Koalitionskrise: Interne Kritiker bei SPÖ und Grünen

Obwohl die Wiener SPÖ einen Grün-Mandatar abgeworben hat, wollen die Grünen bis zur Wahl im Herbst in der Koalition bleiben. Joachim Kovacs, Klubchef der Ottakringer Grünen, plädiert aber für ein sofortiges Ende der Koalition. Auch bei der SPÖ gibt es interne Kritik.

Eskaliert war die zuvor schon angespannte Stimmung am Freitag, nachdem die SPÖ ausgerechnet Senol Akkilic, einen Abgeordneten der Grünen, mit Aussicht auf ein fixes Mandat abgeworben und so eine Änderung des Wahlrechts endgültig verhindert hatte. Der kleine Koalitionspartner holte daraufhin zu einer Verbalattacke in Richtung Sozialdemokraten aus, sprach von Vertrauensbruch und unentschuldbaren faulen Tricks, kündigte aber zugleich an, in der Koalition zu bleiben, um Projekte in Arbeit noch zu beenden - mehr dazu in Grüne bleiben trotz „übler Tricks“ in Koalition.

Kraftausdrücke und Skepsis bei den Grünen

Eine Entscheidung, die nicht alle Grüne toll finden - beispielsweise Kovacs. „Stand heute bin ich für das AUS der Koalition“, schreibt er in seinem Blog. Denn: „Was spricht denn noch für eine Fortsetzung einer Koalition, wenn sich der Partner mit dem Arsch auf dein Gesicht setzt?“ Er fordert die Parteispitze auf, in den Gremien „offen über ein Ende mit Schrecken, als über einen Schrecken ohne Ende“ zu diskutieren. „Soll die SPÖ und (der übergelaufene Grün-Mandatar, Anm.) Senol Akkilic das halbe Jahr allein regieren. Die Grüne Handschrift ist und bleibt auch so in dieser Stadt sichtbar“, meint Kovacs.

„Skeptisch, wie es weitergehen kann“, ist auch die grüne Landtagsabgeordnete Birgit Hebein, wie sie der APA am Montag sagte: „Für mich persönlich ist die rot-grüne Partnerschaft beendet.“ Mit Blick auf die Zeit nach der Wahl hofft sie aber, „dass sich die guten Kräfte innerhalb der SPÖ durchsetzen werden“. Den größten Schaden an der Aktion habe aber sowieso nicht Rot-Grün, sondern die Politik selbst genommen, „weil die Menschen dieses machtpolitische Verhalten satthaben“.

„Ein Tag, an dem sich viele auf die Zunge beißen“

Doch nicht nur bei den Grünen gibt es parteiinterne Skeptiker. Auch in der SPÖ sind einige Genossen zumindest verwundert über die Vorgangsweise der eigenen Partei. Die gewohnt kritische „Sektion 8“ - sie setzte etwa gegen den Willen der roten Granden inklusive Bürgermeister Michael Häupl das Aus für das Kleine Glücksspiel durch - vermerkte etwa via Facebook: „Welcher Ruck würde eigentlich durch die Stadt gehen, wenn sich die Wiener SPÖ-Führung mit demselben Verve, den sie jetzt beim Wahlrecht an den Tag legt, der Entwicklung und Umsetzung neuer Inhalte verschreibt?“

Bedauern ob des Koalitionskrachs dürfte auch der SPÖ-Abgeordnete Jürgen Czernohorszky empfunden haben und dabei wohl auch mit dem Vorgehen seiner eigenen Fraktion nicht ganz glücklich gewesen sein. „Heute ist ein Tag, an dem sich viele auf die Zunge beißen, ich auch“, twitterte er noch am Freitag. Nachsatz: „Mit einer Ausnahme: Ich wünsche mir, dass Rot-Grün Zukunft hat.“