Wien will Asylquartier Erdberg übernehmen

Wiens Landeshauptmann Michael Häupl (SPÖ) hat dem Bund angeboten, die Verwaltung des Asyl-Bundesquartiers in Erdberg zu übernehmen. Das Innenministerium zeigt sich gesprächsbereit. Kritik kommt von der FPÖ.

„Ich bin sofort bereit, die Verwaltung und Organisation des Bundesquartiers in Erdberg zu übernehmen und den Bund zu entlasten. Dort sind in erster Linie unbegleitete minderjährige Flüchtlinge, und die gehören betreut und nicht bewacht“, sagte Michael Häupl gegenüber dem Ö1-Morgenjournal - mehr dazu in Häupl-Kritik an Innenministerium (oe1.ORF.at; 19.8.2015).

Übernahme „ab sofort“ möglich

Die zuständige Stadträtin Sonja Wehsely (SPÖ) sagte am Mittwoch, dass eine Übernahme des Quartiers „ab sofort“ möglich sei. Ein entsprechendes Schreiben an den Bund sei bereits ergangen. Wehsely nannte unter anderem die Situation im Erstaufnahmezentrum Traiskirchen als Anlass für den Vorschlag. Die Betreuung dort sei sichtlich „keine gute“.

„In Wien würden wir in der Qualität, die wir immer anlegen, die Betreuung übernehmen“, so Wehsely. Das bedeutet, dass man mit NGOs, mit denen man in Wien sehr gute Erfahrungen gemacht habe, zusammenarbeiten würde und nicht mit internationalen Konzernen, „denen es darum geht, dass sie Gewinne machen“, erläuterte die Ressortchefin das Angebot.

485 Menschen in Erdberger Quartier

„Derzeit sind 485 Menschen, davon 252 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge, in Erdberg“, so Wehsely über die aktuelle Situation. Zunächst sei angedacht - falls der Bund das Angebot annimmt -, die Lage zu sichten und dann vor allem die jüngeren Asylwerber in kleinere Quartiere zu übersiedeln: „Wo es darum geht, dass man sie betreut und nicht nur aufbewahrt“ - mehr dazu in Wien nimmt 45 Burschen aus Traiskirchen auf (wien.ORF.at; 9.8.2015).

Laut der Stadträtin könnten die jungen Flüchtlinge in 20 Wohngruppen untergebracht werden. Organisatorisch sei das bereits geklärt. Die frei werdenden Plätze könnten mit obdachlosen Menschen aus dem Lager in Traiskirchen besetzt werden. Die als Übergangsquartier in der ehemaligen Zollamtsschule eingerichtete Unterkunft in Erdberg würde somit vorerst jedenfalls weiterbestehen: „Wir haben in Wien an sich zwar keine Quartiere über 80 Personen. Aber ein Dach über dem Kopf ist ein Dach über dem Kopf.“

Nach Ansicht der Stadt wäre die Übernahme auch noch aus einem anderen Grund für Traiskirchen vorteilhaft: Sollte die Einrichtung in die Wiener Zuständigkeit wechseln, würden bei der Betreuungsfirma ORS möglicherweise Kapazitäten frei werden, die dann in Traiskirchen eingesetzt werden könnten, legte Wehsely dem Ministerium die Annahme des Vorschlags nahe.

Erdberg weiterhin „Puffer“ für Traiskirchen?

Das Innenministerium ist laut eigener Aussage grundsätzlich gesprächsbereit, was eine mögliche Übernahme der Verwaltung des Asylbundesquartiers in Erdberg durch die Stadt Wien betrifft. Es sei allerdings wichtig, dass ein solcher Schritt nicht zu einer Verschärfung der Unterbringungskrise führe, sagte ein Sprecher. Derzeit diene Erdberg als „Puffer“ für Traiskirchen, da die Übernahme der Flüchtlinge durch die Länder nicht funktioniere.

Strache gegen Übernahme

Unterstützung für das Angebot der Stadt Wien zu Übernahme des Bundesquartiers in Erdberg kommt auch von der grünen Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou. Sie betonte in einer Aussendung, dass die Betreuung der Flüchtlinge durch bewährte NGOs erfolgen würde und nicht durch eine private Firma, wie das derzeit in Traiskirchen passiert. Das würde ihrer Ansicht nach „eine qualitätsvolle, menschenwürdige Behandlung von Menschen in Not“ garantieren. Vassilakou bekräftigte auch die Forderung, Traiskirchen in die Verwaltung kompetenter NGOs zu übergeben, um die Missstände umgehend zu beenden.

Da Wien die Quote ohnehin bereits erfüllt, sieht der Wiener Landesparteiobmann der FPÖ Heinz Christian Strache keinen Grund, warum die Stadt das Asylquartier in Erdberg vom Bund übernehmen soll. „Mit der Übernahme werden die Wienerinnen und Wiener zusätzlich finanziell belastet, während Bürgermeister Häupl wohlwollend behauptet, Wien hätte kein Asylproblem. Zudem bricht Häupl sein Versprechen, dass Erdberg lediglich eine Übergangslösung sei. Nun wird es offenbar heimlich, still und leise zur fix bleibenden Asylanten-Unterkunft“, so Strache in einer Aussendung.

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