Flüchtlingskrise bei Straßen-Fußball-WM im Fokus

Inmitten der Flüchtlingskrise erlebt die 13. Straßen-Fußball-WM eine besondere Auflage. Das österreichische Nationalteam bereitet sich derzeit in Wien vor, der ÖFB plant unterdessen auch eine Integrationsinitiative für Flüchtlinge.

Beim von 12. bis 19. September in Amsterdam stattfindenden „Homeless World Cup“ der Obdachlosen, Straßenzeitungsverkäufer, ehemals Alkohol- und Drogenabhängigen sowie Flüchtlingen stehen jedoch weniger die sportlichen Leistungen als die integrierende Wirkung des Spiels im Vordergrund.

Caritas-Präsident Michael Landau bezeichnete die von der Caritas Steiermark und dem Weltverband der Straßenzeitungen 2003 gegründete Initiative als „Leuchtturmprojekt“ für alle ressourcenöffnenden Ansätze in der sozialen Arbeit. „Im Zentrum der Initiative stehen Zielsetzungen wie Ermutigung, Selbstvertrauen, Respekt, Gemeinschaft. Wenn das emotionale Eis erst einmal geschmolzen ist, dann können weitere Schritte der Integration folgen“, sagte Landau im Rahmen eines Medientermins in Wien.

Landau fordert mehr Tempo in Asylfrage

Gleichzeitig forderte Landau mehr Tempo und Mut in der Asylfrage. „Nehmen wir uns nicht als Land, als Europa, etwas von unseren gemeinsamen Chancen, wenn wir es Menschen zum Teil Jahre lang verwehren, sich einzubringen? Ich würde mir wünschen, dass Menschen - auch Menschen auf der Flucht - wenigstens nach sechs Monaten arbeiten können und nicht über Jahre im Wartesaal des Lebens festgehalten werden. Aber das ist heute der Fall, das ist so nicht in Ordnung“, so Landau.

Landau, Prilasnig

APA/GEORG HOCHMUTH

ÖFB-Präsident Leo Windtner (li.) und Caritas-Präsident Michael Landau

„In einer Zeit, wo Menschen zu tausenden wie Material durch den Kontinent geschoben werden, die Orientierungslosigkeit bei den durchs Land Geschobenen oder auch jenen, wo sie durchgeschoben werden, fast ausufernd wird, ist es sehr wichtig, dass man gerade den Sport wie den Fußball als integrierende Kraft einsetzt“, erklärte ÖFB-Präsident Leo Windtner. ÖFB-Teamspieler mit Migrationshintergrund wie Zlatko Junuzovic oder David Alaba seien zu „Galionsfiguren“ geworden. „Sie können als Vorbild für alle dienen, gerade auch für den Homeless World Cup“, sagte Windtner.

ÖFB plant Integrationsinitiative

Der Österreichische Fußballbund (ÖFB) wolle demnächst in Abstimmung mit dem Integrationsministerium eine Initiative starten, die gerade die Basis der Vereine erfassen soll, wie Windtner erklärte. „Von dieser Welle an Asylanten sind nicht nur die städtischen, urbanen Bereiche betroffen“, sagte Windtner, der daher vor allem im ländlichen Raum ansetzen will. „Wie man mit dem Flüchtlingsthema umgeht, das muss man den Clubs zum Teil auch beibringen und ihnen dabei zur Hand gehen. Und das wollen wir.“

Die Straßenfußball-WM hat sich über die Jahre zu einem globalen Bewerb entwickelt. Auch heuer werden mehr als 60 Teams aus 49 Nationen daran teilnehmen. Anders als beim ÖFB-Team ist Österreich hier stets für die WM qualifiziert. Dafür sorgt die Caritas als Mitbegründer des Projekts. Jeder Spieler darf jedoch nur einmal teilnehmen, in Österreich haben sich heuer etwa 50 Menschen für die Teilnahme am direkt vor dem Rijksmuseum stattfindenden Kleinfeldturnier beworben.

Sechs Kadermitglieder sind Asylwerber

Spielberechtigt sind neben Obdachlosen, Straßenzeitungsverkäufern, ehemals Alkohol- und Drogenabhängigen nicht zuletzt auch Flüchtlinge. „Grundsätzlich sind alle Asylwerber spielberechtigt - anerkannte und nicht anerkannte. Bei nicht anerkannten gibt es aber Reisebeschränkungen, sodass sie de facto ausgeschlossen sind“, erklärte Teamchef Gilbert Prilasnig. In diesem Jahr haben im Rahmen von Sichtungstrainings sechs Asylwerber den Sprung in den achtköpfigen Kader geschafft. Das liegt vor allem an ihrem im Vergleich zu ehemals Alkohol- und Drogenabhängigen besseren körperlichen Zustand.

Landau, Prilasnig

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Der rot-weiß-rote Teamchef, Gilbert Prilasnig

Die Truppe von Langzeit-Teamchef Prilasnig (seit 2004 im Amt) wird am Samstagabend im Rahmen des EM-Qualifikationsspiels zwischen Österreich und Moldau präsentiert und offiziell Richtung WM verabschiedet. „Das ist jedes Jahr ein ganz großer emotionaler Moment, nicht nur für mich“, meinte der 16-fache ÖFB-Teamspieler Prilasnig. „Vor allem für die Spieler, die die Atmosphäre spüren können und sehen, wie es ist, wenn man dort am Rasen steht.“

WM-Vorbereitung im Prater

Natürlich stünde in der Vorbereitung neben sportlichen Aspekten vor allem die Vermittlung von sozialen Werten im Vordergrund. „Ich versuche den Spielern, die von ihrer Biografie her oft Einzelkämpfer sind, Werte wie respektvolles Verhalten gegenüber den Mitspielern oder das Zurückstellen des eigenen Egos zu vermitteln“, erklärte Prilasnig, der das Überstehen der Vorrunde und damit einen Platz unter den besten 24 als Ziel vorgab.

„Vor einem Jahr wusste ich nichts von diesem Event. Ich erwarte mir nichts weniger als ein positives, unvergessliches Erlebnis in meinem Leben“, erklärte der 21-jährige Teamspieler Armin Leipert aus Niederösterreich. „Ich bin seit sechs Jahren in Österreich. Ich bin sehr happy, dass ich für Österreich spielen darf“, sagte der ursprünglich aus Afghanistan stammende Torhüter Khaled Rahmati. Im Wiener Prater standen einige Teambuilding-Maßnahmen an. „Es ist wieder eine Aufgabe, die nur gemeinsam zu schaffen ist“, verriet Prilasnig.

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