Tetron-Prozess: „Sparringpartner Mensdorff“

Er habe keine Beratertätigkeit bemerkt. Das hat heute im Untreueprozess um die Vergabe des Blaulichtfunksystems Tetron ein Ex-Mitarbeiter der Telekom Austria ausgesagt. Angeklagt ist auch Lobbyist Alfons Mensdorff-Pouilly.

Als erster Zeuge nach der Sommerpause wurde ein Ex-Mitarbeiter der Telekom Austria befragt. Der Zeuge, damals für Zukäufe und Zusammenschlüsse bei der Telekom zuständig, hielt fest, dass ihm bei der Bewerbung um den Tetron-Auftrag keine Berater aufgefallen wären. Die Telekom habe gewusst, was sie wolle, und habe dies auch umsetzen können.

Der angeklagte Ex-Telekom-Festnetzchef Rudolf Fischer betonte, dass es auf Seiten des Mitbewerbers - des Konsortiums rund um Siemens und Raiffeisen - erhebliche Lobbyingpower gegeben habe, dem man entgegenhalten musste. Neben Fischer auf der Anklagebank sitzt der Lobbyist Alfons Mensdorff-Pouilly, der für seine Tätigkeit für die Telekom rund 1,1 Mio. Euro erhalten hat. Die Staatsanwaltschaft kann für diese Summe allerdings keine ausreichende Leistung erkennen und vermutet Schmiergeldzahlungen.

„Mensdorff wichtig für Telekom“

Fischer betonte einmal mehr, wie wichtig Mensdorff für die Telekom war. Schließlich bestand die Gefahr, dass die Deutsche Telekom versuchen würde, über diesen Großauftrag stärker in Österreich Fuß zu fassen. Mensdorff sollte klären, inwiefern Motorola bereits mit den Deutschen liebäugle und ob Motorola auch zufrieden gewesen wäre, wenn die Telekom nicht direkt Teil des Konsortiums ist, sondern nur Technologielieferant. Das habe Mensdorff erfolgreich erledigen können. Fischer ging damals von einem 100-Millionen-Euro-Auftrag aus, die Provision für Mensdorff habe er bei einem halben bis ein Prozent gesehen. Geworden sind es dann 1,1 Mio. Euro.

Lobbyist Alfons Mensdorff-Pouilly und der ehemalige Telekom Austria-Vorstand Rudolf Fischer am Mittwoch, 24. Juni 2015, anl. des Tetron-Prozesses am Straflandesgericht Wien

APA/Herbert Neubauer

Mensdorff-Pouilly (l.) und Fischer am Mittwoch vor Gericht

Der neu hinzugezogene Gutachter Georg H. Jeitler verwies darauf, dass der Deal ohnehin schon mehr oder weniger in trockenen Tüchern war, als der Lobbyist beauftragt wurde. So könne man das nicht sehen, so Fischer, der bei der Befragung durch den Gutachter zusehends emotional reagierte. Mensdorff habe dafür gesorgt, dass es keinen Ärger mit Motorola gab und die Deutsche Telekom nicht zum Zug kam.

Das Geschäft mit Mensdorff habe er danach weitergeführt weil Mensdorff in Osteuropa sehr gut vernetzt sei. Ob Mensdorff zu seiner Arbeit Dokumente abgeliefert hatte, wollte daraufhin der Gutachter wissen. Darauf dürfe man die Arbeit nicht reduzieren, schließlich sei vieles mündlich weitergegeben worden, betonte Fischer. Das sei eben die Vorgangsweise von Mensdorff gewesen. Mensdorff sei sein „Sparringpartner“ gewesen.

Mensdorff: Schlechter Ruf in den Medien

Mensdorff-Pouilly verteidigte, warum er seine Erkenntnisse dem mitangeklagten Ex-Telekom-Manager Rudolf Fischer nicht in dessen Büro übermittelte - dies habe auch mit seiner „Alten“ zu tun, sagte er. Gemeint war seine Gattin, die ehemalige ÖVP-Ministerin Maria Rauch-Kallat. Die politische Funktion seiner Frau sowie seine Tätigkeit als Waffenlobbyist habe für einen schlechten Ruf in den Medien gesorgt. Getroffen habe man sich daher aus Geheimhaltungsgründen bei gemeinsamen öffentlichen Terminen und in bekannten Kaffeehäusern und teuren Hotels in Wien.

