Polizeigewalt: StA Eisenstadt ermittelt

Die Frage, ob eine 47-jährige Frau in der Silvesternacht in Wien von mehreren Polizisten misshandelt worden ist, wird die Staatsanwaltschaft Eisenstadt klären. Die Oberstaatsanwaltschaft hat am Freitag der Staatsanwaltschaft Wien die Ermittlungen entzogen.

Wie Behördensprecher Michael Klackl gegenüber dem ORF-Radio erklärte, wird die Eisenstädter Anklagebehörde auch das gegen die Frau laufende Verfahren wegen versuchten Widerstands gegen die Staatsgewalt und schwerer Körperverletzung weiterbearbeiten. Zu dieser Entscheidung sei man „nach gründlicher Prüfung“ gelangt, „um jeden Anschein von Befangenheit zu vermeiden“, erläuterte Klackl.

Festnahme von Überwachungskamera festgehalten

Die 47-Jährige war auf dem Gelände einer Tankstelle in der Innenstadt aus offenbar nichtigem Anlass festgenommen worden, wobei die Szenen von einer Überwachungskamera erfasst wurden und auf einem halbstündigen Video dokumentiert sind. Nach der Amtshandlung, bei der es zu Gewalttätigkeiten gekommen sein dürfte, wurden bei der Frau im Wiener Allgemeinen Krankenhaus (AKH) unter anderem ein Bruch des Steißbeins, Prellungen von Schädel und Knie sowie Blutergüsse festgestellt - mehr dazu in Video soll Polizeigewalt belegen.

Bild aus Überwachungskamera

Wochenzeitung "Falter"

Standbild aus der Überwachungskamera

Die Staatsanwaltschaft Wien brachte in weiterer Folge gegen die Frau einen Strafantrag ein, ohne die Polizisten zum Sachverhalt zu vernehmen, das Video zu sichern oder ein gerichtsmedizinisches Gutachten in Auftrag zu geben. Die Leiterin der Staatsanwaltschaft Wien, Maria-Luise Nittel, und der zuständige Sektionschef im Justizministerium, Christian Pilnacek, nannten die Anklageerhebung am vergangenen Mittwoch „vorschnell“, nachdem die Wochenzeitung „Falter“ den Fall publik gemacht hatte. Der zuständige Staatsanwalt habe es verabsäumt, vor Einbringen seines Strafantrags das gesamte Beweismaterial zu berücksichtigen, räumte Nittel ein - mehr dazu in Gewaltvorwürfe: Staatsanwaltschaft bedauert.

Polizei sieht „keinen Hinweis auf Misshandlung“

Während die Staatsanwaltschaft dieses Versäumnis bedauerte und Sektionschef Pilnacek das Vorgehen der Polizei als „sicherlich aufklärungsbedürftig“ bezeichnete, behauptete der Wiener Vize-Polizeipräsident Karl Mahrer in „Wien heute“, aus dem Video ergebe sich „keinerlei Hinweis auf eine Misshandlung“. Und weiter: „Die Verletzung einer Person in einer Situation, in der ein Betroffener mit einem Polizisten in eine körperlich Auseinandersetzung kommt, bedeutet nicht automatisch, dass die Polizei rechtswidrig gehandelt hat, sondern oft das Gegenteil“ - mehr dazu in Video: „Kein Hinweis auf Misshandlung“.

Im Unterschied zu einer Anklageschrift entfaltet ein Strafantrag unmittelbare Rechtskraft, sobald er eingebracht wird. Der Prozess gegen die 47-Jährige hätte noch im März stattfinden sollen. Im Hinblick auf die jüngsten Entwicklungen wurde die Verhandlung mittlerweile abberaumt.

„Unverständlich, dass Institution sich selber prüft“

Der Grüne Sicherheitssprecher Peter Pilz hatte am Donnerstag gefordert, dass eine unabhängige Kommission eingerichtet wird, die Misshandlungsvorwürfe gegen die Polizei prüft - mehr dazu in Polizeigewalt: Pilz fordert Konsequenzen. Auch der Psychiater Ernst Berger, der Vorsitzender einer Menschenrechtskommission der Volksanwaltschaft ist, fordert, dass künftig nicht mehr Polizisten gegen Polizisten ermitteln sollen, wenn es um Polizeiübergriffe geht, sondern eine vom Innenministerium unabhängige Institution.

"Es ist für uns unverständlich, die wir im Rahmen der Sicherung von Menschenrechten tätig sind, dass eine Institution bei so wichtigen Dingen sich selber prüft. Aus diesem Grund ist es absolut notwendig, dass es hier zu Änderungen kommt, für den Fall, dass Verletzungen, Misshandlungsvorwürfe gegen die Polizei erhoben werden, dass dann die Prüfung unmittelbar und nicht erst in einer zweiten Stufe von unabhängigen Experten durchgeführt wird“, sagt Berger gegenüber Ö1.

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