Kaum jüdische Rückkehrer an Universität

Über 320 Lehrende der Universität Wien sind nach dem „Anschluss“ Österreichs an das Deutsche Reich 1938 aus politischen oder „rassischen“ Gründen vertrieben worden. Nur 15 Prozent kehrten zurück, ein Symposion beschäftigt sich mit dem Schicksal der Geflohenen.

„Das Unterrichtsministerium hatte wenig Interesse daran, aus rassischen Gründen vertriebene Wissenschafter wieder an die heimischen Unis zurückzuholen. Einen offiziellen Rückkehr-Aufruf gab es nie“, erklärte Andreas Huber, Historiker am Institut für Zeitgeschichte. In einem Vortrag im Zuge des heute startenden Symposiums „Bilderbuch-Heimkehr? Remigration im Kontext“ wird er das Schicksal der insgesamt 153 ins Ausland geflüchteten Lehrenden beleuchten.

Rückkehrwillige Wissenschafter ignoriert

Gerade liberale und - in der Definition der Nationalsozialisten - jüdische Emigranten seien vom Ministerium mit „mehr oder weniger offener Ablehnung“ behandelt worden. So ignorierte man etwa 1946 eine Liste von immerhin 260 rückkehrwilligen Wissenschaftern, die die „Austrian University League of America“ erstellt hatte. Von zumindest 118 jüdischen Professoren, Dozenten und Lektoren, die von der Uni Wien ins Ausland geflüchtet waren und das Ende des Zweiten Weltkriegs im Exil erlebten, kamen dementsprechend auch nur 17 - zumindest zeitweise - als Lehrende nach Österreich zurück.

Das lag laut Huber nicht nur am mangelnden politischen Willen des offiziellen Österreichs, sondern teils auch an den hohen Kosten, die mit der Rückkehr und Wohnungssuche einhergingen. Zudem waren die jüdischen Emigranten durchschnittlich bereits relativ alt, da das zunehmend antisemitische Klima schon vor der Machtübernahme der Nationalsozialisten dafür gesorgt hatte, dass kaum mehr Positionen an jüdische Wissenschafter gingen.

Bessere Chancen für politisch Verfolgte

Deutlich besser erging es jenen Lehrenden, die ihre Posten erst aufgrund von politischer Verfolgung durch das NS-Regime verloren hatten. Denn mit Otto Skrbensky übernahm wieder jener Mann die Leitung der für Hochschulen zuständigen Sektion im Unterrichtsministerium, der diese Funktion bereits im Austrofaschismus innehatte. Er entschied etwa über Bestellungen von Professoren - Wissenschafter, die bereits im Austrofaschismus Karriere gemacht hatten, profitierten. „Die Nachkriegskarrieren der politisch Verfolgten verliefen in der Regel sehr erfolgreich“, so Huber.

Von den meist dem politischen Katholizismus bzw. dem austrofaschistischen Ständestaat nahestehenden Lehrenden verblieb eine weitaus höhere Anzahl auch während des Krieges in Österreich. Nur knapp 20 Prozent (16 Personen) flüchteten ins Ausland - zehn Personen kehrten nach Kriegsende wieder an die Unis zurück.

Die akademischen Behörden sorgten dabei für den richtigen Anreiz: So wurde etwa der Medizinerin und Mitgründerin der katholischen St.-Lukas-Gilde Carla Zawisch-Ossenitz eine Lehrkanzel versprochen, auch Kirchenrechtler Willibald Plöchl, ehemals im Führerrat der „Vaterländischen Front“, erhielt nach seiner Remigration 1948 bereits im Jahr darauf eine ordentliche Professur.

Antisemitische Ressentiments auch nach 1945

Akademisch weniger gut erging es jenen jüdischen Emigranten, die trotz aller Widrigkeiten zurückkehrten: Von elf dauerhaft wieder in Wien situierten Wissenschaftern erhielten nur drei in den Nachkriegsjahren das Ordinariat.

Andere scheiterten vor allem an immer noch vorhandenen antisemitischen Ressentiments, wie Huber erklärte. So beispielsweise die Philologin Gertrud Herzog-Hauser: Zwar wurde ihr der - für ihre arbeitsrechtliche Stellung belanglose - Titel der außerordentlichen Professorin wieder verliehen, ihre Bewerbung für eine Lehrkanzel in Innsbruck schlug jedoch fehl. Das Symposium „Bilderbuch-Heimkehr? Remigration im Kontext“ dauert bis 20. Februar, veranstaltet wird es von der Wienbibliothek und dem Institut für Germanistik der Universität Wien.

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