Dass es wenige Aktenvermerkte über die Lobbyingtätigkeit gibt, begründete Mensdorff damit, dass Lobbyingarbeit nicht aus dem Verschicken von Akten bestehe. Außerdem verwies Mensdorff darauf, dass er einen sehr guten Ruf in der Wirtschaft hatte, unter anderem sei er für die OMV aktiv gewesen. Wie eng das Verhältnis von Mensdorff mit dem ÖVP-geführten Innenministerium war, beleuchtete er in einem Nebenaspekt. Mit dem damaligen Kabinettschef des Innenministeriums, Christoph Ulmer, habe er sich sehr oft getroffen, man sei oft jagen gegangen. Auftraggeber für den Blaulichtfunk Tetron war das Innenministerium.

Ex-Telekom-Austria-Chef Ametsreiter als Zeuge

Nach der Sommerpause waren drei Verhandlungstage im Prozess fixiert. Am Donnerstag soll Ex-Telekom-Austria-Chef Hannes Ametsreiter als Zeuge per Videokonferenz befragt werden. Ametsreiter hält sich in Deutschland auf. Ametsreiter war bis Ende Juli Telekom-Austria-Chef. Er tritt seinen Job als neuer Boss von Vodafone Deutschland am 1. Oktober an.

Noch kein Termin für Urteilsverkündung absehbar

Ein für Mittwoch vorgesehener Zeuge, der Brigadier Peter Skorsch, habe sich wegen Urlaubs entschuldigt, daher muss der Prozess nach Freitag erneut vertagt werden, teilte eine Gerichtssprecherin mit. Am Donnerstag und Freitag sollen neben Ametsreiter noch drei weitere Zeugen, davon zwei per Videokonferenz, befragt werden.

Der Prozess hatte im Juni begonnen und wird von Richter Michael Tolstiuk geleitet. Angeklagt sind Mensdorff-Pouilly und der ehemalige Telekom-Austria-Vorstand Fischer. Den Angeklagten wird von der Staatsanwaltschaft Untreue vorgeworfen. Fischer steht zudem wegen des Verdachts der falschen Beweisaussage vor dem Korruptions-Untersuchungsausschuss 2012 vor Gericht - mehr dazu in Tetron-Affäre: Mensdorff will Freispruch und in Tetron-Prozess: Urteile wohl erst im September.

In der Causa Blaulichtfunk/Tetron geht es um Geldflüsse um die Neuvergabe des Auftrags für den Behördenfunk durch den damaligen Innenminister Ernst Strasser (ÖVP) im Jahr 2004, ein Schmiergeldverdacht steht im Raum. Die Neuausschreibung soll erfolgt sein, da das ursprünglich beauftragte Konsortium nicht auftragsgemäß liefern habe können.

Angeklagte streiten Vorwürfe ab

Die Neuvergabe gewannen Alcatel und Motorola, Infrastrukturlieferant war die Telekom Austria. Dem ursprünglich siegreichen Konsortium wurden 30 Millionen Euro Schadenersatz auf Steuerzahlerkosten gezahlt, obwohl selbst Strasser-Nachfolgerin Maria Fekter (ÖVP) in einer Anfrage betonte, dass das Erstangebot mangelhaft gewesen sei.

Für das Lobbying sorgte Mensdorff-Pouilly, der Jagdausflüge mit Strassers Mitarbeitern organisierte. Er erhielt von der Telekom Austria 1,1 Millionen Euro. Die Staatsanwaltschaft geht von Scheinrechnungen aus. Mensdorff-Pouilly habe im entscheidenden Zeitraum 2004 bis 2008 keine „wirtschaftlich werthaltigen Leistungen“ für die Telekom Austria erbracht. Beide Angeklagten haben sämtliche Vorwürfe immer zurückgewiesen. Es gilt die Unschuldsvermutung.

Links: