Kind tot: Vorwürfe gegen Ärztefunkdienst

Ein Bub liegt mit einer schweren Infektion im Sterben, und der gerufene Arzt kommt einfach nicht: Dieser Fall soll sich im März 2014 in Mariahilf abgespielt haben. Jetzt erheben die Eltern des dreijährigen Kindes schwere Vorwürfe.

„Unser Sohn könnte noch leben, wenn man beim Ärztefunkdienst die Lebensgefahr erkannt hätte“, sagen die Eltern des verstorbenen Kindes in der ORF-Sendung „Bürgeranwalt“. Das sollen auch Tonband-Protokolle beweisen. Der tragische Vorfall ereignet sich am 7. März 2014. Der Bub bekam damals hohes Fieber und einen eigenartigen „Ausschlag“. In der Nacht riefen Raphaels Eltern deshalb den Ärztefunkdienst - immer wieder.

Ärzteteam zu spät informiert

Beim Ärztefunkdienst sind während der Nachtstunden vier Ärztinnen und Ärzte am Telefon und bis zu 18 Einsatzfahrzeuge unterwegs. Man könne jemanden vorbeischicken, sagte der Arzt, aber es würde dauern. Wenn es dem Kind schlecht geht, sollten sie überlegen, mit ihm in ein Krankenhaus zu fahren. Die Eltern glaubten, dass sie im Spital längere Wartzeiten hätten und dass es deshalb besser wäre, auf den Ärztefunkdienst zu warten.

Raphael

ORF

Raphaels Eltern im ORF-Interview

50 Minuten nach dem ersten Anruf sagte Biljana Todorovic, dass ihr Sohn schon bläulich ist. Doch sie wurde weiter vertröstet. Später stellte sich heraus: Das Einsatzteam war zu diesem Zeitpunkt noch nicht einmal informiert. Die Ärztin am Telefon wirkte ungeduldig, das zeigt der Mitschnitt: „Wir sind auf dem Weg zu Ihnen. Sie müssen einfach Vertrauen haben und wenn Sie es nicht haben, dann tut es mir leid, dann können wir Ihnen nicht helfen.“

„Schlechte Gesprächsführung“

Sie solle ihr Kind nicht ins Telefon schreien lassen und ihren Mann beruhigen, sagte die Ärztin und drohte damit, den Auftrag zu stornieren. Erst nach fast zwei Stunden kam der Arzt endlich. „Er hat mich nicht einmal angeschaut. Er hat mich nicht gefragt, was ist mit dem Kind? Er hat nur nach der E-Card gefragt“, sagte Vater Stanko Djuric. Kurz danach ist Raphael tot. „Diese zwei Stunden werden uns nie aus dem Kopf gehen.“

Der Dreijährige hatte sich mit Meningokokken angesteckt - hoch aggressiven Bakterien, die eine Blutvergiftung auslösen. Beim Ärztefunkdienst bedauert man den Vorfall und die „schlechte Gesprächsführung“ sehr. Das sei der schlimmste Fall in der Geschichte des Ärztefunkdienstes, hieß es.

TV-Hinweis

„Bürgeranwalt“, Samstag, 17.30 Uhr in ORF2. Die Patientenanwältin Sigrid Pilz und die Eltern diskutieren mit dem Leiter des Ärztefunkdienstes - mehr dazu in tv.ORF.at.

Die Familie ist seither traumatisiert. Die Mutter muss Medikamente nehmen und ist immer wieder in stationärer Behandlung. Raphaels achtjähriger Bruder wird psychologisch betreut. „Ich war arbeitsunfähig und bin zwei Monate nicht aus dem Zimmer rausgegangen. Diese zwei Stunden mit einem toten Kind in der Hand. Das ist das, was uns noch immer kaputt macht“, sagt der Vater.

Link: