Fragen wie diese, die auf der Online-Plattform „Frag nebenan“ besprochen werden. Besonders gerne werden derzeit etwa Empfehlungen in Sachen Kinderärzte oder Handwerker ausgetauscht, wie Stefan Theißbacher berichtete, einer der Initiatoren des Projekts.

Bisher war die Teilnahme in zehn Bezirken möglich. „Derzeit wird ‚Frag nebenan‘ in rund 850 Häusern eingesetzt. 1.200 Leute sind schon mit dabei, pro Tag registrieren sich 20 bis 30 Personen“, zeigte sich Theißbacher über die bisherige Entwicklung zufrieden. Seit Mai 2014 ist man online, wobei der Testbetrieb in Neubau gestartet wurde. Ab sofort können sich Nutzer aus ganz Wien in das Netzwerk einklinken. Auch eine Expansion in andere österreichische Städte bzw. nach Deutschland wird überlegt.

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Frag nebenan

Die Plattform vernetzt Menschen im Umkreis von 750 Metern

„Privatsphäre bleibt gewahrt“

Wer sich bei „Frag nebenan“ registriert, dessen Adresse wird zunächst verifiziert. Sobald dies geschehen ist, erhält man die Möglichkeit, Menschen zu kontaktieren, die in der Umgebung wohnen - konkret in einem Umkreis von 750 Metern.

Jedoch: Notwendig ist die Preisgabe der Daten auf der Plattform nicht, wie Theißbacher versichert: „Die Privatsphäre bleibt damit gewahrt.“ Lediglich den Betreibern muss Identität und Wohnort bekannt gegeben werden. Im Forum selbst darf sich jeder seinen Usernamen selbst auswählen. Und: Wenn jemand sein Konto löscht, gibt es dieses auch wirklich nicht mehr, wird beteuert.

Suche nach Investoren

Die Teilnahme für Bewohner ist gratis. „Frag nebenan“ ist derzeit als Verein organisiert und finanziert sich über Förderungen bzw. die Mittel der Initiatoren. Für heuer ist jedoch die Umwandlung in ein Unternehmen geplant. Angedacht ist laut Theißbacher etwa, auch Hausverwaltungen bzw. lokalen Unternehmen Zugriff zu gewähren - gegen ein entsprechendes Entgelt. Auch Investoren werden gesucht.

Der Ausbau geschieht zumindest derzeit ohne viel Werbung. Denn: Sobald sich in einem Haus jemand entscheidet mitzumachen, kommen die Nachbarn oft rasch dazu - meist durch klassische Mundpropaganda oder Social-Media-Einladungen. Auch das Schwarze Brett beim Eingang erfüllt hier eine wichtige Funktion. Vor allem Neubauten sind laut dem Betreiber interessant. Hier gebe es oft einen hohen Kommunikationsbedarf. Auch erste Treffen würden dort gerne mittels der Plattform organisiert, so die Betreiber.

Häufigste Nachbarschaftshilfe: Pakete annehmen

Eine im Auftrag der Frag-nebenan-Erfinder durchgeführte österreichweite Umfrage hat übrigens ergeben, dass die häufigste Form der Nachbarschaftshilfe das Entgegennehmen von Paketen ist. Mehr als 60 Prozent der Befragten haben in den vergangenen zwölf Monaten jemandem diesen Gefallen getan. Am seltensten (4,4 Prozent) wurde ein Gästebett zur Verfügung gestellt.

„Wir wollen einen Austausch ermöglichen“, beschreibt Theißbacher die Motivation für die Gründung des Nachbarschafts-Netzes. Man baue Kommunikationsstrukturen auf und bekämpfe damit die zunehmende Isolation in den Städten. Auf den Punkt wird das Bestreben wohl durch jenes Motto gebracht, das die Visitenkarte des Mitgründers ziert: „Weil Nachbarn mehr können als nachts Lärm machen.“

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