Versteckspiel mit Asylwerbern im Resselpark

Zum Versteckspiel laden sechs Asylwerber bis 21. März Passanten im Resselpark ein. „Organized Disintegration“ heißt das Projekt der Künstlerin Núria Güell, die damit die Bedingungen thematisiert, unter denen Asylwerber in Österreich leben und arbeiten.

Das Publikum sucht und die Mitwirkenden verstecken sich. „Wir starten damit einen Dialog über die Arbeits- und Lebensbedingungen von Asylwerbern“, sagte Katalin Erdödi, Kuratorin des imagetanz-Festivals, das im Veranstaltungshaus brut zu sehen ist. „Es ist keine Performance im klassischen Sinne, sondern eine Intervention im öffentlichen Raum.“

Gemeinsam mit dem brut hat die katalanische Künstlerin Núria Güell in ihrem Projekt die rechtlichen Bedingungen des Arbeitsmarktzugangs in Österreich durchleuchtet. „Asylwerber haben oft das Bedürfnis unsichtbar zu werden um sich Arbeit zu suchen“, sagte Erdödi.

Flüchtling im Resselpark beim Projekt "Organized Disintegration"

brut Wien

Auf Flüchtlingssuche können sich die Passanten im Resselpark begeben

Güell hat nun Wege gesucht, mit den Mitwirkenden im Rahmen der Zusammenarbeit für „Organized Disintegration“ legale Arbeitsverhältnisse zu schaffen. „Ich habe schon von mehreren Seiten gehört, dass sie gerne mit Asylwerbern zusammenarbeiten wollen, jedoch wissen sie nicht, wie sie es legal machen sollen“, sagte die Kuratorin. Dazu wollte das brut gemeinsam mit Peter Marhold, der als Anwalt für den Verein „Helping Hands“ arbeitet, einen Leitfaden erstellen. Die Idee konnte bisher aber nicht umgesetzt werden. „Es ist ein ziemliches Mienenfeld eine Abgrenzung zur legalen Beschäftigung zu finden“, sagte Marhold.

Gesetz und Verdienstgrenze erschweren Arbeitssuche

Laut Ausländerbeschäftigungsgesetz ist der Zugang zu selbständiger und unselbständiger Arbeit drei Monate nach Zulassung zum Asylverfahren in Österreich möglich. Arbeiten dürfen aber nur jene, die eine Beschäftigungsbewilligung bekommen. Diese muss vom Arbeitgeber beantragt werden und darf nur nach dem Ersatzkräfteverfahren erteilt werden. Asylbewerber bekommen erst dann die Bewilligung, wenn für die offene Stelle weder ein Inländer noch ein in den Arbeitsmarkt integrierter Ausländer zur Verfügung steht.

Veranstaltungshinweis:

„Organized Disintegration“ von Núria Güell, bis 21. März, Treffpunkt: Mobiles Stadtlabor der TU im Resselpark, an Wochentagen von 16.00 bis 20.00 Uhr, am Samstag von 14.00 bis 20.00 Uhr.

Aufgrund des „Bartenstein-Erlasses“ von 2004 dürfen Beschäftigungsbewilligungen zudem nur für Ernte- und Saisonarbeit vergeben werden. Als Selbstständige können Asylwerber arbeiten, sofern die als „neue Selbstständige“ gemeldet sind oder einen freien Gewerbeschein besitzen. „Wenn Asylsuchenden selbständig tätig sein wollen, bleibt ihnen in der Praxis nur der Bereich der Zeitungskolportage oder der Prostitution“, sagte eine Sprecherin der Caritas. „Auch die Möglichkeit für jugendliche Asylwerber eine Lehre zu beginnen ist auf Lehrberufe, in denen ein nachgewiesener Lehrlingsmangel besteht, beschränkt und verlangt ein Ersatzkräfteverfahren.“

Projekt

brut Wien

Das Publikum sucht und die Mitwirkenden verstecken sich

In der Praxis bekommen Asylwerber kaum Arbeit. Laut Presse bekamen 2012 von rund 20.000 in Österreich lebenden Asylsuchenden 428 eine Saisonarbeit. Neben den Zugangsvoraussetzungen ist auch die Zuverdienstgrenze ein Problem. „Wer über 100 Euro dazuverdient, verliert die Grundversorgung“, sagte Peter Langthaler von der asylkoordination Österreich.

Werkvertrag als mögliche Beschäftigungsart

Mit dem Werkvertrag sehen Erdödi und Marhold eine eventuelle Möglichkeit, Asylwerber zu beschäftigen. „Wenn keine Beschäftigungsbewilligung vorliegt, ein Asylwerber nicht weisungsgebunden ist, keine festen Arbeitszeiten hat und keine fremden Betriebsmittel verwendet, dann ist es ein Werkvertrag“, sagte Marhold. Sozialrechtliche Probleme ließen seine Idee bisher scheitern. „Die Abgrenzung des Werkvertrags vom freien Dienstnehmervertrag ist schmal. Sehr schnell könnte jemandem dann eine illegale Beschäftigung vorgeworfen werden“, sagte Marhold.

Projekt

brut Wien

„Organized Disintegration“ als Intervention im öffentlichen Raum

Erst kürzlich berichtete „Der Standard“ von einem Sozialarbeiter, der 1.730 Euro Strafe wegen illegaler Beschäftigung eines Ausländers zahlen musste. Er hat einem sudanesischen Flüchtling für Hilfe im Garten 110 Euro Trinkgeld gegeben.

Petition: 17.000 für Öffnung des Arbeitsmarktes

„Wir werden am Leitfaden weiterarbeiten“, zeigte sich die Kuratorin optimistisch. Auch Alexander Pollak von SOS Mitmensch beschäftigt sich mit dem Arbeitsmarktzugang für Asylwerber und fordert die Aufhebung des „Bartenstein-Erlasses“. „Es ist eine Katastrophe, dass wir keinen regulären Zugang haben“, sagte Pollak, der letztes Jahr eine Online-Petition für die Aufhebung des Arbeitsverbots für Asylsuchende startete.

Im November 2014 übergab er schließlich 17.000 Unterschriften dem Sozialministerium. Dort heißt es aber nur: „Die Situation ist klar. Wir haben eine hohe Arbeitslosigkeit und es wird auch keine Entspannung geben. Daher ist es nicht möglich, den Arbeitsmarkt für Asylwerber derzeit zu öffnen.“

Links: