Alijew-Prozess: Angeklagte sind frei

Im sogenannten Alijew-Prozess sind die Angeklagten Alnur Mussajew und Wadim Koschljak vom Vorwurf des Doppelmordes an zwei kasachischen Bankmanagern freigesprochen worden. Koschljak wurde wegen Freiheitsentzugs verurteilt.

Die Geschworenen entschieden einstimmig, dass der ehemalige Chef des kasachischen Geheimdienstes KNB, Alnur Mussajew, und der frühere Sicherheitsberater von Alijew, Wadim Koschljak, nicht schuldig sind, als Beiträgstäter am Doppelmord beteiligt gewesen zu sein.

Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung

Mussajew wurde zur Gänze freigesprochen, Koschljak wurde hingegen mit 6:2 Stimmen wegen Freiheitsentzugs eines Bankmanagers schuldig gesprochen und zu zwei Jahren teilbedingter Haft verurteilt. Beide Angeklagte dürfen aber heute noch nach Hause gehen, Koschljak wegen der langen Untersuchungshaft, in der er acht Monate, die unbedingt verhängt wurden, bereits abgesessen hat.

Freisprüche von Doppelmord-Vorwurf

Die beiden Angeklagten sind von dem Vorwurf des Doppelmordes an zwei kasaschischen Bankern freigesprochen worden.

„Ich bin glücklich. Seit acht Jahren habe ich jetzt gewartet“, sagte er nach der Urteilsverkündung mit Tränen in den Augen. Die Staatsanwaltschaft und die Opferkanzlei Ganzger/Lansky kündigten Nichtigkeitsbeschwerde an. Die Urteile sind nicht rechtskräftig. „Ich bin zuversichtlich, dass der Oberste Gerichtshof den Nichtigkeitsbeschwerden Folge geben wird. Es ist noch nicht aller Tage Abend. Ich halte das Siegesgeheul der Verteidiger für verfrüht“, so Gabriel Lansky, Vertreter der beiden Opferwitwen. Er betonte, die Geschworenen hätten „den Kern der Anklage“ - die Entführung und Gefangennahme der beiden Manager - bestätigt: „Damit ist klar gestellt, dass Alijew und Koshljak Verbrecher sind.“

Koschljak umarmt seine Frau, im Hintergrund Mussajew

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Koschljak nach dem Urteil, im Hintergrund Mussajew

Suizid in der Zelle

Alijew wäre als Hauptangeklagter im Zentrum der Vorwürfe der Anklage gestanden - er wurde jedoch am 24. Februar erhängt in seiner Zelle in der Justizanstalt Wien-Josefstadt aufgefunden. Auf Basis eines Gutachtens des Rechtsmedizinischen Instituts in St. Gallen sowie weiterer Sachverständigen-Expertisen geht die Justiz von Selbstmord aus - mehr dazu in Alijew: Gutachten bestätigt Suizid. Der Prozess ging trotzdem wie geplant über die Bühne.

Witwe: „Posthumer Freispruch“

Seine Witwe wertete die Freisprüche für die beiden verbliebenen Angeklagten auch als „posthumen Freispruch“ für Rachat, wie es in einer Stellungnahme hieß. Das Verfahren sei von der „repressiven Diktatur Kasachstan und ihren Schergen fabriziert“ worden. Man habe ihren Ehemann „unrichtigerweise für diese Morde beschuldigt“, doch die Wahrheit habe am Ende „triumphiert“, so Elnara Shorazova in ihrem Statement.

Und weiter: „Die Anstrengungen meines Ehemannes sind siegreich. Er wartete hoffnungsvoll auf diesen Tag, bedauerlicherweise wurde ihm nicht gestattet, diesen Moment auch zu erleben. Dieses Verfahren sollte seine Unschuld endgültig beweisen und die Unterdrückungen durch das kasachische Regime enthüllen.“

Koschljak und Mussajew

APA/Jäger

Glaubwürdigkeit der Beweise im Zentrum

Die beiden Angeklagten bestritten die Vorwürfe stets. Die Causa gestaltete sich schwierig und langwierig, weil viele Ermittlungsergebnisse aus Kasachstan stammen. Im Prozess ging es daher stets auch darum, wie glaubwürdig das Beweismaterial ist. Die Verteidiger führten im gesamten Prozessverlauf an, dass Beweise und Zeugen vom kasachischen Geheimdienst manipuliert seien. Staatsanwaltschaft und Rechtsvertreter der Opfer verteidigten hingegen in ihren Schlussplädoyers die Beweise. Wenn der Geheimdienst die Geschichte inszeniert hätte, wäre das sehr dilettantisch, hieß es etwa von den Anklägern - mehr dazu in Großer Showdown im Alijew-Prozess.

Die Diskussion um die Glaubwürdigkeit der Beweise und Zeugen führte sogar dazu, dass der Richtersenat wegen massiver Zweifel schon nach wenigen Verhandlungstagen die Angeklagten aus der Untersuchungshaft entließ. Es bestand aus Sicht der Richter kein dringender Tatverdacht mehr. Die Entscheidung wurde vom Oberlandesgericht allerdings wieder gekippt - mehr dazu in Alijew-Prozess: Fluchtgefahr bei Angeklagten und in Alijew-Prozess: Angeklagte aus U-Haft entlassen. Anfang Juni wurden die beiden Angeklagten wieder in U-Haft genommen.

Mussajew und Koschljak

APA/Fohringer

Koschljak und Mussajew an einem Prozesstag im April

„Ich lege mein Leben in ihre Hände“

Am Mittwoch gaben die Angeklagten den Geschworenen noch emotionale Worte auf den Weg. „Das ist ein politischer Fall. Im kriminellen Sinn bin ich unschuldig“, sagte Mussajew.

„Ich bin ein Staatsfeind in Kasachstan. Meine Gegner haben unbeschränkte Möglichkeiten. Ich habe meine Heimat, meine Freunde, meine Wurzeln verloren“, meinte Koschljak. Dessen ungeachtet sei er froh, seine Kinder in Österreich aufwachsen zu sehen. „Ich lege mein Leben und die Zukunft meiner Familie in ihrer Hände. Möge Gott Ihnen dabei helfen.“

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