Junge Frauen und Migranten oft benachteiligt

Viele junge Wiener unter 30 stellen der Stadt bei der Lebensqualität ein gutes Zeugnis aus. Beim Job, beim Wohnen und beim Zugang zu Freizeitangeboten sind junge Migranten und Frauen aber benachteiligt, zeigt eine aktuelle Studie der Arbeiterkammer (AK).

Fast alle jungen Wiener leben „sehr gerne“ (63 Prozent) oder „gerne“ (34 Prozent) in ihrer Stadt. Die allgemeine Lebenszufriedenheit wurde in den Befragungen des Instituts SORA im Auftrag der AK zu 43 Prozent mit „sehr zufrieden“ beurteilt. Für die Untersuchung wurden Daten der Lebensqualitätsforschung der Stadt Wien aus den Jahren 2003, 2008 und 2013 sowie teilweise die Mikrozensuszahlen von 2007 und 2012 herangezogen.

„Es gibt aber auch eine Gruppe junger Menschen, die Wien nicht so lässig sieht“, betonte AK-Präsident Rudolf Kaske bei der Pressekonferenz. Betroffen seien vor allem Frauen, junge Migranten und Personen, die maximal einen Lehrabschluss oder weniger vorzuweisen haben. Diese Gruppen hätten oft keine gut bezahlte Arbeit, eine schwierige Wohnungssituation und wenig Geld für Freizeitaktivitäten, so Kaske.

37 Prozent der Jungen in Teilzeit

Mehr als jeder dritte Wiener (37 Prozent) bis 30 Jahre arbeitet Teilzeit, ein Viertel ist überqualifiziert für den eigenen Job, und 17 Prozent befinden sich in einem befristeten Dienstverhältnis, erläuterte SORA-Chef Günther Ogris. Vor allem junge Menschen mit abgeschlossenem Hochschulstudium erleben den Berufseinstieg immer häufiger in Form eines Praktikums.

Drei von zehn aus dem Elternhaus ausgezogenen jungen Menschen leben in einem befristeten Mietverhältnis, ein Viertel hat mit erhöhten Wohnkosten und zwölf Prozent mit Überbelegung in der Wohnung zu kämpfen. Von diesen sechs „Prekaritätsrisiken“ seien zahlreiche Personen mehrfach betroffen, warnte Ogris. 41 Prozent der Berufstätigen in Teilzeit sind beispielsweise überqualifiziert. Ein Drittel der jungen Wiener mit befristeten Dienstverträgen hat gleichzeitig einen befristeten Mietvertrag.

Immer weniger Firmen bilden Lehrlinge aus

Die Bevölkerung in Wien werde immer jünger, und vermutlich werde die Hauptstadt noch heuer das „jüngste Bundesland“ Österreichs sein, hob Kaske die Situation der jungen Menschen als „wichtiges Thema“ hervor. Bis 2035 wird die Zahl der unter 14-Jährigen um fast 24 Prozent ansteigen.

Er forderte vor allem Verbesserungen auf dem Arbeitsmarkt. Vor knapp zehn Jahren hätten in Wien noch 4.400 Unternehmen Lehrlinge ausgebildet, 2013 waren es nur noch 3.800, hielt der AK-Präsident dem Facharbeitermangel-Vorwurf der Wirtschaft entgegen. Praktikantenjobs müssten außerdem klar begrenzt sein, und die Situation von jungen Migranten, die oft unterbezahlt und überqualifiziert seien, solle verbessert werden, sagte Kaske.

Bei Wohnungen soll es Befristungen nur noch geben, wenn der Vermieter Eigenbedarf für sich, seine Kinder oder Enkel geltend macht, lautet eine weitere AK-Forderung. Maklerkosten sollte der Auftraggeber bezahlen, zudem seien wirksame Mietobergrenzen notwendig.

Mehr Freiräume ohne Konsumzwang gefordert

In Sachen Freizeitangebot und öffentlicher Verkehr wurde Wien von den jungen Bewohnern überwiegend gut bewertet. Sie wünschten sich laut der SORA-Studie aber mehr Grünflächen und kostengünstige Freiräume ohne Konsumzwang. Als gelungene Beispiele nannte die Arbeiterkammer die Fußballkäfige am Gürtel und das Museumsquartier. Zusätzlich sollten auch die Schulturnhallen mehr geöffnet werden.

Diese Möglichkeiten müsse Wien noch mehr nutzen, der Stadtrand braucht laut AK außerdem eine bessere „Öffi“-Anbindung, etwa S-Bahnen mit einem durchgängigen Zehnminutentakt.

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