5.000 Flüchtlinge warteten auf Weiterfahrt

Rund 5.000 Flüchtlinge haben am Dienstag auf dem Westbahnhof und dem Hauptbahnhof auf ihre Weiterfahrt gewartet. Die meisten müssen die Nacht wohl in Wien verbringen. Es kam bereits zu einem Rückstau.

4.000 Flüchtlinge waren am Nachmittag auf dem Westbahnhof und warteten auf die Weiterfahrt nach Westen, sagte Polizeisprecher Roman Hahslinger. Am Hauptbahnhof waren es 1.000 Flüchtlinge. Mit Privatautos und Taxis wurden Migranten auch am Dienstag zu den Wiener Bahnhöfen geführt. „Wir rufen dringend dazu auf, keine Flüchtlinge mehr auf den West- und Hauptbahnhof zu bringen“, betonte Hahslinger.

Man versuchte, Flüchtlinge mit Bussen weiter in Richtung Westen zu bringen. Auch Busse nach Graz wurden organisiert. Insgesamt war die Weiterfahrt aber schwierig, am Dienstag fielen wegen der Grenzkontrollen zwei Züge nach Deutschland aus. Es komme bereits zu einem Rückstau, sagte Hahslinger. Er geht davon aus, dass der Großteil dieser 4.000 Flüchtlinge in Wiener Notquartieren bleiben muss.

Westbahnhof am 15. September 2015

ORF/Evelyn Kanya

Situation am Westbahnhof

7.000 Notschlafplätze stehen zur Verfügung

In Wien werden in der Nacht auf Mittwoch rund 7.000 Notschlafplätze für Flüchtlinge bereit stehen. Darin sind jene rund 6.000 Quartiere, die vom Fonds Soziales Wien bzw. NGOs betreut werden, genauso enthalten wie private Unterkünfte. Das teilte ein Sprecher von Flüchtlingskoordinator Peter Hacker am Dienstag mit. Zu den bereits bestehenden Schlafmöglichkeiten etwa in der Stadthalle oder in Immobilien des Krankenanstaltenverbunds werden demnach laufend neue Angebote geprüft. Man sei mit zwei Teams in der Stadt unterwegs, um zu schauen, ob die entsprechende Infrastruktur passe, hieß es.

Flüchtlinge am Hauptbahnhof

APA/Fohringer

Jüngster Neuzugang: Ein privater Unternehmer hat laut dem Sprecher eine Halle in Simmering zur Verfügung gestellt, die bereits über Toiletten und Duschen verfügt. Es wäre darum möglich, diese rasch zu adaptieren. 200 Personen könnten dort nächtigen. Auch in den seit vergangener Nacht geöffneten Sportarealen - etwa dem Ferry-Dusika-Stadion - sind noch Kapazitäten frei, wurde betont. In der Dusika-Halle waren etwa zuletzt rund 200 Menschen untergebracht. Dort hätten laut Schätzungen der Stadt jedoch bei Bedarf sogar mehr als 1.500 Flüchtlinge Platz.

Verbindung vom Hauptbahnhof nach München

Die Verbindungen vom Hauptbahnhof nach Wien waren hingegen offen. Mehrmals täglich fuhren vom Hauptbahnhof Züge nach Passau und weiter in den Norden Deutschlands. Die Abreise der Flüchtlinge verlief geordnet. Der Zug am Dienstagnachmittag war zwar voll, die Zahl der Passagiere entsprach aber in etwa jener eines starken Reisetages. Auch Tumulte konnten Beobachter nicht ausmachen. „Im Gegenteil - die Abreise geschah vollkommen geordnet“, sagte ein Reisender der APA. Der Zug war dann auch in wenigen Minuten abgefertigt und konnte pünktlich um 14.44 Uhr in Richtung Deutschland losfahren.

Es wurde vermutet, dass sich die Verbindung unter den Flüchtlingen noch nicht herumgesprochen hat. Die Schlange vor dem ÖBB-Ticketschalter am Hauptbahnhof schwoll am späteren Nachmittag allerdings merklich an.

Flüchtlinge am Hauptbahnhof

APA/Fohringer

Flüchtlingskind am Hauptbahnhof

Zu den größten Sorgen der gestrandeten Menschen zähle nun die Frage, ob sie überhaupt noch nach Deutschland einreisen dürfen. Auch Fragen, wie es mit der Weiterreise in Deutschland aussieht und ob die Gefahr besteht, dass sie nach Ungarn oder Serbien zurückgeschickt werden, würden häufig gestellt, schilderte ein Arabischdolmetscher im Radio-Wien-Interview.

130 Flüchtlinge im AKH versorgt

Im AKH wurden seit Anfang September rund 130 Flüchtlinge ambulant oder stationär behandelt. „Die meisten Flüchtlingee werden direkt an den Bahnhöfen beziehungsweise in den Quartieren ärztlich versorgt“, so die Informationen des KAV. Beim Personal in den Spitälern gebe es deshalb keine Probleme. 21 KAV-Mitarbeiter - Ärzte, Sanitäter und Krankenpflegekräfte - seien täglich am Haupt- und Westbahnhof im Einsatz.

In beiden Bahnhöfen stand weiterhin das „Sanitätsteam Wien“, bestehend aus Arbeiter Samariter-Bund, Berufsrettung, Johannitern, Maltesern und Rotem Kreuz, bereit. Am Westbahnhof wurden am Dienstag von Mitternacht bis zum Nachmittag 103 Flüchtlinge notfallmedizinisch versorgt und vier davon ins Krankenhaus gebracht, am Hauptbahnhof wurde eine von 93 betreuten Personen ins Spital gebracht, sagte Ronald Packert, Sprecher der Wiener Berufsrettung.

Behandelt wurden in den KAV-Spitälern vor allem Erschöpfungszustände, Dehydrierungen und teilweise auch Verletzungen an den Beinen, die von langen Fußmärschen stammten. Flüchtlinge mit Asylwerberstatus seien krankenversichert, hieß es beim KAV zur Frage der Behandlungskosten. Für die Versorgung aller nicht versicherten Personen gebe es eine Vereinbarung mit dem Fonds Soziales Wien (FSW). Alle Personen werden gleich behandelt, egal welchen Versicherungsstatus sie haben.

ORF startet Flüchtlingshilfe

Die Möglichkeiten zu helfen seien vielfältig, so Caritas-Generalsekretär Klaus Schwertner im Interview mit Radio Wien. Menschen brächten zum Beispiel Bananen vorbei, andere spendeten Geld: „In diesen Stunden haben wir gemerkt, dass die Koordination der Hilfe schwieriger wird, weil die politischen Entscheidungen ausstehen.“

Heute startet der ORF in Zusammenarbeit mit Caritas, Diakonie, Hilfswerk, Samariterbund, Rotem Kreuz und Volkshilfe die Initiative „Helfen. Wie wir.“ für Asylsuchende. Jetzt wird neben Spenden vor allem Wohnraum benötigt - mehr dazu in ORF startet Flüchtlingshilfe.

Links: